Segeln:Rekordmeisterlich

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Der Deutsche Touring Yacht-Club Tutzing bringt souverän einen Vorsprung ins Ziel und gewinnt in Hamburg erstmals den Titel in der Segel-Bundesliga

Von Julian Ignatowitsch, München/Tutzing

Patrick Follmann stand bei seinen Teamkollegen und reckte mit weit aufgerissenem Mund die Schale in den Hamburger Abendhimmel. So wie 14 Jahre zuvor ein gewisser Oliver Kahn, als der FC Bayern beim HSV seine 17. Meisterschaft feierte ("Da ist das Ding!"). Der Vergleich drängte sich auf: Schon die Trophäe für den deutschen Segelmeister erinnert stark an die berühmte Salatschüssel. Doch mehr noch war es Follmanns Pose. Eine Eckfahne wie Kahn hatte er zuvor zwar nicht ausgerissen, doch Grund zum ekstatischen Jubel hatte er allemal: Der Deutsche Touring Yacht-Club (DTYC) aus Tutzing ist zum ersten Mal Meister der Segel-Bundesliga. Eine "großartige Mannschaftsleistung" der Crew mit Steuermann Julian Stückl, Luis Tarabochia und Phil Blinn, sagte Taktiker Follmann. Gleich hinter der Teilnahme bei den Olympischen Spielen ordne er diesen Erfolg ein. Im Team zu gewinnen, sei besonders schön, wo Segeln sonst eher ein Individualistensport sei.

So spannend wie 2001 das Fußball-Meisterschaftsfinale, das erst mit einem Freistoß in letzter Sekunde entschieden wurde, war der letzte Spieltag bei den Seglern nicht. Ungleich souveräner zeigte sich Tutzing in dieser Saison, eher wie die Bayern 2015. Seit der ersten Regatta lagen die Tutzinger in Führung. Ein souveräner dritter Platz beim Saisonfinale in Hamburg reichte, um den großen Vorsprung ins Ziel zu bringen. Am Ende war der DTYC neun Punkte besser als Verfolger Berlin und gar 18 Punkte vor dem Titelverteidiger Norddeutscher Regatta Verein (NRV). "Wir sind gut gestartet, waren extrem konstant und haben am Ende die Nerven bewahrt", sagte Follmann. "Und wir haben einfach ein sehr, sehr gutes Team." Elf Mann aus dem 14er-Kader kamen in dieser Saison zum Einsatz, Trainer Norbert Wagner konnte sorgenfrei wechseln. Pep lässt grüßen.

Der Vergleich mit dem FC Bayern passe dann aber doch nicht so ganz, sagte der Vorsitzende des DTYC, Wolfgang Stückl: "Vom Etat her rangieren wir eher in der unteren Hälfte der Liga." Das ist im Segelsport, wo viel privat finanziert wird, zwar nicht allzu aussagekräftig. Aber mit einem Durchschnittsalter von nicht mal 24 Jahren hat der DTYC eines der jüngsten Teams. Deshalb bekam der Verein zusammen mit der Meisterschale im Alten Rathaus von Hamburg gleich noch die Auszeichnung "Verein des Jahres" verliehen.

Die Aussichten sind dementsprechend gut. In der Bundesliga, die es erst seit drei Jahren gibt, hat sich Tutzing schnell an die Spitze gekämpft - und will dort bleiben. Auch in der Champions League hat das Team schon Erfahrung gesammelt, wurde Fünfter. Vielleicht gelingt demnächst der große Erfolg auf europäischen Gewässern. Der Auftakt zur neuen Saison ist wieder zu Hause am Starnberger See. "Dort haben wir auch dieses Jahr gewonnen, besser kann es also nicht losgehen", sagte Stückl.

Die lokale Konkurrenz vom Münchner Yacht-Club (MYC) haben die Tutzinger abgehängt. Immerhin erreichte der MYC mit einem starken letzten Wettkampf noch Platz fünf. Nach verkorkstem Saisonstart drohte das Team im Mittelmaß zu versinken, ehe es noch die Wende schaffte. In Tutzing bemüht man da lieber noch einmal den Vergleich mit dem FC Bayern: "Wir sind zwar noch nicht Rekordmeister, wollen es aber werden", sagt Julian Stückl. Und sie sind auf einem guten Weg. Den Rekord hält aktuell der NRV - mit zwei Titeln.

© SZ vom 02.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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