Tennis:Taschengeld für Hotzenplotz

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Tennis-Profi Matthias Bachinger scheidet bei den Australian Open in der zweiten Runde aus. Dennoch spielt der Münchner ein starkes Turnier und reist zufrieden aus Melbourne ab, nicht nur wegen der 50 000 Euro Prämie

Von Gerald Kleffmann, Melbourne

Vielleicht wird er sich in ein paar Jahren fragen, was wäre passiert, wenn er diesen einen letzten Ball ins Feld gespielt hätte. Jarkko Nieminen humpelte, er war angeschlagen, er hatte sich kurz zuvor etwas verletzt, nicht schlimm, aber doch unübersehbar. Matthias Bachinger holte also aus, und dann flog der Ball ins Aus. Das Turnier, an dem der 27-jährige Münchner teilnahm, war damit für ihn beendet, und das ist für den Qualifikanten umso bedauerlicher. In der dritten Runde der Australian Open wäre er gegen Stan Wawrinka gekommen. Der Schweizer ist in Melbourne Titelverteidiger, folglich hätte ihn ein Match in einem der drei großen Stadien erwartet. Logisch, dass Bachinger sprach: "Im Moment ist die Enttäuschung schon sehr groß."

Natürlich zog der inzwischen mit einem Räuber-Hotzenplotz-artigen Bart ausstaffierte Tennis-Profi trotz des Ausscheidens ein positives Fazit: "Im Endeffekt aber war es ein super Turnier, wenn man bedenkt, dass ich beinahe in der ersten Runde in der Quali rausgeflogen wäre", sagte Bachinger. Drei Matchbälle hatte er abwehren müssen, was ihm erst den Weg ins Hauptfeld und später in die zweite Runde ermöglichte. Doch wenn man schon mal so weit gekommen ist und einen Gegner hat, der laut Bachinger "absolut machbar" war, dauert es eben lange, "das alles sacken zu lassen". 6:7 (4), 5:7, 5:7 unterlag der Weltranglisten-142. dem 70 Plätze besser platzierten Finnen, was wahrlich keine Schande ist. Denn Nieminen ist ein alter Fuchs auf der Tour, schon in Hunderten Matches kampferprobt und überdies gerade in Melbourne in guter Form. "Ich habe heute leider meine Chancen nicht genutzt, vor allem im ersten Satz habe ich einige Breakbälle nicht verwerten können", erkannte Bachinger. "Janko ist ein tougher Spieler und schenkt dir gar nichts."

Der Bart bleibt dran - vorerst: Wenn Matthias Bachinger für das Daviscup-Team nominiert wird, dann wird er sich allerdings rasieren. (Foto: Quinn Rooney/Getty)

Dafür reist Bachinger mit einem gewonnen Preisgeld von 50 000 Euro ab, "ein bisschen Taschengeld hilft immer", sagte er, gerade was die kommenden Monate betrifft, tut das gut. "Ich kann besser planen, ich kann den Trainer bezahlen", diese Dinge beschäftigen einen wie ihn aus der hinteren Profikategorie, zu der auch Peter Gojowczyk zählt. Der 25-jährige Dachauer steht freilich etwas besser im ATP-Ranking da als zurzeit 79., er war ohne Qualifikation gleich ins Hauptfeld der besten 128 Teilnehmer gerutscht. Allerdings kam Gojowczyk nicht weit, er spielte gut und hatte Chancen auf das Erreichen der zweiten Runde, doch Krämpfe in den Beinen nötigten ihn, aufzugeben gegen den Spanier Guillermo Garcia-Lopez. Gojo, wie er bei Freunden und Kollegen nur heißt, hat sich zwar wieder erholt davon, im Doppel war er dennoch nicht erfolgreicher. Gleich zum Auftakt schied er mit seinem Partner, dem Tschechen Lukas Rosol, gegen den Österreicher Oliver Marach und den Neuseeländer Michael Venus 3:6, 6:7 aus. Immerhin hatte Gojowczyk eine gute Zeit im Team, denn es war ja die ganze Trainingsgruppe in Melbourne, die sonst in München auf der Sport-Scheck-Allwetteranlage Nord trainiert. Die Trainer Lars Übel und Maxi Wimmer führten die Einheiten durch, als Spieler zählen Tim Pütz, der sich durch die Qualifikation kämpfte, dann aber verlor, und Benjamin Becker zur Gruppe. Der 33-Jährige schaffte mit seinem Sieg über den Australier Lleyton Hewitt die Überraschung und steht in der dritten Runde.

Bachinger hat nun vor, in Europa einige Turniere zu spielen, in Zagreb muss er wieder in die Qualifikation, den Bart will er vorerst nur leicht stutzen.

Sollte er aber für den Davis Cup Anfang März in Frankfurt gegen Frankreich nominiert werden, will er ihn ganz abschneiden. Das wäre es ihm wert, in diesem Fall adrett auszusehen. "Für Deutschland zu spielen, wäre ein Traum", sagte er noch und lächelte. "Man kann sich nur über Leistung empfehlen, und das habe ich getan."

© SZ vom 23.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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