Schwimmen:Der letzte Traum des Faxenmachers

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Schwimmer Marco di Carli will sich im Herbst seiner Karriere noch einmal für Olympia qualifizieren. Der Ortswechsel nach München soll dabei helfen

Von Anna Carina Bauerdorf, München

Rote Locken, blasse Haut, giftgrüne Badehose: Es ist nicht leicht, Marco di Carli zu übersehen. Bei der diesjährigen Head-Trophy, die am vergangenen Wochenende stattfand, fällt er aber aus einem anderen Grund auf. Neben der Münchner Olympia-Teilnehmerin Alexandra Wenk und Europameisterin Jenny Mensing (Berlin) ist er einer der prominentesten Athleten. Beim traditionsreichen Schwimmfestival im Münchner Olympiabad bekommen Jahr für Jahr mehr als 1000 Nachwuchsathleten aus 16 Nationen die Chance, sich mit den Besten der Branche zu messen. Dass di Carli da häufig am Beckenrand angesprochen wird, wundert ihn nicht. " Ich habe mir eben über die Jahre einen Namen gemacht, nicht nur, weil ich so aussehe."

Seit seiner Finalteilnahme bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen gehört der 29-Jährige zu Deutschlands erfolgreichsten Schwimmern. Noch im Dezember 2014 trat er bei der Kurzbahn-WM in Katar an und erreichte unter anderem mit der 4×50 Meter Freistil-Staffel den fünften Platz. Dass er von einigen in der Halle als Vorbild angesehen wird, ist also nur verständlich. Im Umgang mit ihnen gibt er sich locker, fast kumpelhaft. "Ich sage den Kindern immer gleich, dass sie kein Autogramm bekommen, wenn sie mich siezen", grinst di Carli und ergänzt: "Damit möchte ich ihnen die Scheu nehmen. Sie sollen merken, dass ich einer von ihnen bin."

Ein Ratschlag, den er dem Nachwuchs besonders gerne mit auf den Weg gibt: den Spaß am Sport vor lauter Ehrgeiz und hartem Training nicht aus den Augen zu verlieren. Denn er selbst weiß, wie entbehrungsreich vor allem die Jugendzeit für Leistungssportler ist: "Ich mache ihnen dann klar, dass es total okay ist, auf dem Startblock auch mal Faxen zu machen."

Faxen machen und hart trainieren - das verbindet der Niedersachse seit eineinhalb Jahren bei der SG Stadtwerke München. 2013 ist der für die SG Frankfurt startende Schwimmer vom Olympiastützpunkt Hessen nach Bayern gewechselt. Seine Freundin lebt hier. "Nach den Olympischen Spielen in London habe ich zudem gemerkt, dass es schwierig wurde, Trainingspartner auf meinem Niveau zu finden. In München ist das gegeben. Die Gruppe ist sehr stark, sie sind alle noch sehr jung. Da muss ich mich manchmal ganz schön quälen", erzählt di Carli und lässt auf seiner Massageliege die Beine baumeln. Und auch hier kommt wieder der Spaßfaktor ins Spiel, ein ewiges Thema für einen Mann, der von sich selbst sagt: "Wenn es keinen Spaß macht, bin ich weg vom Fenster."

Di Carli ist froh über seinen Ortswechsel. " Die Stimmung ist sehr gut, wir lachen viel beim Training, obwohl ein gesunder Konkurrenzkampf herrscht. Abends gehen wir oft noch etwas essen oder ins Kino." Das sei auch etwas, das er generell an München schätze: die offene Mentalität. In dieser angenehmen Atmosphäre bereitet sich di Carli unter Stützpunkttrainer Olaf Bünde auf sein nächstes Etappenziel vor: die deutsche Langbahnmeisterschaft im April in Berlin. Bei der Head-Trophy siegt er unter anderem über 50 Meter Rücken in 26,48 Sekunden. Ganz zufrieden ist er mit den Zeiten nicht. "Im Moment trainiere ich ziemlich viel, deswegen bin ich nicht so schnell. Das muss sich bis April ändern."

Dieses Jahr will er konstanter werden, konzentriert an sich arbeiten - um sich seinen wohl letzten großen Traum zu erfüllen. " Ich will mich für Olympia 2016 qualifizieren", erzählt Marco di Carli. Seine Augen beginnen zu leuchten, wenn er von dem Gefühl erzählt, in die Halle einzulaufen und, wie damals bei den Spielen in London, von 12 000 Menschen bejubelt zu werden. "Das wäre ein wunderbarer Abschluss meiner Karriere."

© SZ vom 11.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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