Volleyball:Aufbruch in Bronze

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Die Alpenvolleys Haching feiern trotz des unstimmigen 0:3-Schlussakkords gegen Friedrichshafen - und wollen wachsen.

Von Sebastian Winter, Innsbruck

Die Sache mit den Medaillen sollte man vielleicht noch mal überarbeiten. Es war ja ehrenhaft, dass Liga-Vertreter aus Berlin extra zum Playoff-Halbfinale der Alpenvolleys gegen Friedrichshafen nach Innsbruck gereist waren, samt einem bronzenen Medaillensatz im Gepäck. Feierlich wurden sie den Alpenvolleys am Mittwochabend in der Olympiahalle am Schluss ihrer Ehrenrunde überreicht, nachdem sie das zweite Spiel deutlich 0:3 und damit auch die Serie gegen den übermächtigen Pokalsieger verloren hatten. Das Problem war, dass die Funktionäre der klammen Liga nur 20 der wuchtigen Plaketten herschenken durften. Die restlichen vier, die die Alpenvolleys für ihr großes Funktionsteam noch benötigten, mussten sie der Liga abkaufen. "20 Euro je Stück", sagte Alpenvolleys-Manager Hannes Kronthaler.

So ungewöhnlich der Einstieg des österreichischen Dauermeisters im vergangenen Sommer in den deutschen Profivolleyball war - mittels einer Wildcard an seinen bayerischen Kooperationspartner und Ankerpunkt Unterhaching -, so ungewöhnlich ist nun der Abschluss seiner Premierensaison. Nicht, dass die 80 Euro Kronthaler, dem Tiroler Bauunternehmer und Großsponsor, finanziell gesehen besonders weh täten. Sie fanden halt nur die Tatsache ganz amüsant, selbst für ihr Edelmetall aufkommen zu müssen, nach dem Motto: Es wird einem in dieser Liga als Neuling wirklich nicht viel geschenkt.

Das 20:25, 20:25, 15:25 gegen Friedrichshafen war da fast schon vergessen. Es war ohnehin ein Duell mit äußerst flachem Spannungsbogen gewesen, meterweit unter Augenhöhe. "Die haben sich nicht mehr groß gewehrt", sagte Friedrichshafens Diagonalspieler Daniel Malescha süffisant im Vorbeigehen, was Alpenvolleys-Trainer Stefan Chrtiansky bestätigte: "Der Kopf war leer, unser Wille war nicht mehr da." Kronthaler, der Geschäftsmann, zog einen nüchternen Vergleich zum umkämpften 1:3 im ersten Halbfinalspiel in Friedrichshafen: "Ich hab schon vorher gewusst, dass sie sich nicht noch mal überrumpeln lassen. Wenn sie so spielen wie heute, sind sie eine Klasse besser als wir."

Den nicht ganz stimmigen Schlussakkord vor nur gut 1200 Zuschauern in der noch zu großen Halle übertünchte aber später das kleine Fest im prallvollen Cateringbereich. Sie alle hatten sich dort versammelt, Spieler, Trainer, Manager, Helfer, die Liga-Funktionäre. Und stießen an auf eine Saison, in der die Alpenvolleys am Anfang gehörig ins Schleudern gerieten, samt Aus im Pokal-Achtelfinale gegen Herrsching, die am Ende aber alle Erwartungen übertroffen hat. "Ohne überheblich zu sein, kann man sagen, es war eine traumhafte Saison. In der Nachsicht war es absolut der richtige Schritt." Kronthaler meinte das grenzüberschreitende Wagnis, als unterforderter Krösus der österreichischen Liga den Weg in die deutsche Liga zu suchen. Dieser Weg des Dreijahresprojekts soll nun weitergehen, in die zweite Saison im kommenden Herbst, und das in rasantem Tempo. Am Samstag wird intern gegrillt, kommende Woche finden Gespräche mit den Spielern statt, am 30. April erfahren die Alpenvolleys, ob sie die Lizenz erhalten, was als Formsache gilt. Kronthaler möchte weitere 200 000 Euro zum 1,3-Millionen-Etat auftreiben, am liebsten in Bayern, wie er sagt. Die finanzielle Ausstattung wäre damit dreimal so hoch wie die des TSV Herrsching. Im europäischen Challenge-Cup wollen die Alpenvolleys zumindest zwei Runden weiterkommen, in der Liga ist das Halbfinale dann Pflicht und nicht Kür; sie sehen sich schon jetzt als künftiger erster Herausforderer von Berlin und Friedrichshafen. Playoff- wie Europacupspiele sollen in Innsbrucks Olympiahalle stattfinden, die Hälfte der Ligaspiele und der DVV-Pokal in Unterhaching. Chrtiansky soll Trainer bleiben und sich die Sportdirektoren-Rolle mit Mihai Paduretu teilen. An den TSV Unterhaching, dessen Geschäftsführer Paduretu ja ist, richtete Kronthaler ein Lob: "Ich möchte mich beim TSV bedanken, ohne den es nicht gegangen wäre."

Bleibt die Frage nach dem Kader. Igor Grobelny, der wichtigste Angreifer, verlässt den Klub in Richtung Polen, Trainersohn Stefan Chrtiansky junior widmet sich künftig seiner Ausbildung zum Physiotherapeuten, Mittelblocker Marek Beer kehrt wohl in seine Heimat Tschechien zurück. Sicher ist der Verbleib der beiden Zuspieler Danilo Gelinski und Daniel Koncal sowie von Managersohn Niklas Kronthaler. Die Alpenvolleys suchen nun noch Angreifer und Annahmespieler, Deutsche und Österreicher. Bewerbungen gibt es längst. Das Projekt hat offenbar viele Profis neugierig gemacht.

© SZ vom 20.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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