Schwimmen:Raue See vor Rio

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Huch, warum schauen jetzt alle so? Die SG-Schwimmerin Alexandra Wenk will sich am Donnerstag bei der DM in Berlin für die Olympischen Spiele qualifizieren. (Foto: dpa)

Die Kritik der Spitzenathleten Alexandra Wenk und Florian Vogel wegen der Sanierung des Olympiabads kommt bei Sponsor Stadtwerke nicht gut an. Auch Klubchef und Stützpunkttrainer finden die Aussagen "etwas unglücklich" - man sei in die Pläne eingebunden gewesen

Von Sebastian Winter, München

Zwei Tage sind es noch bis zur deutschen Meisterschaft der Schwimmer in Berlin, die in diesem Jahr so richtungsweisend ist. Von Donnerstag bis Sonntag kämpfen die besten Athleten auf der 50-Meter-Bahn in der Schwimm- und Sprunghalle des Europasportparks nicht nur um den nationalen Titel, sondern auch um die Olympia-Qualifikation für Rio - die dann noch in einem Überprüfungswettkampf im Juli bestätigt werden muss. Die SG Stadtwerke München, der laut Medaillenspiegel stärkste Klub des Vorjahres, reist mit einer großen Delegation von 31 Sportlern, drei Trainern, einem Physiotherapeuten und erstmals auch einer Sportpsychologin an - verpackt in vier Kleinbussen, die am Mittwoch und Donnerstag Richtung Hauptstadt aufbrechen.

Die Sportpsychologin ist womöglich ganz sinnvoll in diesem Jahr. Weil eine ganze Handvoll SG-Schwimmer Chancen auf eine Olympiateilnahme hat und es bei der Erfüllung der Normzeiten mitunter nur um Wimpernschläge geht. Und auch, weil die Stadtwerke als Hauptsponsor der SG gerade nicht unbedingt gut auf ihre beiden großen Olympiahoffnungen Alexandra Wenk und Florian Vogel zu sprechen sind. Denn die Werbeträger haben vor der DM eine Debatte über die Schließung der Olympia-Schwimmhalle angestoßen.

Wenk und Vogel hatten am vergangenen Samstag im Interview mit der Süddeutschen Zeitung harsche Kritik an der Renovierung des Bades so kurz vor den Spielen und einer damit verbundenen Trainingsbeeinträchtigung geübt. Das Bad schließt von 9. Mai bis Ende Mai komplett, danach herrscht eingeschränkter Schwimmbetrieb, wobei die SG-Schwimmer bevorzugt werden. "Es ist alles überhaupt nicht optimal. Ausgerechnet jetzt, wo man Athleten mit Olympiachancen in der Halle hat, finde ich das mehr als kritisch", hatte Vogel gesagt und sich zugleich über mangelhafte Kommunikation mit den Stadtwerken beklagt. Wenk, die auch persönlich von den Stadtwerken, die die Münchner Bäder betreiben, gesponsert wird, findet den Zeitpunkt der Schließung "einfach blöd. Ich hätte es gut gefunden, wenn man gesagt hätte: Wir machen die Sanierung erst nach den Spielen".

Die Stadtwerke sind ganz und gar nicht begeistert von diesen Aussagen, am Montagmorgen telefonierte Bäderchefin Christine Kugler mit SG-Stützpunkttrainer Olaf Bünde und teilte auch ihm ihren Unmut mit. "Schwierig" findet Kugler die Aussagen der Athleten, "sie entsprechen schlicht und einfach nicht der Wahrheit". Die Stadtwerke seien seit mehr als einem Jahr mit der SG zu diesem Thema im Gespräch, mit den Trainern wie mit dem Vorstand. Der Start zur Sanierung der Olympia-Schwimmhalle sei wegen der DM extra auf Bündes Wunsch hin um eine Woche nach hinten verlegt worden, um die Vorbereitung nicht zu stören. "Auf unsere Initiative hin sind erst professionelle Strukturen entstanden, weil wir mit dem Olympiastützpunkt ein Leistungssportkonzept erarbeitet haben. Das ist der Grund, warum seit fünf Jahren endlich wieder etwas geht im Münchner Schwimmen", sagt Kugler. Und: "Die Sanierung beeinflusst die Vorbereitung nicht." Zugleich betont die Bäderchefin, dass die Stadtwerke weiterhin hinter der SG stünden: "Es gibt kein böses Blut und ich wünschen den Athleten alles Gute für die DM."

Der Etat der Stadtwerke für die Schwimmstart-Gemeinschaft beträgt dem Vernehmen nach rund 150 000 Euro, das Konzept ist elitär ausgelegt, das heißt: Die Sportler, die davon profitieren, sollen den Sprung in die Spitze schaffen - gerne auch international. Wenk und Vogel sind Schwimmer, die dort gerade ankommen. Und eine ganze Handvoll weiterer SG-Athleten hat Chancen auf eine Olympiateilnahme oder zumindest eine DM-Medaille, so viele wie wohl nie zuvor: neben Vogel (über 400 Meter Freistil) und Wenk (über 100 Meter Schmetterling und 200 Meter Lagen) Marco di Carli, Philipp Wolf, Robin Backhaus, Marius Kusch und der Bulgare Nikola Dimitrov aus dem starken Männerteam der SG sowie Johanna Roas bei den Frauen. Roas und Kusch trainieren und studieren allerdings seit einigen Monaten in den USA. München ringt darum, DSV-Stützpunkt zu werden, außerdem wünschen sich die SG-Verantwortlichen ein zweites, öffentlich zugängliches 50-Meter-Hallenbecken in der Stadt.

Vor diesem Hintergrund seien die Aussagen von Wenk und Vogel "ein bisschen unglücklich", wie der SG-Vorsitzende Andreas Füchsl betont: "Wir waren als SG in die Planung und Renovierung vollständig eingebunden und haben gemeinsam mit Stadt und Stadtwerken Pläne gemacht, wie wir die Schließung bestmöglich umgehen. Da sollte man die Hand, die einen füttert, nicht unbedingt beißen." Auch für den Geschmack von Stützpunkttrainer Bünde waren die Aussagen seiner Athleten so kurz vor der deutschen Meisterschaft etwas zu forsch. Er wünscht sich jetzt vor allem Ruhe, um das eigentliche Ziel nicht noch aus den Augen zu verlieren in Berlin. Nach der DM soll es ein klärendes Gespräch der Stadtwerke mit der SG, Wenk und Vogel geben. Auch dafür kann es nicht schaden, wenn die SG-Athleten mit freudiger Kunde aus der Hauptstadt heimkehren.

© SZ vom 03.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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