Tennis:Großer Plan

Lesezeit: 3 min

Der Niederländer Boy Westerhof ist für die erste Liga eigentlich zu schwach, er hofft dennoch auf eine Vertragsverlängerung in Großhesselohe. (Foto: Claus Schunk)

Der Tennis-Zweitligist Großhesselohe hat den Aufstieg verpasst, der Etat für die erste Liga steht aber bereits.

Von Matthias Schmid, Pullach

Der Bub, der den Spielern die Bälle zuwarf, war gerade mal so groß wie der Netzpfosten. Er verrichtete seinen Dienst mit großem Eifer, auch wenn nicht alles klappen wollte. Manchmal lief er unvermittelt los, wenn er hätte stehen bleiben sollen und manchmal blieb er stehen, wenn er hätte loslaufen sollen. Bernard Eßmann beobachte den Jungen aus der Entfernung mit einem Lächeln. "Wir haben kaum Ballkinder in den Ferien gefunden, sodass wir nur zwei Plätze mit ihnen besetzen konnten", erzählt der Präsident des TC Großhesselohe beim letzten Heimspiel der Männermannschaft am vergangenen Sonntag in der zweiten Tennis-Bundesliga Süd, die der Klub aus dem Münchner Süden auf dem zweiten Platz beendet hat.

Für die erste Liga sind Namen wie Gojowczyk, Stebe, Hanfmann oder Bachinger im Gespräch

Dass er kurzfristig zum Improvisieren gezwungen war, gefiel Eßmann nicht, weil er gerne in größeren Zeiträumen vorausplant. Auch beim Einsatz der Ballkinder. Das liegt an seiner Berufung als Entwicklungshelfer. Seit er vor 14 Jahren seine Anteile an einem erfolgreichen Private-Equity-Unternehmen verkauft und mit seiner Ehefrau die Peppercorn Stiftung gegründet hat, widmet er sich Hilfsprojekten in Afrika. Er baut mit Spenden unter anderem Schulen für Waisenkinder in Sambia und im Kongo. In dieser Zeit hat er gelernt, dass es nicht ausreicht, wenn die Bauten schlüsselfertig übergeben werden. "Wir müssen auch dafür sorgen, dass wir mindestens drei Jahre die Lehrer bezahlen können", erklärt Eßmann. Der kleine Exkurs in die Entwicklungshilfe ist ihm wichtig, um zu verdeutlichen, dass er auch als Präsident eines ambitionierten Tennisklubs die Dinge gerne projektbezogen plant. "Wir hätten auch schon den Etat für die erste Liga zusammen", sagt Eßmann. Dass er diesen womöglich gar nicht braucht, ärgert ihn: "Wir haben viel Aufwand betrieben, um Meister zu werden."

Die Spielzeit endete am Sonntag zwar mit einem 6:3-Sieg gegen die SpVgg Hainsacker, dem siebten Sieg im achten Saisonspiel, aber der avisierte Aufstieg blieb dem Verein verwehrt. Zumindest sportlich reichte es nach der 4:5-Niederlage gegen Meister TV Reutlingen nicht. Den Traum von der ersten Liga hat Eßmann aber noch nicht aufgegeben. Im deutschen Mannschaftstennis kommt es immer wieder zu kurzfristigen Änderungen, weil Teams nicht aufsteigen wollen oder Klubs spontan zurückziehen. Bis zum 30. September, dem Stichtag, will sich auch der TV Reutlingen Zeit lassen, um darüber zu befinden, ob er sein Aufstiegsrecht wahrnimmt. "Das müssen wir im Präsidium und mit den Spielern noch besprechen", sagt TVR-Manager Rainer Renz.

Beim TC Großhesselohe sind sie da schon weiter. Sie wollen unbedingt erstmals seit 15 Jahren wieder in der Beletage mitmischen. "Wenn uns der Deutsche Tennis-Bund ein Startrecht erteilt, sagen wir in jedem Fall zu", betont Eßmann. Er ist zuversichtlich, dass es mit der großen Bühne durch die Hintertür klappen könnte. Die angedachte Vergrößerung der Liga auf zwölf Mannschaften könnte die Entscheidung beschleunigen. Die Aussicht auf die erste Liga war überhaupt mitentscheidend dafür, dass sich ein Weltklassespieler wie Florian Mayer dem Zweitligisten TC Großhesselohe angeschlossen hat. Der frühere Wimbledon-Viertelfinalist soll auch im nächsten Jahr - unabhängig von der Ligazugehörigkeit - mitspielen. "Da sind wir in den Gesprächen schon weit", erzählt Eßmann. Mayer kam gut an bei den Mitspielern, den Mitgliedern und den Zuschauern. Mit seinem herausragenden Ballgefühl und seiner bisweilen archaischen Spielweise hat er sich schnell viele Sympathien erworben und keines seiner sechs Matches in dieser Runde verloren.

Wie hoch das Budget sein muss in der ersten Liga, um nicht gleich wieder abzusteigen, weiß Eßmann nicht so ganz genau. "Da muss ich noch mit Christopher Kas sprechen." Der Teammanager und frühere Doppel-Weltklassespieler ist für die Kaderplanung zuständig. "Um 30, 40 Prozent müssen wir den Etat anheben", versichert Kas. Summen will er aber nicht nennen. Neben Mayer soll auch Kevin Krawietz in jedem Fall ein Angebot erhalten. Vier statt sechs Spieler bilden in der Bundesliga eine Mannschaft.

Das Niveau ist um einiges höher als in der zweiten Liga, die Spieler entsprechend teuerer, weil die meisten von ihnen unter den besten 100 in der Welt zu finden sind. "Es ist wohl die beste Liga in Europa", sagt der Niederländer Boy Westerhof. Er hofft, dass er eine weitere Saison beim TC Großhesselohe spielen darf. Der Niederländer, ein Spieler, der zwischen 300 und 400 in der Weltrangliste geführt wird, steht sinnbildlich für die Opfer des eigenen Erfolgs. "Mit zwei Spielern weniger kann die halbe Mannschaft nach dem Aufstieg nicht mehr mitspielen", sagt Westerhof.

Das ist auch Eßmann bewusst. Er muss die Qualität des Kaders erhöhen, ohne die Aufstiegsmannschaft komplett auszutauschen. Gesucht wird deshalb noch ein Spitzenspieler sowie ein deutscher Profi aus der Region, die jeweils gut genug sind für die erste Bundesliga. Kas denkt dabei an Spieler wie Peter Gojowczyk, Cedric-Marcel Stebe, Yannick Hanfmann oder Matthias Bachinger. Denn die Vorgabe ist laut Kas klar: "Egal in welcher Liga wir spielen, wir wollen den Zuschauern wieder großes Tennis bieten."

© SZ vom 16.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: