Sportschießen:Mindestens Halbfinale

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Die HSG München startet ohne die Heise-Zwillinge, aber mit Topschützin Dorjsuren in die Luftpistolen-Bundesliga

Von Julian Ignatowitsch, München

Wie gut, dass der Schießsport kein Millionengeschäft ist wie der Fußball. Detlef Polter kann deshalb ganz entspannt auf das Auftaktwochenende der Luftpistolen-Bundesliga blicken. Polter ist Trainer der HSG München. Dass ihm wie im Vorjahr zwei hochkarätige Schützen fehlen, die eigentlich Mitglieder im Verein sind, findet er "nicht so schlimm". Etwas komisch sei die Situation schon, sicher, aber so sei es nun einmal. Noch komischer wird sie, weil die Zwillinge Andreas und Michael Heise, um die es hier geht, gleich im ersten Wettkampf der neuen Saison mit der Sgi Waldenburg die HSG empfangen. "Sie trainieren ja fast täglich mit uns, sind Teil des Vereins, nur in der Bundesliga stehen sie für Waldenburg am Schießstand", erklärt Polter. Und dann sagt er: "Aber Schießen ist ja kein Millionengeschäft."

Die Abmachung wurde bereits im vergangenen Jahr getroffen: In der Bundesliga starten die Heise-Zwillinge für Waldenburg, alle anderen Wettbewerbe bestreiten sie für die HSG. "Die Entscheidung wurde so getroffen und es ist eine gute Entscheidung", meint Vater und Manager Jürgen Heise dazu. Zu den genauen Gründen wollen beide Seiten weiterhin nicht allzu viel sagen. Waldenburg ist indes Titelverteidiger, insofern sind die in München lebenden Zwillinge mit der Schützengilde sportlich besser gestellt, als es in München der Fall wäre. Von einem inneren Konflikt seiner Söhne will der Vater aber nichts wissen: "Das ist kein Problem."

Ob die HSG denn mit Andreas und Michael Heise stärker besetzt wäre? "Vermutlich", meint Polter knapp und schiebt schnell nach: "Wir haben auch so eine sehr starke Mannschaft". Das Team ist größtenteils zusammengeblieben und konnte noch einmal verstärkt werden. Bester Zugang ist Munkhbayar Dorjsuren. Die 45-jährige Deutsch-Mongolin hat in der Schützenwelt einen großen Namen. Bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking holte sie als erste deutsche Pistolenschützin überhaupt eine Medaille, Bronze. Sie lebt und trainiert schon lange in München, erzählt Polter, und er habe "nicht locker gelassen". Jetzt sei es ihm endlich gelungen, sie vom SV Kelheim zu seinem Verein zu lotsen. Am ersten Wettkampfwochenende ist sie gleich am Start.

Lebt in München, trainiert in München - und schießt auch für München: Olympia-Medaillengewinnerin Munkhbayar Dorjsuren hat sich der HSG angeschlossen. (Foto: Imago)

Paradoxerweise startet Dorjsuren als wohl Beste im Team zunächst auf der hintersten Position fünf. Das liegt daran, weil sie in der Vorsaison keinen Bundesliga-Wettkampf geschossen hat und deshalb mit dem niedrigsten Ergebnisschnitt geführt wird. Die Setzliste beim Sportschießen ergibt sich immer aus den letzten Ligaergebnissen. Das könnte ein Vorteil für die HSG sein. Zudem ergibt sich daraus ein anderer Konflikt, der wieder mit der eingangs geschilderten Situation zu tun hat. Dorjsuren, die 22 Jahre älter als die Heise-Brüder ist, war für sie stets Vertrauensperson und sportliche Mentorin. An Position fünf ist bei Waldenburg Michael Heise gelistet, ein direktes Duell ist möglich. "Mal schauen, wie die Trainer darauf reagieren", meint Jürgen Heise. "Gut möglich, dass Michael gegen die HSG aussetzt."

Die Münchner planen jedenfalls keine Umstellungen. Bei ihnen steht weiterhin der serbische Olympiasieger Andrija Zlatic an Position eins. Dahinter werden wohl der erfahrene Arben Kucana, Tobias Heider und Johann Walser zum Zug kommen. "Wir wollen besser abschneiden als in der Vorsaison, wo wir in der Finalrunde schon im Viertelfinale ausgeschieden sind", formuliert Polter forsch das Saisonziel. Das Wort Meisterschaft will er zwar nicht in den Mund nehmen, aber es schwingt irgendwie in seinen Worten mit. Denn mit der Bulgarin Antoaneta Boneva, die als internationale Topschützin offiziell nur in der zweiten Mannschaft gemeldet ist, hat die HSG ein weiteres Ass im Ärmel und kann mit verdeckten Karten spielen. Schießsport ist zwar kein Millionengeschäft, getrickst und geschachert wird aber trotzdem.

© SZ vom 07.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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