Tennis:Chancenlos wie Paderborn

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Ehrenpunkt: Tobias Simon gewann als einziger Münchner sein Einzel gegen Bruckmühls Ferreira e Silva. (Foto: Schunk)

Die Zweitligamannschaft des MTTC Iphitos wird im Duell mit dem Aufstiegsfavoriten TC Bruckmühl-Feldkirchen ihrer Außenseiterrolle vollauf gerecht

Von Matthias Schmid, München

Stephan Hoiss rannte gerade von einer Ecke in die andere, er schwitzte, er kämpfte, als plötzlich diese verblüffende Durchsage kam. "Hier spricht der Oberschiedsrichter, weil die Rezeption ein wenig schüchtern ist", sagte die Stimme, die jeder am Sonntagmittag auf der Anlage des MTTC Iphitos vernehmen konnte. Es war 12.20 Uhr. Auch der Münchner Zweitligaspieler Hoiss hörte sie, der gerade mitten im Ballwechsel steckte und die Chance hatte, seinem Gegner vom TC Bruckmühl-Feldkirchen den Aufschlag abzunehmen. Die Stimme klang laut und selbstbewusst. "In zehn Minuten findet das Spitzeneinzel zwischen Tobias Simon und Frederico Ferreira e Silva statt", ging die Ansage weiter: "Auf Platz vier". Auf Platz vier? Da spielte doch gerade noch Hoiss. Er lag gegen den Franzosen Julien Obry zwar 1:6, 1:5 hinten, aber er hatte sich noch längst nicht aufgegeben. Es waren lange, intensive, teilweise irre Ballwechsel, die die beiden zeigten, als die Durchsage kam. Die Leute wunderten sich, Hoiss schüttelte den Kopf, nachdem er auf 2:5 verkürzt und neben seinem Trainer Uli Sprenglewski auf der Bank Platz genommen hatte. "Das war Wahnsinn", sollte Hoiss hinterher sagen. So etwas habe er nie zuvor erlebt. Zehn, 15 Minuten nach der Spielansetzung des Oberschiedsrichters stand der 25-Jährige noch immer auf Platz vier und spielte, es hieß nur noch 3:5 aus seiner Sicht, er war nah dran, hatte sogar noch die Chance zum 4:5, als er das Match dann noch verlor. Das war um 12.41 Uhr.

Die kleine, aber erstaunliche Anekdote verdeutlicht, dass die Münchner es in dieser Saison schwer haben in der zweiten Liga, alles scheint sich gegen sie verschworen zu haben. Selbst der neutrale Oberschiedsrichter. Sie warten auch nach der 1:8-Niederlage gegen den Tabellenersten Bruckmühl-Feldkirchen (Landkreis Rosenheim) weiter auf ihren ersten Sieg im Jahr eins nach dem Aufstieg, vier Partien sind gespielt, die Hälfte der Runde vorüber. "Wir haben hin und wieder herausragende Einzelergebnisse geschafft, aber wir haben die Leistungen noch nie an einem Spieltag abrufen können", findet Chefcoach Sprenglewski. In der Tat weisen Tobias Simon und Hoiss auf den Positionen eins und zwei ausgeglichene Bilanzen auf. Auch Richard Malobicky erregte mit einem Sieg gegen den bayerischen Meister Hannes Wagner (Großhesselohe) Aufsehen.

Gegen Bruckmühl, das unbedingt in die erste Liga strebt, hatte allerdings niemand ernsthaft mit dem ersten Saisonerfolg spekuliert, das war so ausgeschlossen wie ein Sieg von Paderborns Fußballern in der vergangenen Saison gegen den FC Bayern. Iphitos ist sogar noch ein größerer Außenseiter als Paderborn. Der MTTC hat bisher auf den vorderen Positionen auf ausländische Fachkräfte verzichtet. Jeder in der Liga bietet welche auf, Bruckmühl tritt sogar mit sechs Ausländern an. Iphitos nicht. "Wir wollen unsere eigenen Spieler dafür belohnen, dass sie im vergangenen Jahr aufgestiegen sind", sagt Sprenglewski. Das ist ein hehrer Ansatz in einer Liga, in der sich vornehmlich Berufssportler tummeln. Auch beim MTTC versuchen sich Simon, der gegen Bruckmühl als einziger sein Einzel in drei Sätzen gewinnen konnte, oder auch Stephan Hoiss auf der Profitour. In der Mannschaft beginnen wegen dem Ungleichgewicht schon die ersten zu murren, sie wünschen sich, dass der Klub sie insoweit unterstützt, dass der Klassenverbleib nicht so unwahrscheinlich bleibt wie ein deutscher Sieg in Wimbledon. Kein Sportler verliert gerne - und jede weitere Niederlage zehrt mehr am ohnehin angeknacksten Selbstbewusstsein.

Sprenglewski mag indes nichts Verwerfliches an der Strategie erkennen, ausschließlich auf einheimische Spieler zu setzen. Im Gegenteil: "Die Spiele gegen Uttenreuth und Reutlingen hätten wir gewinnen können." Doch auch dem Cheftrainer ist nicht verborgen geblieben, das sich seine Mannschaft leichter täte, wenn alle ein, zwei Positionen nach hinten rutschen und vorne ein oder zwei Ausländer aufschlagen würden. "Wir werden uns in jedem Fall noch verstärken", verspricht Sprenglewski. Vor allem im nächsten Spiel gegen den TEC Waldau Stuttgart soll das der Fall sein. Auch die Schwaben haben bisher alles verloren und spielen mit einer deutschen Nummer eins.

© SZ vom 27.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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