Volleyball:Endspiel in Ramersdorf

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Für München-Osts Zweitliga-Frauen geht es am Samstag gegen Bad Soden um mehr als nur den Klassenverbleib

Von Sebastian Winter, München

Eineinhalb Jahre spielen die Volleyballerinnen der DJK Sportbund München-Ost nun in der zweiten Liga. Eineinhalb Jahre, in denen viel passiert ist. So viel, dass die Mannschaft aus Ramersdorf-Perlach am Samstag vor einem Endspiel um den Klassenverbleib steht. Der Tabellenletzte trifft zu Hause (Schulsporthalle Führichstr. 53, 19 Uhr) auf den zwei Punkte vor ihm platzierten Vorletzten TG Bad Soden, beide Klubs haben erst ein Spiel in dieser Saison gewonnen, beide stehen quasi mit dem Rücken zur Wand. Der Rückstand zur vor ihnen liegenden Konkurrenz ist so gewaltig, dass er nur noch rechnerisch aufzuholen ist. Die gute Nachricht für beide ist, dass voraussichtlich nur eine Mannschaft in die dritte Liga absteigen wird.

München und Bad Soden liefern sich also seit Monaten ein Privatduell um den Nichtabstieg, das am Samstag seinen vorläufigen Höhepunkt findet - und in dem die DJK nicht unbedingt die bessere Ausgangslage besitzt: Verliert München-Ost, ist der Abstieg fünf Spieltage vor dem Saisonende kaum noch zu verhindern, zumal Bad Soden das etwas leichtere Restprogramm hat. Gewinnt die DJK deutlich, rückt sie auf den vorletzten Platz vor; dann wird das Duell mit den Hessinnen erst richtig spannend. "Ich bin guter Dinge, dass wir einen Dreier holen", sagt München-Osts Abteilungsleiter Sascha Böhm durchaus zweckoptimistisch.

Jetzt bloß nicht umkippen: München-Osts Zweitliga-Volleyballerinnen um Libera Nadine Raß sind in eine sportliche wie personelle Schieflage geraten (Foto: Claus Schunk)

Zweckoptimismus können sie zurzeit ohnehin gut gebrauchen im Münchner Südosten, denn es knirscht und knarzt gerade an vielen Stellen im Klub. Vor allem der Kader ist mittlerweile extrem ausgedünnt: Vergangene Woche meldete sich die 1,90 Meter große Mittelblockerin Ekaterina Soloninkina für den Rest der Saison ab. Wie zuvor auch schon Jennifer Schräder, die ebenfalls während dieser Saison ging, gab sie persönliche Gründe für ihre Entscheidung an. In Carolin Tiegel fehlt der DJK schon seit November die zweite Mittelblockerin, sie hat einen Kreuzbandriss erlitten. "Dabei sind wir schon sehr geschwächt in die Saison gegangen", sagt Abteilungsleiter Böhm - immerhin hatten im Sommer die beiden Leistungsträgerinnen Sabrina Karnbaum und Loraine Neumann München-Ost in Richtung des Ligakonkurrenten Sonthofen verlassen. Neumann hat diese Saison ligaweit die meisten MVP-Medaillen gesammelt.

Im Kader sind jetzt nur noch eine Handvoll Spielerinnen mit Zweitliga-Erfahrung, von denen manche wie Juliane Doranth (Referendariat in Nürnberg) oder Rebecca Seifert (zweite Mannschaft) reaktiviert wurden, um in der Not zu helfen. Auch die einzige Zuspielerin, Kathrin Keller, feierte diese Saison ihre Premiere in der zweiten Liga. Trainer Bastian Henning ist zum Mangelverwalter geworden - und der Klub zu einem Beispiel, wie schwierig es in der zweithöchsten deutschen Spielklasse wird, wenn professionelle Managementstrukturen fehlen. Denn die DJK hat zwar eine hervorragende Jugendarbeit, sie kooperiert zudem mit dem TSV Herrsching, aber im Grunde organisiert die Mannschaft sich mit viel Herzblut und Engagement aus sich selbst heraus - und stieß damit zuletzt an Grenzen. Seifert, zugleich Managerin, hatte im vergangenen Sommer einen familiären Schicksalsschlag zu verarbeiten, weshalb vor allem Vertragsgespräche mit Spielerinnen verschoben werden mussten. Seifert hat zudem ein gemeinsames Kind mit Trainer Henning, was die Planung nicht gerade erleichtert, da beide Schlüsselfiguren im Klub sind. Henning wiederum, ein passionierter Bundesliga-Segler, hat eine Ausbildung zum Segelbauer am Chiemsee begonnen - und kann die Mannschaft nur noch dreimal pro Woche trainieren, statt bis zu sechsmal wie vergangene Saison. "Dafür, dass sich unser Kader verschlechtert hat, ist der Aufwand zu gering, den wir betreiben", weiß Libera Nadine Raß, die seit sechs Jahren im Verein und dort "Mädchen für alles" ist. An der Stimmung in der Mannschaft gebe es aber nichts zu bemängeln.

Zwei von vielen Lücken im Kader: Jennifer Schräder (li.) hat den Klub inzwischen verlassen, Carolin Tiegel zog sich einen Kreuzbandriss zu. (Foto: Claus Schunk)

Im Klub wissen sie, dass es in dieser Form nicht so weitergehen kann. Sie haben Henning mitgeteilt, dass sie sich nach einem neuen Cheftrainer umsehen, Planungsgespräche mit den aktuellen Spielerinnen wurden auch schon geführt. Die DJK Sportbund München-Ost hat dabei durchaus vor, auch kommende Saison in der zweiten Liga zu spielen, von einem Rückzug nach zweijährigem Intermezzo halten sie im Klub nicht viel. Aber die Strukturen wollen sie schon verbessern - und ohnehin erst einmal den Samstag abwarten. Denn die DJK-Frauen müssen ihr Schicksalsspiel gewinnen, bevor sie an eine Neuausrichtung denken. Eines immerhin macht Hoffnung: Der einzige Sieg von Münchens Volleyballerinnen datiert vom 20. November, damals gelang ihnen ein überzeugendes 3:1 - in Bad Soden.

© SZ vom 10.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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