SZ-Talentiade:Landung in den Bergen

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Junger Hüpfer: Maximilian Goller, 14, aus Puchheim. (Foto: oh)

Im Österreich-Urlaub hat Maximilian Goller aus dem flachen Puchheim das Skispringen entdeckt. Nun zählt er zu den größten Nachwuchshoffnungen des Deutschen Skiverbands.

Von Karl-Wilhelm Götte, Puchheim

Es ist Badeseewetter, auch ein Ausflug in die Berge könnte sich lohnen. Maximilian Goller kommt gerade aus der Ramsau am Dachstein zurück. Allerdings war er dort nicht zum Klettern. Sondern zum Skispringen. Längst ist diese nordische Disziplin ein Ganzjahressportart geworden, selbst für 14-jährige Schüler. In Ramsau befindet sich ein nordisches Skizentrum Österreichs, dort steht eine Mattenschanze. "Dort trainieren wir sehr oft", erzählt Goller, der einen Talentiade-Preis der Süddeutschen Zeitung gewonnen hat.

Im Winter Schnee, im Sommer Matten, daran hat sich der Schüler des Skiinternats in Berchtesgaden längst gewöhnt. "Das ist kein Unterschied zum Winter, das rutscht genauso", sagt der junge Puchheimer. Die Mattenschanze habe sogar einen Vorteil: Bei einem Sturz rutsche der Springer nur weg, im Schnee ist die Gefahr größer, dabei noch die Ski zu verkanten, was zu schlimmen Verletzungen führen kann. An besonders heißen Tagen bleibt Skispringen dennoch gewöhnungsbedürftig, auch für Maximilian Goller, eine der größten Nachwuchshoffnungen des Deutschen Skiverbandes (DSV): Schweißtreibend ist es unter dem Springeranzug. "Natürlich ist es schöner, im Winter zu springen", gesteht er.

Im Internet kann man Videos von seinen Sprüngen sehen, aus Garmisch-Partenkirchen oder Rastbüchl im Bayerischen Wald. An Rastbüchl hat Goller, der dem D/C-Nachwuchskader angehört, gute Erinnerungen. Dort hat er vergangenen Winter im Schülercup gewonnen und die Konkurrenz aus den Springerhochburgen in Thüringen, Ruhpolding und Oberstdorf hinter sich gelassen. In der Gesamtwertung des Schülercups wurde Goller Fünfter.

Große Schanzen schrecken ihn längst nicht mehr. Seine bisher beste Weite waren 112 Meter im österreichischen Stams, wo die jungen Springer aus Berchtesgaden ebenfalls oft trainieren. Im Schülercup ist noch die 70-Meter-Schanze die Norm. Im kommenden Winter startet Goller im Jugend-Deutschland-Cup. Da gilt es, sich auf der 90-Meter-Schanze zu bewähren.

Seit September besucht Maximilian Goller das Skiinternat in Berchtesgaden. Das hat vieles erleichtert, aber auch manches schwieriger gemacht. "Für die Eltern ist es schon schwer, wenn das einzige Kind aus dem Haus ist", sagt Vater Ralph Würtele mit etwas Wehmut in der Stimme. Manchmal legt die komplette Familie für ihn einen Wochenend-Urlaub ein, wie kürzlich im Stubaital. Die wettkampffreien Wochenenden verbringt Maximilian Goller meist daheim in Puchheim. Früher hatten ihn die Eltern, meist seine Mutter Susanne Goller, dreimal pro Woche nach Garmisch-Partenkirchen ins Skisprungstadion zum Training gefahren. Ein Aufwand, der allen viel Energie abverlangte.

Puchheim liegt im Landkreis Fürstenfeldbruck, es grenzt an die Landeshauptstadt, es ist flach dort. Seine Leidenschaft fürs Skispringen hat Maximilian Goller im Österreich-Urlaub entdeckt. Als Achtjähriger sei er dort auf einer kleinen Schanze gesprungen, erzählt er, seinen Freund Patrick Svinger zog er mit. Der kommt ebenfalls aus Puchheim, ist ein Jahr jünger und wird im September aufs Sportinternat Oberstdorf wechseln. Die beiden Jungs fanden zunächst beim SC Auerbach zwischen Freising und Erding eine sportliche Heimat, dem einzigen Ort nahe München, wo wettkampfmäßig Skispringen stattfindet. "Die beiden sind sportliche Talente in jeder Hinsicht", schwärmte Hans Steinbauer, Auerbachs Springertrainer, schon damals, als sich die Jungen dort mit neun Jahren vorstellten.

Goller lernte die Sprungtechnik schnell, der V-Stil habe vieles erleichtert. "Vor dem Absprung drehen sich die Fußspitzen automatisch nach außen", erläutert der Trainer. Für Außenstehende scheint jeder Skisprung eine Mutprobe zu sein, für die Kinder, die früh beginnen, ist es bald ein angstfreier Vorgang. Bald hielt Maximilian Goller mit den "Alpenkindern" mit, begann sie zu besiegen, sein Zimmer war voller Pokale. Als ihm die drei Schanzen beim SC Auerbach zu klein wurden, wechselte er zunächst zum SC Partenkirchen und schon ein Jahr später ins Skigymnasium Berchtesgaden.

Dort steht jeden Tag Skispringen oder Training auf dem Programm. Von 8 bis 13 Uhr ist Unterricht, nach dem Mittagessen beginnt der Sport. Kraft-, Ausdauer-, Stabilisierungsübungen, Springen. 18 Uhr Abendessen, danach ist Zeit zum Lernen. Latein ist sein Lieblingsfach. Im September kommt er in die neunte Klasse. "Abends spielen wir in der Halle Fußball oder vergnügen uns an der Playstation."

Im Training klappt es schon gut mit den 90-Meter-Schanzen, die Goller nun im Jugendcup erwarten. Es hilft natürlich auch, wenn ihm im Internat ein junger deutscher Teamweltmeister über den Weg läuft. Vorbild Andreas Wellinger motiviert alle Nachwuchsspringer dort. "Ich sehe ihn beim Essen, in der Freizeit und beim Training", erzählt Goller. "Das ist schon cool." Wellinger hat das Abitur bestanden und verlässt das Internat. Gollers Traum ist natürlich auch der Weltcup - und Olympia. 2018 kommt wohl zu früh, aber 2022 hätte er das passende Alter. Der Flachländer wäre dann gerne ganz oben.

Bisher erschienen: VV Ingelsberg (20.6.), Sydney Lohmann (22.6.), Victoria Kothny (25.6.), Amelie Döbler (27.6.), Valentin Müller (2.7.), Isabel Baumann (6.7.), Johann Kaiser (7.7), Martina Willibald (9.7.), Lea Winkler (10.7.)

© SZ vom 13.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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