Vereinschef Helmut Pfeil sprach leise in sein Mobiltelefon. Er saß in der Tischtennishalle des SV Böblingen, es war Sonntagmorgen, sein Schwabhauser Erstliga-Team spielte sich gerade warm. "Ich habe von Anfang an gesagt: An diesem Wochenende ist alles möglich", raunte Pfeil, "von null bis vier Punkten."
Das war rein rechnerisch schwer zu bestreiten, weil ja Schwabhausen einen Doppelspieltag absolvierte, doch zu diesem Zeitpunkt war bereits klar: Es konnten höchstens noch zwei Punkte für den Aufsteiger aus dem Dachauer Hinterland werden. Denn am Abend zuvor hatte Schwabhausen 3:6 beim TV Busenbach verloren. Pfeil hatte zuvor ebenfalls prophezeit: "Wenn alle in bester Aufstellung spielen, sind wir den null Punkten näher" - und die Württembergerinnen waren in ihrer besten Aufstellung angetreten. "Die Tagesform hätte bei allen top sein müssen, um dann zu gewinnen", sagte Pfeil. Das war sie nicht. Doch nun, am Tag darauf in Böblingen, fehlte immerhin Xu Yanhua, Nummer zwei der Gastgeberinnen. Mal sehen. Pfeil wurde nun ganz leise. Das Spiel begann.
Eigentlich war ja von Anfang an alles schief gegangen an diesem Wochenende. Das ging los mit der Doppelaufstellung am Samstag beim TV Busenbach. Schwabhausen hatte listigerweise sein besseres Doppel, Yang Ting und Agnes Kokai, an Position zwei aufgestellt, um einem Duell mit Tanja Krämer und Jessica Göbel aus dem Weg zu gehen. Busenbachs vorderes Paarkreuz spielt nämlich gerne gegen Defensivstrategen wie Yang. Schwabhausens Christina Feierabend hält die beiden für "zwei der besten Spielerinnen der Liga, wenn es gegen Abwehr geht". Dummerweise hatte Busenbach diese Rochade offenbar geahnt und sein erstes Doppel ebenfalls auf Rang zwei gemeldet. Umso überraschender, dass dann doch Schwabhausen 2:0 führte: Yang und vor allem die routinierte Ungarin Kokai brillierten, Andrea Bakula und Feierabend standen dem in nichts nach.
Es wäre mehr drin gewesen. Yang vergab beim 1:3 (12:10, 11:13, 7:11, 10:12) gegen Krämer einen Satzball im zweiten Durchgang, in ihrer zweiten Partie gegen Göbel holte sie ähnlich knapp den einzigen Einzelsieg für Schwabhausen. "Es hätte schon noch was zu uns rüberfallen können", fand Feierabend. Bakula sei nicht recht in Fahrt gekommen, auch sie selbst sei immer wieder an Kleinigkeiten gegen zwei starke Gegnerinnen gescheitert. Je ein Satzgewinn gelang ihr gegen Jennie Wolf ("die liegt mir nicht") und Theresa Kraft ("eine Klasse besser als ich"). Wobei auffiel: Dem Busenbacher Quartett unterliefen kaum Fehler.
Dreieinhalb Stunden war der Schwabhauser Tross angereist, gleich nach dem letzten Ballwechsel sprangen alle wieder ins Auto, weiter nach Böblingen, essen, schlafen, frühstücken, ab in die Halle.
Der Aufwand lohnte sich nicht. Beim 1:6 hatten die Gäste wenig zu bestellen. Yang und Kokai, erneut als zweites Doppel gesetzt, unterlagen; Bakula/Feierabend glichen aus. In den Einzeln gelang erneut nur Yang Ting ein Erfolg: In fünf Sätzen bezwang sie Mitsuki Yoshida. "Kein Beinbruch", fand Pfeil, "aber ein paar Punkte mehr hätten es sein können." Kokai hatte Pech beim 1:3 (8:11, 13:15, 12:10, 10:12) gegen die stärker eingeschätzte Anja Schuh, Feierabend hatte beim 9:11, 9:11, 11:5, 2:11 gegen Julia Kaim in den ersten beiden Durchgängen 8:2 und 6:2 geführt. "Dafür ist in den ersten Saisonspielen viel zu unseren Gunsten gelaufen", tröstete sich Feierabend. Die letzte Partie gab Yang ab, der im Spitzeneinzel gegen die 46-jährige Qianhong Gotsch, Einzel-Europameisterin des Jahres 2000, ganze neun Punkte gelangen. "Da war die Luft raus", erkannte Pfeil. Immerhin hatte er mit seiner Prognose - zwischen null und vier Punkten - ganz exakt recht behalten.