Ringen:Stolz und Tränen

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Stark gekämpft und dennoch verloren: Der Hallbergmooser Manuel Striedl (rot) gab seinen Kampf (Freistil bis 66 kg) gegen den Burghauser Enes Akbulut mit 0:4 ab. (Foto: Marco Einfeldt)

Zweitligist Hallbergmoos feiert sich trotz einer 12:15-Niederlage gegen Burghausen

Von Philipp Jakob, Hallbergmoos

Enttäuschung oder Stolz, so kurz nach dem intensiven und dramatischen Wettkampf konnte sich Michael Prill offenbar noch nicht entscheiden. Dennoch griff er am Samstagabend in der restlos ausverkauften Hallberghalle zum Mikrofon. Was folgte, war eine emotionale Dankesrede an die Fans, Ovationen vom Publikum und eine Menge Tränen. "Für uns war das ein einmaliges Erlebnis", rief der Ringer und Vorsitzende des SV Siegfried Hallbergmoos den Zuschauern zu, als ihn die Emotionen übermannten. Gemeinsam mit der kompletten Mannschaft stand Prill ein letztes Mal in dieser Saison auf der Matte, nicht um zu kämpfen, sondern um mit den Fans zu feiern.

Es war ein schöner Abschluss einer überaus erfolgreichen Zweitliga-Saison der Ringer des SVS, nur zum Sahnehäubchen, dem Titel in der zweiten Liga Süd, reichte es nicht ganz. Trotz der Unterstützung der Fans, die mit Trommeln, Tröten und Anfeuerungsrufen "die beste Atmosphäre, die ich je erlebt habe" (Prill) schafften, präsentierte sich der Tabellenführer aus Burghausen als Spielverderber. Dabei lieferten sich die Ringer beider Mannschaften Kämpfe auf hohem Niveau - zunächst sogar mit leichtem Vorteil für Hallbergmoos.

"Wenn man sich den Kampfverlauf anschaut, dann sind die ersten Kämpfe besser gelaufen als gedacht", resümierte Prill nach dem Wettkampf. Richard Csercsics (Freistil bis 130 Kilogramm), Zsolt Török (griechisch-römisch bis 98 kg) und der litauische Olympiateilnehmer von 2012, Edgaras Venckaitis (griechisch-römisch bis 66 kg), gewannen ihre Kämpfe und brachten den SVS zur Pause nach fünf von zehn Duellen mit 8:6 in Front. Anschließend lief es aber nicht mehr so gut. Manuel Striedl (Freistil bis 66 kg) verlor gegen Burghausens Enes Akbulut per Schulterwurf, auch Prill unterlag seinem Gegner. Im letzten Kampf des Tages brachte schließlich der ehemalige Hallbergmooser Nikolay Kurtev durch einen Punktsieg die Entscheidung. Wacker Burghausen gewann mit 15:12 und feierte den Titelgewinn, die Fans des SVS ließen ihrem Frust - einerseits über die Niederlage, andererseits s über eine strittige Entscheidung des Kampfrichters - mit einem gellenden Pfeifkonzert freien Lauf.

"Wir hatten die Möglichkeit zum Sieg", sagte Prill, der seine anfängliche Enttäuschung ebenfalls nicht verbergen konnte. Gleichzeitig musste er anerkennen, dass Burghausen "einfach super Kämpfer hat". So sah das auch Burghausens Trainer Alexander Schrader. "Wir haben einen Sahnetag gehabt", freute er sich. "Im Endeffekt war die Mannschaftsleistung der Wahnsinn." Auch Schrader hatte über den gesamten Kampftag "Spitzenniveau" gesehen: "Für den Ringkampfsport war das ein gelungener Abend." Dem schloss sich Prill umfassend an: "Das war eines Finales würdig. Das geht auf alle Fälle in die Geschichtsbücher ein." Von Enttäuschung war da in der Stimme des 25-Jährigen schon nichts mehr zu hören.

Vielmehr setzte sich in Prills Gefühlswelt nun der Stolz auf das Erreichte durch. Mit dem zweiten Platz und insgesamt 15 Siegen bei nur drei Niederlagen (zwei davon gegen Burghausen) hatte vor der Saison niemand in Hallbergmoos gerechnet. Vor noch nicht einmal dreieinhalb Jahren war der Verein sogar fast am Ende. Damals entschied sich der SVS unter der Führung des neu gewählten Vorsitzenden Prill zu einem radikalen Schnitt. Nach 49 Jahren in der Bundesliga zog sich Hallbergmoos in die vierte Liga zurück, um die finanzielle Schieflage auszugleichen und sich mit Eigengewächsen erneut zu etablieren.

Ein mutiger und vor allem auch umstrittener Schritt. "Es wurde prognostiziert, dass es mit dem Ringen in Hallbergmoos nun vorbei sei", sagte Prill. Nach zwei Aufstiegen innerhalb von zwei Jahren und dem zweiten Platz in dieser Saison hat er es den Kritikern gezeigt. Dank einer Ligareform des Deutschen Ringer-Bundes steht nun sogar die Rückkehr in die Bundesliga auf dem Programm. In Hallbergmoos ist man über diese Entwicklung natürlich mehr als glücklich. "Wir haben in den letzten drei Jahren so viel erreicht", sagte Prill voller Stolz.

© SZ vom 19.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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