Pferdesport:Geduld zahlt sich aus

Lesezeit: 2 min

Gerhard Biendl und Top of the Rocks gewinnen in Daglfing den mit 7000 Euro dotierten Prix de Limousin. Wegen eines Protests entscheidet die Rennleitung erst nach Ansicht des Videos

Von Fabian Kautz, München

Eine Ehrenrunde ist für Sportler gemeinhin Ziel und Lohn der Anstrengungen. Aber nach Freude sah Gerhard Biendl am Freitag nicht aus, als er an der Tribüne der Trabrennbahn in Daglfing vorbeifuhr. Kein Winken für das Publikum, kein Lachen, nicht einmal ein freundlicher Blick. Der 57-Jährige saß in seinem gelb-blauen Trikot im Sulky, den linken Fuß lässig nach unten baumelnd, während sein Pferd Top of the Rocks vor Anstrengung dampfte. So passierte er die etwa 800 Zuschauer. Einmal, zweimal, dreimal. Es war eine unfreiwillige Ehrenrunde.

Zuvor hatte Biendl die mit 7000 Euro dotierte Prüfung Prix de Limousin gewonnen, eines der Highlights des Tages. Als "Austria-Bayern-Gipfel" hatte der Münchner Trabrenn- und Zuchtverein (MTZV) das Rennen deklariert. Der Grund: Mit Solo Nolo und Colin McKenzie schickte Hubert Brandstädter, 2013 österreichischer Meister, zwei Pferde, die zuletzt in einer renommierten Prüfung Erster und Zweiter geworden waren, an den Start. Als Konkurrenten auf bayerischer Seite wurden Going As mit dem Münchner Trainer und Fahrer Josef Franzl und eben Top of the Rocks mit Biendl ausgemacht.

Ja, wo bleiben sie denn? Impression vom Daglfinger Trabrenntag, im Bild Jochen Haide. (Foto: Johannes Simon)

Den besten Start der Favoriten erwischte Franzl, der sich in dem 13er-Feld früh vorne einreihte und bald die Führung übernahm, während Biendl zunächst an sechster Position fuhr. Rund 750 Meter vor dem Ziel attackierte Biendl, positionierte sich neben Franzl, hielt Top of the Rocks aber noch kurz im Windschatten zurück und schoss erst eingangs der Zielgeraden vorbei und als Erster über die Ziellinie. Vor Colin McKenzie mit dem finnischen Fahrer Ari Kaarlenkaski und Josef Sparber mit Pathos OM. Franzl wurde Vierter.

Im Ziel ballte Biendl die Faust. Doch vor der Siegerehrung warteten noch die unfreiwilligen Ehrenrunden. Konkurrent Kaarlenkaski fühlte sich behindert, beschwerte sich bei der Rennleitung. "Der hat geschimpft wie ein Jochgeier", analysierte Biendl tags darauf und fügte lachend hinzu: "Behindert fühlt man sich eigentlich immer." Tatsächlich hatte Biendl kurz vor dem Ziel aber noch einen "eleganten Schwenk", wie er sagte, in Richtung Kaarlenkaski gemacht.

"Je älter er wird, desto besser wird er": Gerhard Biendl, 57, und sein Siegerhengst Top of the Rocks, 9, haben etwas gemeinsam. (Foto: König/Imago)

Während die Rennleitung also das Video studierte, durfte Biendl ungeduldig wie ein Tiger im Käfig auf und ab fahren. Erst nach zehn Minuten kam die Nachricht: "keine Behinderung" - und endlich auch die Freude über den Sieg und 2800 Euro Preisgeld. Nicht viel, aber für Münchner Verhältnisse außergewöhnlich.

Für den Renntag kooperierte der MTZV mit dem französischen Wettmonopolisten PMU. Sechs Rennen wurden in Frankreich übertragen und konnten dort bewettet werden. Der MTZV erhält dafür drei Prozent der Einnahmen und ein Sponsoring. Bereits im Juli war dieses Modell für den klammen Verein sehr erfolgreich. Die Fahrer freuen sich über die Aufstockung der Rennpreise. Gleich sechs der elf Prüfungen waren mit 7000 Euro dotiert, normalerweise geht es in Daglfing um gerade mal 1500 Euro.

Bereits seit 35 Jahren ist Gerhard Biendl als Trainer in München. In Deutschland gehört er zu den großen Namen. Zweimal hat er das Derby gewonnen, zweimal auch das deutsche Traber-Championat. Den Hengst Top of the Rocks trainiert er seit fünf Jahren. "Momentan ist das mein bestes Pferd im Stall", sagt der gebürtige Straubinger. Die Zusammenarbeit war zunächst schwierig. Bis zu seinem vierten Lebensjahr hatte der Hengst keinen Start absolviert. "Bei einem Traber ist es wichtig, dass er kerzengerade trabt", erklärt Biendl. Top of the Rocks trabte nicht kerzengerade. Also nahm sich Biendl viel Zeit, dosierte das Training, steigerte die Belastung langsam und achtete auf die Technik. Der Erfolg kam später. In diesem Jahr erzielte der Neunjährige seine Bestzeit, in zwei Wochen visiert Biendl einen Start in einem großen Rennen in Paris an. Der Hengst habe mit ihm eines gemeinsam, findet Biendl: "Je älter er wird, desto besser wird er."

© SZ vom 17.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: