Volleyball:Block ade

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Auch mit Aua kämpferisch: "Unser Ziel sind drei Punkte", sagt Roy Friedrich, am Außenband verletzter und von einer Lebensmittelvergiftung heimgesuchter Mittelblocker. (Foto: Haist/Imago)

Herrschings Volleyballer fahren so schmerzgeplagt wie kämpferisch zum Schlüsselspiel nach Bühl, das über die Mitte entschieden werden dürfte

Von Sebastian Winter, Herrsching

Mittelblocker gelten gemeinhin nicht als die allerwichtigsten Spieler im Volleyball. Sie müssen sich hinter fast allen anderen Akteuren auf dem Feld einreihen: hinter den schlaggewaltigen Diagonalangreifern, die Punkte machen sollen, dem Zuspieler, der die Fäden zieht, den Außenangreifern, die zugleich gut annehmen sollen. Allenfalls der Libero steht in der Hierarchie, auch finanziell, noch unter dem Mittelblocker, schon deswegen, weil er nur für Annahme und Abwehr zuständig ist. Außerdem sind Mittelblocker technisch limitiert, so das Klischee. Beim TSV Herrsching ist auch das etwas anders, nicht nur im Fall des Liberos und Nationalspielers Ferdinand Tille, der sicher zu den bestbezahlten Spielern im Kader gehört. Beim Erstligisten Herrsching nimmt der Mittelblock eine Schlüsselrolle ein, schon deswegen, weil Zuspieler Patrick Steuerwald das schnelle Spiel liebt, also auch die kurzen Pässe, die er den schon abgesprungenen Männern in der Mitte zuschieben kann. Nur erwächst für Herrsching daraus ein Problem: Denn der Mittelblock ist seit Wochen aus Verletzungs- und Krankheitsgründen quasi verwaist. Vor dem Schlüsselspiel in Bühl an diesem Samstag (19 Uhr) wird sich daran nicht viel ändern.

Roy Friedrich ist vor der 2:3-Niederlage gegen Friedrichshafen beim Aufwärmen umgeknickt, die ärztliche Diagnose: Anriss des Außenbandes. Spielen möchte der 28-Jährige, der sich Anfang der Woche auch noch eine leichte Lebensmittelvergiftung einfing, mit Tapeverband - und notfalls mit Schmerzmitteln. Auf die Erfahrung des dreimaligen Pokalsiegers und Champions-League-Teilnehmers mit Haching würde Herrschings Trainer Max Hauser ungern verzichten; er hofft auch noch auf den österreichischen Zugang Nicolai Grabmüller (Knieprobleme) und Peter Ondrovic, dessen Fingerverletzung aber wieder aufgebrochen ist nach seinem Kurzeinsatz gegen Friedrichshafen. "Das wird das Spannende am Samstag: Ob wir zwei gute Mittelblocker zusammenbekommen. Nur mit Not-Not-Not-Lösungen wird es auf dem Level jedenfalls sehr schwierig", sagt Hauser, der von einem "Sechs-Punkte-Spiel" in Bühl um die direkte Playoff-Teilnahme spricht: "Wenn man Sechster werden will, muss man das Duell gewinnen."

Notlösungen auf der Mitte waren, wie beim Pokalspiel in Berlin oder im Ligaspiel in Lüneburg, der angestammte Zuspieler Tobias Neumann und Thomas Ranner. Auch Michael Wehl ist einer aus dem tiefen Reservoir, auf das Hauser in der Not zurückgreifen kann. Aber auf Topniveau reicht das nicht, beide Spiele endeten 0:3.

Die Mitte ist eine komplexe Position, die Spieler müssen den gegnerischen Steller sehr gut lesen können, also seine Zuspiele erahnen. Sie müssen sich in Sekundenbruchteilen entscheiden, ob sie in der Mitte, links oder rechts blocken, sie müssen öfter springen als alle anderen auf dem Feld und brauchen neben einer hünenhaften Größe auch noch ein hervorragendes Timing, um den Ball bei ihren Schnellangriffen gut zu treffen. Ist die eigene Annahme schlecht, führen sie oft ein tristes Dasein, denn dann läuft der Angriff an ihnen vorbei. Bühl gilt als Mannschaft mit hervorragendem Mittelblock, "die haben gut aufgerüstet in diesem Jahr", sagt Hauser. Einen Größenvorteil haben sie ohnehin, denn neben dem 2,08 Meter langen Deutschen Noah Baxpöhler stehen noch der Usbeke Akhrorjon Sobirov (2,09) und der Kongolese Magloire Nzeza Mayaula (2,02) im Kader der Badener. Die Herrschinger erwartet also eine höchst anspruchsvolle Aufgabe.

Auch deshalb fahren sie schon an diesem Freitag nach Bühl, um sich keinen Reisestrapazen am Spieltag auszusetzen, wie vor dem Pokalduell in Berlin, das an einem Donnerstag stattfand. Der Tabellensechste vom Ammersee kann vom Siebten Bühl, der am Sonntag noch auf die Kaderschmiede VC Olympia Berlin trifft, übrigens nur bei einer Niederlage verdrängt werden. Doch an solche Dinge denkt der schmerzgeplagte Roy Friedrich nicht: "Unser Ziel sind drei Punkte."

© SZ vom 09.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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