Tennis:Wettlauf gegen die Zeit

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Rechtzeitig ausgeschieden: Nach ihrer Niederlage in La Bisbal ist Julia Grabher bereit, die Spitzenposition des TC Luitpoldpark einzunehmen. (Foto: Claus Schunk)

Vor dem Münchner Zweitliga-Derby zwischen den Frauenteams des TC Luitpoldpark und des TC Großhesselohe bangen die Verantwortlichen um ihre Führungsspielerinnen.

Von Matthias Schmid, München

Es gehört zu den skurrilen Eigenarten des höherklassigen Mannschaftstennis, dass die jeweiligen Klubs in den Tagen vor wichtigen Partien selbst nicht wissen, welche Spieler am Spieltag für sie auf dem Platz stehen werden. Im Fall des Münchner Derbys in der zweiten Frauen-Bundesliga Süd zwischen dem TC Grün-Weiss Luitpoldpark und dem TC Großhesselohe am Sonntag (11 Uhr, Anlage Luitpoldpark) könnte sogar erst am Spieltag selbst feststehen, ob sie die eine oder die andere Spielerin aufbieten können. Es könnte sogar passieren, dass eine Spielerin erst am Morgen auf der Anlage ankommt, aus dem Auto steigt und wenig später schon ihren Tennisschläger auf dem Court auspacken muss. Es ist mitunter ein komplizierter Wettlauf gegen die Zeit, weil die potenziellen Kandidatinnen über den gesamten Erdkreis verstreut sind, um ihr Punkte- und Geldkonto möglichst zu vermehren.

Im aktuellen Fall geht es vor allem um die beiden prägenden Spitzenspielerinnen Julia Grabher aus Österreich und die Tschechin Jesika Maleckova. Während Luitpoldparks Grabher in dieser Woche bei einem mit 25 000 US-Dollar dotierten ITF-Wettbewerb im spanischen La Bisbal unterwegs ist, weilt Maleckova schon in Bayern. Allerdings hält sie sich im falschen Regierungsbezirk auf, sie bereitet sich - zum Bedauern von Klub-Präsident Bernard Eßmann - nicht im oberbayerischen Großhesselohe, sondern im mittelfränkischen Nürnberg auf das dort am Wochenende beginnende WTA-Turnier mit einem Gesamtpreisgeld von 250 000 US-Dollar vor. "Sie versucht da über die Qualifikation ins Hauptfeld zu kommen", weiß Eßmann. Aber nur mit seiner Nummer eins traut er sich auch einen Sieg gegen Luitpoldpark zu, ansonsten sieht er die Schwabingerinnen "in der Favoritenrolle", wie er hervorhebt. Sie seien vor allem auf den hinteren Positionen sehr erfahren und gut besetzt.

Für Großhesselohe ist es der Saisonstart, Luitpoldpark hat schon 3:6 in Dresden verloren

Hildegard Jonasz nimmt Eßmanns Einschätzung eher schmunzelnd zur Kenntnis. "Ich sehe uns sportlich auf einem ähnlichen Level", findet Luitpoldparks Teammanagerin, "weil beide versuchen werden, alle Spielerinnen auf die Beine bringen, die sie aufbieten können." Es sind die normalen kleinen verbalen Sticheleien vor den Spielen gegen den Münchner Rivalen. Niemand will sich gerne in die Aufstellung schauen lassen, weil ein Derbysieg gut fürs Renommee ist und die Akquirierung neuer Mitglieder ein kleines bisschen erleichtern könnte, wenn Interessenten vorher etwas genauer die Tabelle studieren.

Sportlich lässt sich vor dem Duell jedenfalls noch nicht allzu viel ableiten, es ist noch früh in der Saison. Für den TCG ist es sogar das erste Spiel in diesem Sommer überhaupt, während Luitpoldpark schon eine Partie gespielt und in Dresden 3:6 verloren hat. "Das Spiel wird nicht über unsere Saison entscheiden", stellt Eßmann deshalb ganz nüchtern fest. Aber ein Sieg würde die Nerven aller Beteiligten beruhigen. Für beide Klubs hat der Klassenverbleib absolute Priorität. "In der zweiten Liga sind wir gut aufgehoben", sagt Eßmann, "wir haben keine Ambitionen, oben mitzuspielen."

Im vergangenen Jahr ging seine Mannschaft gegen Luitpoldpark mit 6:3 als Sieger hervor. Für Luitpoldpark spielte da noch Lena Hofmann. Die 26-Jährige verlor gegen die Südtirolerin Verena Meliss in zwei Sätzen, die inzwischen ihre Teamkollegin ist. Hofmann wechselte zum TCG, weil sie im Klub auch als Trainerin arbeiten und Kinder und Jugendliche unterrichten kann. "Spannend" findet Jonasz diese Konstellation, weil sie bedauert, dass sie eine prägende Spielerin der vergangenen Jahre verloren hat. Jonasz sagt: "Ich vermute mal, dass sie gegen uns spielen wird." Zumindest im Doppel könnte das zutreffen, im Einzel wird Hofmann zuschauen, so viel verrät Bernard Eßmann schon mal.

Neben dem Heimspiel der Zweitligafrauen wird es noch ein weiteres Spiel auf der Anlage an der Erich-Kästner-Straße geben, das Jonasz und die Zuschauer interessiert. Die zweite Mannschaft des TC Luitpoldpark empfängt in der Regionalliga den 1. FC Nürnberg. "Wir müssen also zwei gute Aufstellungen finden", hebt Jonasz hervor, "das könnte unter Umständen für uns ein Nachteil sein."

Aber was die erste Mannschaft angeht, hat die Teammanagerin eine Sorge weniger. Julia Grabher verlor am Donnerstagnachmittag ihre Zweitrundenpartie in La Bisbal gegen die Mexikanerin Renata Zarazua in drei Sätzen. Luitpoldparks Nummer eins wird es also pünktlich zum Spiel gegen den TC Großhesselohe schaffen. Sie wird sogar schon am Freitag oder am Samstag in Schwabing eintreffen.

© SZ vom 19.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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