Unterschleißheim:Verantwortung in Nachbars Garten

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Stefan Porsch folgt Fritz Eisenschenk: Lohhofs Fußballer, einst vierte Kraft im Großraum München, wechseln nach 14 Jahren der Sanierung den Spartenchef

Von Stefan Galler, Unterschleißheim

Keine 100 Meter ist die Verantwortung vorwärtsgekommen, eigentlich nur von einem Grundstück zum nächsten. So nah wohnen der alte und der neue Chef der Lohhofer Fußball-Abteilung beisammen. Und doch könnte es sein, dass mit dem Wechsel von Fritz Eisenschenk auf Stefan Porsch einiges anders wird bei der ehemals vierten Kraft im Großraum München. "Auch mir ist klar, dass man als Amateurverein auf die Jugend setzen muss", sagt Eisenschenk, der pensionierte Bankkaufmann, zuletzt 14 Jahre lang an der Spitze der Fußballer und davor eine gefühlte Ewigkeit Kassier. "Aber eine Stadt wie Unterschleißheim mit dieser Infrastruktur und mehr 25 000 Einwohnern sollte schon eine Männermannschaft haben, die ihrer Größenordnung entspricht." Und das bedeute eben nicht, dass man sich mit der Kreisliga oder den darunter liegenden Spielklassen begnügen könne.

Aktuell spielt der SV Lohhof in der Bezirksliga Nord, er steckt im Abstiegskampf und hat zuletzt den Trainer ausgetauscht. Für den früheren Lohhofer Borislav Vujanovic wurde Hans-Peter Alt, ehemals aktiv für die Münchner Löwen und die Amateure des FC Bayern, ins Hans-Bayer-Stadion geholt. Mit ihm soll der Klassenerhalt gelingen, da sind sich alle im Verein einig. Einen großen Schritt hat die Mannschaft zuletzt mit einem 4:0-Heimsieg gegen den Tabellenzweiten Jetzendorf getan. Doch was kommt in Zukunft auf den Klub zu? Stefan Porsch, 52, der neue Spartenleiter, bemüht sich darum, die Brisanz aus der Diskussion zu bekommen. "Die Bezirksliga ist für unseren Verein das A und O, so habe ich das auch mit unseren Sponsoren besprochen." Also mitnichten eine Abkehr von der Förderung des Herrenbereichs, stattdessen ein klares Bekenntnis: "Egal in welcher Liga wir kommende Saison spielen - wir werden einen sehr starken Kader haben."

Bild aus großen Tagen: Im Jahr 1999 kehrte der SV Lohhof (li. Markus Mattes, gegen Wehen) in die Regionalliga zurück. Der Ausflug endete desaströs. (Foto: Imago)

Porsch will allerdings "Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen", womit er darauf anspielt, dass finanzielle Drahtseilakte unter seiner Leitung ausgeschlossen seien. Er setzt auf Talente aus dem eigenen Verein oder solche, die in der Nähe groß geworden sind. "Es geht darum, als Lohhofer Familie erfolgreich zu sein und weiter nach oben zu kommen." Eventuell sei auch mal wieder die Landesliga möglich, alles darüber allerdings kaum machbar. "Ich bewundere den VfR Garching, wie der die Regionalliga angegangen ist", so Porsch.

Dabei kennt man derlei Sphären beim SV Lohhof sehr wohl, auch wenn es schon eine Ewigkeit her ist. Erst seit 2013 ist der Klub wieder in der Bezirksliga, nachdem Eisenschenk 2002 die Notbremse gezogen hatte: Den Verein plagten Altlasten in Höhe von 250 000 Euro aus den beiden Jahren in der dritthöchsten Spielklasse, damals die Regionalliga Süd. 1994/95 hatte Lohhof das erste Mal dort gespielt, unter Trainer Wolfgang Dremmler und mit einer starken Mannschaft: Alfred Ruthe, Reinhold Betzendörfer, Thomas Beck, Michael und Thomas Niklaus, Torwart Mike Probst, Franz Becker. Es war die vielleicht beste Lohhofer Mannschaft aller Zeiten, aber ganz gewiss auch die teuerste. In den folgenden Jahren lenkte Ludwig Trifellner den Neuaufbau, mit der Folge, dass Lohhof 1999 überraschend Bayernligameister wurde und abermals in die Regionalliga kletterte. Damals spielten Stefan Leitl, Jürgen Schnell, Mario Chiaradia und Christoph Heckl für den Sportverein aus dem nördlichen Münchner Landkreis. Es sollte der Anfang vom Ende des Höhenflugs sein.

Sanierer: Fritz Eisenschenk. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Einer desaströsen Saison unter Trifellner und seinem Nachfolger Anton Plattner mit zwei Siegen und 28 Niederlagen folgten das Ausscheiden von Mäzen Peter Schober, einem Reinigungsunternehmer, und eine Reihe weiterer Abstiege - bis zum Neustart 2002. Eisenschenks Sanierungspolitik brachte dem SV Lohhof nach Jahren des Sparens erstmals schwarze Zahlen ein. "Dafür, den Klub zu entschulden, hat er sich einen Staatsorden verdient", findet Porsch.

Er will so oft es geht den Rat des Vorgängers einholen und die Unstimmigkeiten, die beim Vereinsabend zutage traten, schnell abhaken. Eisenschenk wollte nämlich gar nicht zwingend aus dem Vorstand ausscheiden, er wäre gerne im zweiten Glied dabei geblieben. Doch dann bekam der Abend eine Eigendynamik, wie es bei Abteilungsversammlungen schon mal vorkommen kann. Aufbruchstimmung, Lust auf Erneuerung - plötzlich blieb von jener Führungsstruktur, die den früheren Kurs des SV Lohhof prägte, nichts übrig. Und den scheidenden Chef befiel die Angst, alles werde sich nun ändern und nur die Jugend werde in Zukunft eine Rolle spielen.

Nachfolger: Stefan Porsch. (Foto: oh)

Seit vier Jahren hat der SVL keine eigenständige Juniorenfußball-Abteilung mehr. Gemeinsam mit Phönix Schleißheim, dem SV Riedmoos, SC Inhauser Moos und SV Haimhausen sind sie in der JFG München-Land-Nord gelandet. Bisher geht das Konzept auf, die Vereine profitieren. Und in Lohhof haben sie die ersten beiden Früchte dieser Zusammenarbeit bereits geerntet: Martin Hirn und Kevin Güneydin, die beide bis vor kurzem noch bei den JFG-A-Junioren gespielt hatten, gehören nun zum Kader der ersten Mannschaft des SVL.

Der alte und der neue Spartenleiter freuen sich darüber gleichermaßen. Vielleicht bequatschen sie es ja unter Nachbarn am Gartenzaun. Eines jedenfalls stellt Fritz Eisenschenk klar: "Wenn ich das Gefühl habe, den Finger in die Wunde legen zu müssen, dann tue ich das."

© SZ vom 30.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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