Sportschießen:Besser geht nicht

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Luftgewehr-Olympiasiegerin Katerina Emmons geht mit dem "Bund" München als Favoritin ins Bundesliga-Finale

Von Julian Ignatowitsch, München

Das perfekte Ergebnis. Im Schießsport ist das so etwas wie ein geheimer Code, den es zu entschlüsseln gilt. Schützen, denen das auf der großen Bühne gelungen ist, sind rar. Katerina Emmons ist eine, die es einst sogar auf der größtmöglichen Bühne geschafft hat. Bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking traf die Tschechin ausschließlich ins Schwarze, erzielte die maximale Ausbeute von 400 Ringen und gewann die Goldmedaille. "Mein Traum wurde wahr", erinnert sich Emmons an den unvergesslichen Moment. Welt- und Olympiarekord: Sie war die erste - und dank einer neuen Regel - letzte Schützin, der dieses Kunststück bei Weltspielen gelang. "Ein überragendes Jahr, besser kann man nicht schießen", sagt sie heute selbst.

Jetzt tritt Emmons für den "Bund" München im Luftgewehr-Bundesligafinale an, das an diesem Wochenende in Rotenburg an der Fulda stattfindet. Allein die Teilnahme von Emmons macht München schon zum Favoriten. 2011 war "Der Bund" zuletzt Meister, in den vergangenen zwei Jahren triumphierte jeweils der Stadtkonkurrent HSG, aber der ist diesmal gar nicht qualifiziert. Nach dem enttäuschenden Viertelfinal-Aus im Vorjahr hält sich Teammanager Simon Muschiol mit der Ankündigung großer Ziele zurück. "Wir wollen weiterkommen als im letzten Jahr", sagt er. "Dann schauen wir." Doch auch er weiß: "Mit Katerina haben wir natürlich eine exzellente Schützin dabei und sind noch stärker." Emmons wird natürlich an Position eins schießen.

Sechs Jahre nach ihrem magischen Auftritt gehört Emmons immer noch zu den Besten ihres Fachs, Teamkollegin Barbara Engleder, selbst Weltmeisterin, nennt sie weiterhin "die beste Schützin der Welt". Sie hat Emmons auch überredet, in der Bundesliga für den "Bund" zu starten. "Barbara und ich sind gute Freunde", erklärt Emmons, die seit 2007 mit dem amerikanischen Profischützen Matthew Emmons verheiratet ist. "Barbara hat Matt und mich gefragt. Er war sofort begeistert und wollte, dass wir beide für das Team antreten. Ich war mir anfangs nicht sicher, ob das zeitlich klappt, wir haben ja auch zwei Kinder." Schließlich hätten sie doch zugesagt. Matthew Emmons ist ebenfalls Goldmedaillengewinner. Noch bemerkenswerter: Auch er hat schon bei einem offiziellen Turnier das perfekte Ergebnis erzielt. Das perfekte Schützenpaar also. Jetzt ist Katerina im Finale dabei, doch ihr Mann hat keine Zeit; er bereitet sich auf ein wichtiges internationales Turnier vor.

Matthews Schwerpunkt liegt nicht auf der Disziplin Luftgewehr, sondern im Kleinkalibergewehr, mit dem er seine größten Erfolge erreichte. Er hat in dieser Saison bereits einen Wettkampf für den "Bund" absolviert - und gewonnen. Zusammen hätte das Ehepaar Emmons beim Finale sowieso nicht schießen können, da die Ausländerregel nur den Einsatz eines internationalen Schützen pro Wettkampf erlaubt. Und Katerina ist am Luftgewehr eindeutig die Bessere, insofern sind alle Beteiligten mit der Lösung zufrieden.

