Tennis:Die Raubkatze schlägt zurück

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Uladzimir Ignatik spielt beim TC Großhesselohe an Position eins - vor Florian Mayer. Der Weißrusse definiert sich über ein aggressives Tennis.

Von Sebastian Leisgang, Pullach

"Spieler wie er können den Rhythmus vorgeben": Uladzimir Ignatik ist eine prägende Gestalt in der zweiten Tennis-Bundesliga. (Foto: Claus Schunk)

Die ausdrucksvollste Sequenz dieses Nachmittags ergab sich, als das Match vorüber war. Sie war nur ein paar Sekunden lang, und doch verriet sie mehr über Uladzimir Ignatik als das gesamte vorangegangene Spiel.

Ignatik, 27, hatte das Tennismatch gegen den Spanier Albert Montanes längst gewonnen, ihm hätte nun alles einerlei sein können, diese Sache aber wollte er nicht auf sich sitzen lassen. Ignatik ging in die gegnerische Hälfte, suchte nach der Stelle, an der sein erster Aufschlag gelandet war und bückte sich - seine Großhesseloher Teamkollegen standen um ihn herum. "It's completely good", beteuerte er und meinte: Der Ball war drin. Zuvor hatte ihm der Schiedsrichter einen Aufschlagfehler unterstellt, ehe Ignatik das Spiel nach 6:7 (5), 6:3 im Match-Tiebreak mit 10:8 für sich entschied.

"Er hat uns in den letzten Jahren immer wieder geärgert", sagt Teammanager Kas über Ignatik

Rund drei Stunden zuvor stand Großhesselohes Teammanager Christopher Kas oberhalb der Tribüne und sagte: "Uladzimir ist hochprofessionell." Ehrgeizig also, akribisch, zielstrebig. Irgendwie klang es abgedroschen, zu oft hat man diesen Satz im Sport schon gehört. Später, nach Spielende, merkte man aber, was Kas meinte.

7:2 hieß es am Ende zwischen Ignatiks TC Großhesselohe und dem TC Weiß-Blau Würzburg. Florian Mayer, das neue Aushängeschild des Klubs, spielte nicht mal. Es sei stets eine Budgetfrage, ihn aufzustellen, erklärte Großhesselohes Präsident Bernard Eßmann. Würzburg, vermutete er schon vor dem Spiel, dürfte auch ohne Mayer zu schlagen sein. Er behielt Recht. Schon nach den Einzeln war das Duell beim Stand von 6:0 entschieden.

Auch Ignatik hatte seinen Teil dazu beigetragen, obwohl Montanes, vor sieben Jahren die Nummer 22 der Welt, ein zäher Gegner war. Nach seinem Sieg sagte Ignatik, er sei froh gewonnen zu haben. Vor beinahe einem Jahr im italienischen Como verlor Ignatik gegen Montanes 4:6, 2:6, "he kicked my ass", sagt er dazu, nun glückte ihm die Revanche.

Wenn Ignatik zwischen den Ballwechseln über den Sandplatz schreitet, dann hat sein Gang etwas Stolzes, er geht aufrecht, breitbrüstig. Man fühlt sich an eine Raubkatze erinnert, die sich gemächlichen, aber bestimmten Schrittes fortbewegt. Sein Spiel auf dem Platz definiert sich über einen harten und präzisen Aufschlag, sein Tennis ist aggressiv, nach vorne gerichtet. Zurückhaltender ist er erst im Gespräch. Ignatik ist ein reservierter Charakter, gerade im Austausch mit der Presse, er sagt Sätze wie: "Wir haben eine starke Mannschaft. Aber wir dürfen nicht die ganze Zeit daran denken, dass wir in die Bundesliga aufsteigen wollen." Oder: "Wir haben noch viele Spiele zu machen."

Ignatik, in Minsk geboren, lebt seit fünf Jahren in Bratislava. Seit diesem Sommer spielt er für Großhesselohe. Zuvor schlug Ignatik für den TC Blau-Weiß Dresden auf, dieser zog sich aber aus der zweiten Bundesliga zurück, offiziell aus sportlichen Gründen, Ignatik aber spricht auch von finanziellen Problemen. Für Großhesselohe ergab sich dadurch die Chance, einen Wunschspieler für sich zu gewinnen. "Er hat uns in den letzten Jahren immer wieder geärgert. Spieler wie er können den Rhythmus vorgeben. Er war immer der beste Spieler der Liga", erklärt Kas. Er bemühte sich, Ignatik für den TCG zu begeistern - und hatte Erfolg.

In Großhesselohe ist er auf Position eins gesetzt, vor Mayer. Denn Ignatik stand vor diesem, als die Rangliste festgelegt wurde. "Zum einzigen Mal in den letzten zehn Jahren", sagt Kas. Ihm gefällt es nicht, dass Ignatik vor Mayer platziert ist, da "Flo unser Einser" ist, so Kas. Ignatiks Können stehe außer Frage. Kas traut dem Weißrussen, derzeit an Position 135, durchaus zu, in die Top 100 einzuziehen, der Teammanager gibt aber zu bedenken: "Er hat sich in den letzten Jahren zwischen 100 und 150 eingependelt, da ist es natürlich schwer." Ignatik selbst nennt die Top 100 "ein nettes Ziel", aber: "Man muss versuchen, entspannt zu bleiben. Sonst klappt es nicht."

Große Töne sind eben nicht seine Art. Großes Tennis in der zweiten Liga dagegen schon.

© SZ vom 24.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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