Triathlon:Flussaufwärts in Chattanooga

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(Foto: privat)

Die Münchnerin Daniela Kleiser startet bei ihrer ersten Weltmeisterschaft. Für die 20-Jährige ein großer Schritt Richtung Profikarriere.

Von Raphael Weiss, München

Ihren ersten Triathlon lief Daniela Kleiser mit 18. Gleich unter Wettbewerbsbedingungen in Bad Tölz. Vorher kaufte sie sich einen Neoprenanzug und lieh sich ein Rad aus. Nur die Laufschuhe hatte sie bereits. Das einzige, was sie sich nicht noch schnell besorgen konnte: Schwimmtechnik. "Ich konnte damals nicht kraulen und musste brustschwimmen." 51,5 Kilometer und 155 Minuten später kam sie als Achte ins Ziel. In ihrer Altersklasse war sie Erste - außer ihr war nur eine weitere Athletin gestartet.

"Ich habe sehr früh mit dem Triathlon angefangen. Die Ausdauer entwickelt sich eigentlich erst später. Es ist ein kleines Wunder, dass ich jetzt schon so viel davon habe", sagt Kleiser zwei Jahre später. Sie trägt die Sonnenbrille auf dem Kopf und Sportkleidung, denn sie kommt direkt von ihrem Staatsexamen in Volleyball. Mittlerweile ist sie 20, verfolgt ihr Ziel, professionelle Triathletin zu werden und ist von der olympischen auf die Mitteldistanz gewechselt. Vor drei Monaten trat sie wieder in Bad Tölz an und wurde Erste. Bei den Frauen. Bei der deutschen Meisterschaft Ende August kam sie als Neunte ins Ziel und holte in ihrer Altersklasse den Titel. Vor allen Dingen ihre Schwimmtechnik hat Kleiser verbessert. Die Münchnerin hat kürzlich ihren Schwimmtrainer gewechselt und kann mittlerweile auch kraulen. "Das Schwimmen ist meine Problemzone. Ich hab mich im letzten Jahr von 33 Minuten auf 28 verbessert. Das ist ein langer Prozess, aber es gibt auch viel zu erreichen."

Das Laufen und besonders das Radfahren sind Kleisers Stärken. "Wenn ich aus dem Wasser komme, denke ich mir immer: So, Dani, deine Disziplin. Jetzt sammelst du von hinten alles auf", erzählt Kleiser. Gemeinsam mit ihrem Vater macht sie seit ihrer Kindheit Berg- und Mountainbiketouren. Sie glaubt, dass daher ihre gute Ausdauer kommt. Zum Triathlon brachte sie ihr Freund und heutiger Trainingspartner Erik Marbach. Als Ausgleich dafür, dass er Kleiser bei einem Berglauf begleitet hatte, nahm sie an dem besagten Wettbewerb in Bad Tölz teil. Seitdem ist sie vom Triathlon begeistert, trainiert sechsmal pro Woche: viermal pro Woche Schwimmen, fünfmal Laufen, dreimal Radfahren. "In München fahre ich eh jede Strecke mit dem Fahrrad", sagt Kleiser, die Mathematik und Sport auf Lehramt studiert. Nebenbei jobbt sie. "Triathlon ist ein sehr teurer Sport. Ich muss viel arbeiten, um mir alles finanzieren zu können", sagt Kleiser. Mehr als 10 000 Euro habe sie vergangenes Jahr ausgegeben. Neue Neoprenanzüge oder ein neues Rennrad nicht inbegriffen.

Für Kleiser Investitionen, die sich lohnen. Sobald sie über ihren Sport spricht, leuchten ihre Augen und sie beginnt zu grinsen. Etwas, das ihr auch während der Rennen passiert. "Letztes Jahr in Zell am See war ich im Mittelteil des Rennens für eine Viertelstunde komplett alleine", erinnert sie sich. "Ich hab gegrinst und bin vor mich hingefahren, weil es so schön war. Dann ist plötzlich ein Mann an mir vorbeigerast. Ich hab mich kurz geschüttelt und bin wieder losgerast."

113 Kilometer Schwimmen, Radfahren und Laufen sind nicht nur Spaß. "Es ist ein Kampf gegen mich selbst", sagt sie, "oft hat man Schmerzen, ist am Verzweifeln und muss sich aus einem Loch wieder rausholen. Das fasziniert mich." Besonders gefällt ihr der Moment, wenn sie ihre Erschöpfung überwunden hat: "Es gibt da diesen Punkt, da laufen meine Beine automatisch. Ich mach nichts mehr, der Kopf ist leer, ich laufe einfach."

An diesem Samstag startet Kleiser bei der Triathlon-WM in Chattanooga/Tennessee (USA). Ein besonderer Moment, nicht nur, weil es ihre erste WM-Teilnahme ist. "Ich bin erst ein Mal in meinem Leben geflogen, letztes Jahr nach Mallorca. Jetzt bin ich zum ersten Mal in meinem Leben außerhalb von Europa." Über den Triathlon will sie nun die Welt entdecken. Beispielsweise bei Wettkämpfen auf Sardinien oder in Südafrika, die die Münchnerin einfach "wegen der Umgebung" machen möchte. Und natürlich einmal den Ironman auf Hawaii, ihr großes Ziel.

Für den Halbdistanz-Triathlon in Chattanooga hofft Kleiser, in ihrer Altersgruppe unter den zehn Besten zu landen. Der Schwimmteil sei überwiegend flussaufwärts, das komme ihr entgegen, sagt die 20-Jährige. "Vielleicht reicht es ja sogar für ein Podium. Da wäre ich super, super glücklich." Es gibt einen weiteren Anreiz, sie kann sich für die Weltmeisterschaft über die Mitteldistanz in Südafrika qualifizieren. Dort hätte sie allerdings wohl wenig Gelegenheit, die Umgebung zu genießen - trotz Traumkulisse.

© SZ vom 09.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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