Volleyball:Ein bisschen Show muss sein

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Emotionen, Toast und ein Fragezeichen auf der Bank: Der TSV Herrsching startet in seine dritte Saison in der Volleyball-Bundesliga - etwas leiser als sonst

Von Katrin Freiburghaus und Julian Ignatowitsch

Jetzt also das dritte Jahr Bundesliga. So ganz kann Trainer Max Hauser das irgendwie auch nicht glauben und deshalb sagte er im Interview mit der SZ: "Im Nachhinein war der Aufstieg eine unlogische Entscheidung." Aber zweifellos eine sehr gute unlogische Entscheidung. Herrsching ist mittlerweile fester Bestandteil der Volleyball-Bundesliga, es könnte vor dem Saisonstart gegen die Netzhoppers aus Königs Wusterhausen (Samstag, 19 Uhr) alles so schön sein. Wäre da nicht dieses leidige Hallen-Thema. Ein Überblick.

Die Mannschaft

Der prominenteste Zugang heißt Tom Strohbach und ist auf Außen gesetzt. Strohbach wechselte von Rottenburg nach Herrsching, die Nähe zu München war für ihn ein entscheidender Grund. "Er ist die Nummer eins im Angriff", sagt Hauser, und außerdem der dritte Nationalspieler im Kader neben Libero Ferdinand Tille und Zuspieler Patrick Steuerwald. Daneben könnte der Serbe Aleksandar Milovancevic auflaufen, der als Blitztransfer vom VBC Einsiedeln verpflichtet wurde. Er konkurriert mit den Teilzeit-Profis Julius Höfer, Benedikt Doranth und Florian Malescha um einen Startplatz. Ein bisschen Glamour erwarten die Herrschinger von Diagonalspieler Matthew Tarantino, der nicht nur mit filmreifem Namen, sondern direkt aus Los Angeles an den Ammersee kommt. Ob er Weggang Daniel Malescha (nach Friedrichshafen) ersetzen kann, ist allerdings fraglich. Hauser verspricht sich zumindest "mehr emotionale Stärke". Dazu gibt der neue Mittelblocker Nicolai Grabmüller aus Österreich dem Team etwas mehr Tiefe. Insgesamt sind die Herrschinger aber dünn besetzt, auswärts könnten auch schnell mal nur acht Spieler dabei sein. Die erste Sechs ist stark, die Bank das große Fragezeichen.

Noblesse oblige: Andere haben mehr Geld, aber nur der "Geilste Club der Welt" hat einen Kini - Hallensprecher Alexander Tropschug in königlichem Karo. (Foto: Franz Xaxer Fuchs)

Der Trainer

Max "Mister Herrsching" Hauser, wer sonst? Weiterhin mit wild nach oben stehenden Haaren (ein paar weniger) und direkter Art. Wenn er nicht nebenbei noch als Sportlehrer und freier Coach arbeiten würde, wäre ihm wahrscheinlich langweilig. Oder? Nicht ganz. "Wie ich es aktuell mache, kann ich es nicht ewig machen. Ich war schon am Rande der Überarbeitung", sagt der 32-Jährige. Im ersten Schritt soll ein bezahlter Co-Trainer kommen. Im zweiten Schritt will Hauser das Zeitpensum etwas herunterfahren. Aber einen Vorteil hat die Doppelbelastung aus Schule und Profisport: "An Sechstklässlern kann man gut üben", sagt Hauser. Und was? "Ein Spieler reagiert schon mal emotional und sagt Mist, das darf ich als Trainer nicht persönlich nehmen und muss souverän bleiben. Das ist schon eine Parallele zum Lehrersein."

Die Begeisterung (und das Geld)

Passt. Wie fast immer. "In den einen Vereinen ist das Geld, in den anderen die Begeisterung", meint Hauser. Im Notfall würden die Verantwortlichen wohl auch noch eigenes Geld in ihr Projekt stecken. Aber Manager Fritz Frömming hat gut gewirtschaftet, der Etat steigt leicht. Zum Thema Begeisterung nur eine Anekdote: Als der schon verpflichtete Slowene Jan Pokersnik kurzfristig wieder absagen musste, rief Hauser beim zweiten Wunschspieler Milovancevic an. Der kam nur 48 Stunden nach seiner Hochzeit an den Ammersee und sagte zu. Einzige Bedingung: Herrsching müsse ihm einen IT-Job organisieren. Hauser: "Solche Leute brauchen wir."

Die Halle

Das Thema nervt die Herrschinger und könnte sogar zum Lizenzentzug führen. Bis Ende des Jahres brauchen sie einen Plan für eine Arena mit 2500 Plätzen und neun Metern Deckenhöhe - so lauten die Auflagen der Liga. Eine Lösung ist immer noch nicht in Sicht. Nach München kann (und will) Herrsching nicht dauerhaft ausweichen, der Bau einer passenden Halle in Herrsching scheiterte an bürokratischen Hürden. Zwei Alternativen gibt es noch. Auch eine Aufweichung der Regularien durch die Liga ist denkbar. Erst mal wird in der Nikolaushalle weitergespielt. Dort punktet Herrsching überdurchschnittlich oft. Vieles ist bereits Kult: der Hallensprecher, die Ultras, der ohrenbetäubende Lärm - und nicht zuletzt die Gegner, die sich über die zu niedrige Decke aufregen.

Die Marke

Wer sich "Geilster Club der Welt" nennt, muss liefern. In diesem Jahr gibt es nur neue grün-weiße Wiesn-Trikots und dazu die passenden Schuhe (mit Karo). Die extravagante Sportkleidung ist allerdings so ein Renner, dass Herrsching mittlerweile schon nach Amerika und Australien verschifft hat. Und auch ein Gegner kauft mal ein Exemplar, wie zuletzt der Berliner Paul Carroll. Er musste den normalen Preis bezahlen, 60 Euro. Auch die speziellen Spiel- und Halbzeitshows werden beibehalten, die Ideen gehen nicht aus. Nervt das eigentlich nicht? "Nein, das bedeutet ja nicht, dass der Sport unwichtig wird. Es schadet dem Fußball ja auch nicht, dass es einen Toaster gibt, der FC-Bayern-Zeichen toastet", sagt Hauser. Aha. Der nächste Verkaufsschlager bahnt sich an.

Die Ziele

Nach Platz acht (2015) und sieben (2016) jetzt Platz sechs und die direkte Playoff-Qualifikation? Vielleicht sogar Halbfinale? "Das halte ich für nicht ganz realistisch", sagt Hauser. "Der Kader ist zwar gut, aber die Liga ist meiner Meinung nach die beste, die es je gab." Kurz gesagt: Fast alle haben sich verstärkt. Pflichtsiege gibt es nicht mehr. "Die Tagesform wird noch mehr entscheiden", glaubt Hauser - und ob das Team von Verletzungen verschont bleibt. "Wir sollten jeden Gegner ernst nehmen, das gilt jetzt gleich gegen die Netzhoppers. Zu sagen, wir müssen da gewinnen, damit tun wir uns keinen Gefallen." Die Playoffs sollten aber drin sein.

© SZ vom 22.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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