Tennis:Die langen Schatten der Church Road

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Garching steigt aus der Bundesliga ab, auch weil Spitzenspieler Alexander Satschko zu viel im Welttennis unterwegs ist. Ob der Konkurrent Iphitos sogar das Finalturnier erreicht, hängt ebenfalls von Wimbledon ab

Von Matthias Schmid, München

Die Championships im All England Lawn Tennis and Croquet Club beeinflussen die deutsche Herren-30-Bundesliga viel mehr, als es auf den ersten Blick vielleicht erscheinen mag. Es ist jetzt natürlich nicht so, dass Roger Federer mit seinem zeitlos schönen Stil die Zuschauer beim STK Garching entzückt, auch lässt Tommy Haas beim MTTC Iphitos lieber seinem Trainer Alexander Waske den Vortritt, als dort selbst aufzuschlagen. Doch zumindest hat bei den Garchingern in dieser Saison ein Profi gespielt, der es in Wimbledon ins Hauptfeld des bedeutendsten Tennisturniers der Welt schaffte: Alexander Satschko. Gemeinsam trifft er dort mit seinem Partner Gero Kretschmer in der ersten Runde auf das weltbeste Doppel Mike und Bob Bryan.

Doch die Garchinger müssen nicht mehr darauf hoffen, dass der Weltranglisten-84. früh verliert und so ihre Mannschaft an Position eins verstärken kann. Der Aufsteiger hat spielfrei - und steht bereits vor dem letzten Spieltag am Sonntag als Absteiger fest. "Wenn Alexander häufiger für uns gespielt hätte, wären wir ziemlich sicher drin geblieben", glaubt Garchings Mannschaftsführer Felix Hutt. Im Nachhinein lässt sich seine These natürlich nur schwer widerlegen, aber in der Liga gilt sie nicht für allzu gewagt. "Die Garchinger haben sicher keine schlechte Truppe", sagt Iphitos-Spieler Uli Kiendl, "sie hatten nur das Pech, dass sie vorne nicht so viele sehr gute Spieler gemeldet haben wie wir."

Die Meldeliste ist wahrlich der größte Unterschied zwischen dem MTTC und Neuling Garching, der alle sechs Saisonspiele verlor. Die Münchner haben Ausfälle ihrer Spitzenspieler Waske, Michael Kohlmann oder Lars Uebel so gut ausgleichen können, dass sie sich mit einem Sieg an diesem Sonntag beim STL Lohfelden sogar noch für die Endrunde um die deutsche Meisterschaft qualifizieren können. "Unsere Strategie, ausschließlich auf Satschko zu setzen, ist dagegen leider nicht aufgegangen, weil sein Turnierkalender nicht mit der Herren-30-Bundesliga in Einklang zu bringen war", sagt Hutt. Die Garchinger haben die Reiserei des Tennisprofis unterschätzt, nicht richtig bedacht, dass er auf anderen Kontinenten unterwegs ist, nachdem sie im dritten Anlauf endlich in die Beletage aufgestiegen waren. Doch das Gesamtpaket schien perfekt, zu verlockend für den Klub, der nie zuvor in der Bundesliga spielte. Satschko ist nicht nur ein exzellenter Doppelspieler, sondern auch im Einzel stark genug, um in der ersten Liga an der Spitzenposition zu gewinnen. "Mit ihm konnten wir im Doppel immer einen sicheren Punkt einplanen", sagt Hutt, er selbst war auch mal in den Genuss gekommen, mit Satschko zu spielen. "Da schlägst du dann plötzlich Gegner, die viel besser sind als du", hat Hutt festgestellt.

Auch der MTTC Iphitos hat sich nicht zuletzt durch seine besondere Doppelstärke die Chance erhalten, am letzten Spieltag als Gruppenzweiter noch das Endturnier der besten vier Mannschaft in Ratingen (5./6. September) zu erreichen. "Damit hatten wir nicht mehr gerechnet, nachdem wir unser erstes Saisonspiel in Erlangen verloren hatten", sagt Kiendl. Doch mit vier Siegen nacheinander, darunter gegen den Tabellenführer Bruckmühl-Feldkirchen, haben die Münchner nun sogar die Möglichkeit, den zweiten deutschen Mannschaftsmeistertitel in der Vereinshistorie zu gewinnen. "Das ist im Klub schon großes Gesprächsthema und nun unser Ziel", sagt Kiendl. Es liegt lange zurück, dass ein Münchner Klub die deutsche Mannschaftsmeisterschaft errungen hat. 25 Jahre sind genau vergangen, als Michael Stich die Iphitos-Herren zum bisher einzigen Titel führte. Der Herren-30-Bundesliga kommt natürlich nicht die gleiche Bedeutung zu, "doch Titel ist Titel und für den Klub immer eine Auszeichnung", urteilt Kiendl.

Wer am Sonntag bei den Münchnern spielt, hängt auch von den Ergebnissen an der Church Road im Südwesten Londons ab. Nach der Zweitrundenniederlage von Haas gegen Milos Raonic ist es sehr wahrscheinlich, dass Waske mitmischen wird. "Wir können in jedem Fall zwei sehr gute Spieler aufbieten", sagt Kiendl. Die Ausgeglichenheit des Kaders ist in dieser ausgeglichenen Liga ein entscheidender Vorteil.

Diese Lektion haben die Garchinger gelernt. Sie wollen wiederkommen, aber nächstes Mal wollen sie sich nicht auf einen Spitzenspieler verlassen, der ständig um den Erdball fliegt, sondern mehrere Profis vorne melden, die auch Zeit haben für Abstecher nach Garching. "Bundesliga zu spielen hat Spaß gemacht", sagt Hutt, "wir wollen sofort den Wiederaufstieg schaffen." Der MTTC Iphitos hat dagegen ganz andere Ziele und will in diesem Jahr noch Vereinsgeschichte schreiben.

© SZ vom 02.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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