"Jeder von uns hat seinen eigenen Weg", erklärt Katerina das Verhältnis zum Sport im Hause Emmons. "Natürlich sprechen wir über den Schießsport, aber in der heißen Phase verhalten wir uns unterschiedlich, wir bereiten uns verschieden vor. Jeder respektiert die Meinung des anderen, das mussten wir zu Beginn erst lernen", sagt sie. Das Paar lebt in Colorado Springs, USA, gleich in der Nähe des Olympiatrainingszentrums, reist für den Sport jedoch häufig in ihre Heimatstadt Pilsen. Die Prioritäten haben sich für die Mutter mit dem Familienleben aber auch verschoben. "Es gibt mittlerweile andere Dinge in meinem Leben. Ich genieße die Zeit mit meinem Mann und meinen zwei Kindern, und arbeite zudem als Wellness Coordinator für eine amerikanische Firma."

Olympia 2016 ist trotzdem das gemeinsame Ziel von Katerina und Matthew Emmons. Die Bundesliga ist in dieser Hinsicht keine schlechte Standortbestimmung, "einer der härtesten Wettbewerbe", sagt sie. Denn hier schießen zahlreiche internationale Spitzensportler und Titelträger, wie zum Beispiel der Ungar Peter Sidi (Weltmeister 2010) oder die Italiener Niccolo Campriani (Olympiasieger 2012) und Petra Zublasing (Weltmeisterin 2014). Letztere wird gleich im ersten Duell mit der TuS Hilgert Emmons' Gegnerin sein. "Wir sind gute Freundinnen. Ich wünsche ihr das Beste, aber mir ein bisschen mehr", sagt Emmons und lacht.

Vom Titel trennen den Bund drei Siege. Vom perfekten Ergebnis jeden Schützen 40 Schuss. Katerina Emmons weiß, wie es geht.

Pistolenschützen tröten sich warm

Am Donnerstag haben sie bei der HSG München noch einmal geübt. Nicht irgendwie, sondern unter besonderen Bedingungen. Spezialtraining stand für die Luftpistolenschützen auf dem Plan vor dem Finale in Rotenburg. "Wir haben den Lärm und die Stimmung nachgestellt - und im Modus eins gegen eins geschossen", erklärt Mannschaftsführer Helmut Fischer, der das Team beim Meisterschaftsfinale zusammen mit Trainer Detlef Polter betreut. So standen die Vereinsmitglieder mit Tröten und Ratschen hinter dem Schießstand, aus den Boxen wummerte Musik, und die Sportler maßen sich im direkten Vergleich mit ihrem Nebenmann. Finalatmosphäre eben.

"Die Ergebnisse waren sehr positiv", beurteilt Fischer die Generalprobe. "Im Schnitt über 380 Ringe, in der Spitze sogar bis 387" - so gut hatten die Münchner die ganze Saison hinweg nicht geschossen, auch wenn der Trend zumindest in den vergangenen Wochen stark nach oben zeigte. Gerade so hatte die HSG mit vier Siegen in Serie nach einem verkorksten Saisonstart überhaupt noch die Endrunde erreicht. Zu verdanken war die Kehrtwende im Wesentlichen zwei Athleten, die vor der Saison niemand auf dem Zettel hatte: Benjamin Munkhart und Antoaneta Boneva.

Beide hatten zu Beginn der Saison noch in der zweiten Mannschaft geschossen. Nun führen Munkhart und Boneva die erste Mannschaft als Nummer eins und zwei in die entscheidenden Wettkämpfe - und das bei ihrer ersten Finalteilnahme überhaupt. "Ich war einmal als Zuschauer dabei", erzählt Munkhart, der in Ingolstadt BWL studiert. "Allein von der Stimmung her ist das Finale nicht mit den regulären Wettkämpfen zu vergleichen." International hat der 20-Jährige kaum Erfahrung, anders als die vielen Weltklasseschützen, mit denen er sich nun an der vordersten Position messen muss. Eigentlich war Dorjsuren Munkhbayar bei den Münchnern für diese Rolle eingeplant, aber sie enttäuschte bisher und startet deshalb, wenn überhaupt, an einer der hinteren Positionen.

Lauter, größer, bunter, so stellt sich das Finale dar. Wie Munkhart mit der Situation umgeht? "Ich konzentriere mich ganz auf mich, rede mir selbst gut zu und blende das Drumherum aus." Der positive innere Monolog soll gegen die Nervosität helfen - und gegen die vielen Tröten und Ratschen. ign

© SZ vom 07.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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