Tennis:Showdown in Rosenheim

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Mit Davis-Cup-Spieler Florian Mayer, Matthias Bachinger oder Kevin Krawietz ist der TC Großhesselohe so gut besetzt, dass viele in ihm einen kommenden Erstligisten sehen.

Von Matthias Schmid, Pullach

Auch in der kleinen, beschaulichen Gemeinde Contrexéville ist man an das weltweite Netz angeschlossen. Man kann also im Nordosten Frankreichs jederzeit die Rosenheimer Lokalnachrichten an einem internetfähigen Endgerät abrufen und lesen. Christopher Kas hat das zuletzt getan, der Tennistrainer ist in dieser Woche mit Mona Barthel nach Contrexéville gereist, wo die 28-Jährige beim örtlichen ITF-Turnier Punkte für die Weltrangliste sammeln möchte. Aber neben ihren Ergebnissen interessiert sich Kas auch für den Saisonauftakt in der 2. Tennis-Bundesliga Süd an diesem Sonntag, wo neben seinem Heimatverein TSV 1860 Rosenheim auch der TC Großhesselohe spielt. Als Teammanager des TCG kümmert sich Kas aus der Ferne um die Aufstellung für die erste Partie beim TC Blau-Weiß Oberweier.

Großhesselohe startet mit großen Ambitionen in die neue Sommerrunde. Für den Verein werden unter anderem der frühere deutsche Davis-Cup-Spieler Florian Mayer und der Österreicher Dennis Novak am Isarufer aufschlagen, der zuletzt in Wimbledon Aufsehen erregte, als er sich aus der Dunkelheit der Qualifikation heraus in die dritte Runde, ins Rampenlicht, spielte. Klub-Präsident Bernard Eßmann versucht aus diesem Grund erst gar nicht, die üblichen vorsichtigen Floskeln zu bemühen, um das Saisonziel zu formulieren. Ehrlich und forsch kündigt er an: "Wir wollen aufsteigen, weil wir von der Papierform her klarer Favorit sind."

Lichtgestalt: Der Österreicher Dennis Novak spielte sich gerade in Wimbledon durch die Qualifikation in die dritte Runde. Am Sonntag wird er für Großhesselohe in Oberweier aufschlagen. (Foto: Alan Grieves/imago/GEPA pictures)

Im Sport ist es aber häufig so, dass sich die Kontrahenten aus Fleisch und Blut nicht an das Stück Papier halten, auf dem Weltranglistenpositionen oder andere Platzierungen aufgelistet sind. Die Matches müssen erst einmal gespielt werden. An diese Maxime hält sich auch Kas, der selbst ein exzellenter Doppelspieler auf der Profitour war. "Mit Prognosen bin ich vorsichtig, weil im Mannschaftstennis so viel passieren kann", sagt der 38-Jährige. Rosenheim ist da sehr viel weniger zurückhaltend, wie er den Lokalnachrichten entnehmen konnte. Großhesselohe habe ein "Erstliga-Team", hat Kas da lesen können (die Einschätzung stammte vom Rosenheimer Sportwart), aber auch die eigenen Aussichten seien nicht schlecht. Der TSV 1860 strebe ebenfalls in die erste Liga, und vielleicht laufe es ja am 12. August auf ein echtes Endspiel zwischen Rosenheim und Großhesselohe hinaus, wenn am letzten Zweitligaspieltag die beiden Favoriten im direkten Duell aufeinander treffen.

Kas mag nicht so weit vorausblicken, er hat als Profi und als Trainer gelernt, in kürzen Zeitabständen zu denken und zu planen. "Natürlich haben wir einen sehr guten und ausgeglichenen Kader", hebt er hervor, "aber wir wissen gleichzeitig nicht, wen wir am Ende aufbieten können." Natürlich gibt es auch im Mannschaftswettbewerb feste Terminabsprachen mit den Spielern, die können aber kurzfristig Makulatur werden, wenn ein Profi bei einem Turnier erfolgreicher spielt, als er selbst angenommen hat.

Für Florian Mayer ist die Weltrangliste dagegen so langweilig geworden wie der Wetterbericht von gestern. Der 34-Jährige reitet als Tennisspieler seinem Sonnenuntergang entgegen, es sind seine letzten Monate auf der Tour, ehe er sie für immer verlassen wird. Mayer will die verbleibende Zeit nur noch genießen. "Er wird die meisten Spiele für uns mitmachen", sagt Kas über den zweimaligen Wimbledon-Viertelfinalisten. Auch am Sonntag in Oberweier wird er das Spitzeneinzel bestreiten. Der Österreicher Novak, der zuletzt in Wimbledon auf sich aufmerksam machte, wird ebenso dabei sein. Mehr aber will Kas zur Aufstellung nicht verraten, er behält seine Planungen für sich. Neben Novak ist in diesem Jahr auch dessen Landsmann Sebastian Ofner neu im Kader, genauso wie der Pole Kamil Majchrzak und die beiden Spanier Carlos Boluda-Purkiss und Alejandro Davidovich, der im vergangenen Jahr in Wimbledon die Junioren-Konkurrenz für sich entschied. Sie sollen alle mal mitspielen, genauso wie Matthias Bachinger, der zurzeit in Nordamerika daran arbeitet, seine Weltranglistenposition zu verbessern.

Die Mitglieder und Zuschauer werden auch wieder vielen altbekannten Gesichtern begegnen. "Uns liegt die Teamchemie besonders am Herzen", sagt Kas. Deshalb sollen Kevin Krawietz, Boy Westerhof und Marcel Zimmermann regelmäßig zum Einsatz kommen. Vor allem Krawietz steht stellvertretend für das Großhesseloher Konzept, dass die Kadermitglieder nicht nur etwas vom Einzel, sondern auch vom Doppel verstehen müssen. Viele Partien in der zweiten Liga werden erst in den abschließenden drei Doppeln entschieden, weil das Niveau eng beisammen liegt. Und da können Spieler wie Krawietz, der zuletzt in Wimbledon in der Doppelkonkurrenz erstmals das Achtelfinale eines Grand-Slam-Turniers erreichte, den Unterschied bringen. "Das war fantastisch", lobt Kas. Er wird in Contrexéville oder wo auch immer genau beobachten, ob seine Aufstellung dem TC Großhesselohe einen erfolgreichen Start in Oberweier beschert hat.

© SZ vom 13.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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