Tennis:Hunger im Industriegebiet

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In der 2. Liga ist Luitpoldpark "fassungslos" über seinen Traumstart, Großhesselohe verpatzt den Auftakt.

Von Matthias Schmid, München

Die Tennisanlage des TC Vaihingen/Rohr liegt mitten in einem Stuttgarter Industriegebiet. Es gibt zwei Supermärkte, die am Sonntag ihre Türen aber geschlossen haben. Nach Bananen, nach etwas Obst hatte Hildegard Jonasz am vergangenen Sonntag also vergeblich gesucht. "Hätten wir gewusst, dass die Verpflegung bei dem Klub so eine Katastrophe ist, dann hätten wir Lunchpakete mitgenommen", erzählt die Teammanagerin des Zweitligisten TC Grün-Weiß Luitpoldpark. Aber auch ohne zusätzliche Vitaminzufuhr konnten die Münchnerinnen die Vaihinger Anlage als Siegerinnen verlassen. Mit 5:4 gewann die Mannschaft von Cheftrainer Marc Herter auch das zweite Saisonspiel und führt nun unverhofft die Tabelle in der zweiten Bundesliga Süd an.

Haben sich ihre Gegnerinnen besser eingestellt? Nach zwei Einzeln und zwei Doppeln für Großhesselohe steht Isabella Pfennig noch sieglos da. (Foto: Sven Leifer; imago)

"Das ist Wahnsinn", staunte Jonasz, "wir können das selbst nicht fassen." Dass der Klub aus Schwabing nach zwei Spieltagen ganz oben steht, bringt auch die sonst so wortgewandte Jonasz in Verlegenheit. In den vergangenen Jahren ging es für Luitpoldpark vor allem darum, irgendwie den Abstieg abzuwenden. In dieser Runde darf der Verein nur in der zweiten Liga mitmachen, weil der TC Radolfzell seine Mannschaft aus der ersten Liga abgemeldet hat. "Wir haben endlich auch mal das Glück auf unserer Seite, das uns in den vergangenen Jahren gefehlt hat", sagt Jonasz. In Vaihingen holten im Doppel Anastasia Zarycka und Dia Evtimova den entscheidenden fünften Punkt mit einem klaren Zweisatzsieg. Nach den Einzeln hatte München mit 4:2 geführt. Spitzenspielerin Julia Grabher musste dabei im ersten Spiel des ersten Satzes aufgeben, anhaltende Knieprobleme bereiten der Österreicherin arge Probleme. Aus diesem Grund reiste sie am Montag auch nach Memmingen, zum Vater ihrer Mitspielerin Eva-Marie Voracek. Er betreut als Orthopäde unter anderem die tschechische Tennis-Nationalmannschaft um die zweimalige Wimbledonsiegerin Petra Kvitova. Vlastimil Voracek soll Grabher nun wieder fitmachen. Doch es ist eher unwahrscheinlich, dass sie am Freitag beim Auswärtsspiel im hessischen Bad Vilbel schon wieder einsatzbereit sein wird. "Das ist natürlich schade, dass unserer schöner Aufstieg so gebremst wird", sagt Jonasz.

Spitzenkraft mit Handicap: Julia Grabher muss wegen Knieschmerzen nach wenigen Punkten aufgeben, Luitpoldpark setzt sich dennoch durch. (Foto: Claus Schunk)

Sorgen ganz anderer Art plagen dagegen Bernard Eßmann. Der Präsident des Ligarivalen TC Großhesselohe muss nach zwei Spieltagen zwei Niederlagen moderieren, der TCG findet sich nur aufgrund der besseren Matchbilanz nicht auf dem letzten Tabellenplatz wieder. Nach der 4:5-Niederlage am ersten Spieltag gegen Vaihingen hatte der Klub am Sonntag beim TSC Mainz ebenfalls mit dem knappsten aller möglichen Resultate das Nachsehen. "Dabei wollten wir mit zwei Siegen in die Saison starten", hebt Eßmann hervor. Viel besser könnten sie nicht aufstellen, fügte der Präsident seufzend mit Blick auf die Meldeliste hinzu. In der Tat war Isabella Pfennig die einzige deutsche Spielerin im Aufgebot. Doch die hochbegabte 16-Jährige muss feststellen, dass sich die Gegnerinnen auf ihre schnellen Beine und das variantenreiche Spiel eingestellt haben. Niemand unterschätzt sie mehr, nachdem Pfennig in der vergangenen Saison alle sechs Einzel für sich entschieden hatte. Im ersten Saisonspiel vergab sie noch zwei Matchbälle, in Mainz verlor sie nun glatt in zwei Sätzen. Trotzdem stand es nach acht gespielten Matches 4:4. Doch im entscheidenden Doppel mussten sich Pernilla Mendesova und Verena Meliss im Match-Tiebreak des dritten Satzes mit 4:10 geschlagen geben. "Das ist natürlich ärgerlich", findet Eßmann, "weil wir nun unbedingt am Sonntag das Heimspiel gegen Dresden gewinnen müssen."

Eßmanns schöner Plan wird nun erst einmal nicht mehr aufgehen. Er wollte frühzeitig den Klassenverbleib sichern, damit Trainer Perica Basic fortan vermehrt deutsche Spielerinnen wie Lena Hofmann oder Carolin Himmel aufbieten kann. Drei Siege, so rechnet Eßmann vor, "benötigen wir wohl aus den verbleibenden vier Spiele, um nicht abzusteigen."

Mit der Meisterschaft beschäftigt sich allerdings auch beim TC Luitpoldpark niemand, der am vorletzten Spieltag in Großhesselohe antreten muss. Der MTTC Iphitos als dritter Münchner Vertreter liegt nach einem Sieg und einer Niederlage aktuell auf Rang vier in dieser Siebenergruppe.

Bereits an diesem Donnerstag wird der TC Luitpoldpark nach Bad Vilbel reisen, um sich für die dortige Partie zu präparieren. "Wir wollen natürlich weiter erfolgreich sein", sagt Jonasz und lobt neben Trainer Herter vor allem Sesil Karatantcheva, die nach ihrer nervösen Auftaktpartie gegen Dresden, wo sie zwei Matchbälle vergeben hatte, in Vaihingen ebenfalls ihr Einzel gewann. Sie sei "eine große Teamspielerin", sagt Jonasz über die frühere Nummer 35 der Welt. Neben viel Selbstvertrauen wird der Luitpoldpark-Tross sicher auch ausreichend Bananen mit nach Bad Vilbel nehmen.

© SZ vom 15.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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