München/Starnberg:Wasser-Spielzeit

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"Namen sind Schall und Rauch": Der Münchner Yacht-Club sieht sich als großes Ganzes, sagt Manager Michael Liebl. (Foto: Lars Wehrmann/oh)

Die Segel-Bundesliga startet in Starnberg in ihre vierte Saison, Titelverteidiger ist der Deutsche Touring Yacht-Club. Auch der Münchner Yacht-Club und der Aufsteiger Bayerischer Yacht-Club wollen eine gute Rolle spielen

Von Ralf Tögel, München/Starnberg

Relegation, Vorbereitung, Aufstieg, Abstieg, Trainingslager, Spieltage, Meisterschale: Vor drei Jahren, als die Deutsche Segel-Bundesliga ins Leben gerufen wurde, hätten wohl die Wenigsten diese Termini mit dem Segelsport in Verbindung gebracht. Kein Zufall, denn das Format einer nationalen Liga mit einem Saisonbetrieb wurde nicht rein zufällig adaptiert, mittlerweile gehen die Segler in ihre vierte, nun ja, Spielzeit. Das Format, daran gibt es schon länger keinen Zweifel mehr, funktioniert bestens.

Grundprinzip ist in diesem vom Equipment abhängigen Sport die Chancengleichheit, die durch One-Design-Kielboote des Typs J70 gewährleistet wird. Den Unterschied, sprich Meister, machen also die Sportler selbst im direkten Vergleich, im Kampf Boot gegen Boot. Dass der Wettkampf nicht zu chauvinistisch ausfällt, dürfen auch Frauen mitmischen, was die Teams in unterschiedlicher Ausprägung machen. Der Meister etwa, der Deutsche Touring Yacht-Club (DTYC), hat beispielsweise fünf Frauen in seinem 18-köpfigen Team. Segeln können indes nur vier Aktive, im Laufe der Saison, die am 27. Oktober auf der Hamburger Außenalster ein Ende finden wird, kann die Crew aber beliebig geändert werden. Bei jeder Wettfahrt werden Punkte nach dem Low-Point-System vergeben, der Erstplatzierte erhält in der Tabelle einen Punkt und der Letztplatzierte deren 18. Der Verein mit der niedrigsten Punktzahl ist folglich Meister. Los geht es an diesem Freitag um elf Uhr (Samstag und Sonntag von 13 Uhr an live auf www.segelbundesliga.de) in Starnberg, Veranstalter ist der Münchner Yacht-Club. Die Wettfahrten der zweiten Liga betreut der DTYC, beide Klubs haben sich schon mehrfach als Ausrichter Bestnoten verdient. Zu den Top-Favoriten zählt selbstredend der aktuelle Meister aus Tutzing.

Was Prädikat und Hypothek gleichzeitig sein kann: "Die Jungs bekommen von der Konkurrenz schon einige Sprüche zu hören", erinnert Wolfgang Stückl, der 1. Vorsitzende des DTYC, an diese mentale Last des Rangersten. Stückl zieht eine weitere Parallele zum Fußball, wo sich alles ja stets am deutschen Meister ausrichte, der also auch mit besonderer Vorliebe düpiert werde. Deshalb starten die Tutzinger auch gleich im ersten Rennen am Starnberger See mit der erfahrensten Crew. Bei einem Durchschnittsalter von 23,5 Jahren klingt dies fast lustig, aber Steuermann Julian Stückl, Patrick Vollmann, Jonas Vogt und Luis Tarabochia haben in Sachen Bundesliga schon eine ganze Reihe an Wettfahrten auf dem Buckel. Zudem werden sie in bewährter Manier von einem alten Hasen vorbereitet, der 80-jährige Trainer Norbert Wagner segelte schon bei Olympia 1972.

Der Titelverteidiger sieht den Kader ohnehin als großes Ganzes, und wieder bemüht der Vorsitzende den Fußball: "Wir versuchen die Segler auf verschiedene Positionen zu spezialisieren", sagt Wolfgang Stückl. Das Prinzip sei also, keine kompletten Vierer-Crews auszutauschen, sondern einzelne Athleten. Weshalb es auch keine Selektion in der Vorbereitung gegeben habe. Saisonziel ist laut Stückl ein Podiumsplatz in der Endabrechnung, Konstanz sei hierbei das entscheidende Kriterium.

Auch der veranstaltende Münchner Yacht-Club geht mit einem 18er-Kader ins Rennen, wobei Sportwart Michael Liebl nicht um den heißen Brei herumreden will: "Im Vorjahr waren wir Fünfter, heuer darf es eine Steigerung sein." Einen guten Start sollen Kay Niederfahrenhorst, Max Adami, Marc Anschütz und Fabian Wunderle gewährleisten, aber Liebl betont, dass Namen "Schall und Rauch" seien: "Es geht der Münchner Yacht-Club an den Start."

Dritter Klub aus der Region und damit Kenner des Starnberger Reviers ist der Bayerische Yacht-Club. Der Aufsteiger formuliert die Ziele etwas zurückhaltender: "Erst mal sind wir glücklich, aufgestiegen zu sein", sagt Manager Ilja Wolf, aber auch, dass man sich sehr gut vorbereitet habe. Im Winter in Monaco, ab Mitte März auf dem Gardasee und zuletzt auf dem Starnberger See. Wolf, der Philipp Hibler, Andreas Plettner, Adrian Hoesch und Oliver Oczycz aufbietet, erzählt noch, dass man zum Training den dreimaligen Olympiasieger Jochen Schümann als Coach verpflichtet habe. "Wir wollen möglichst schnell einen Platz im vorderen Mittelfeld erreichen", fordert Wolf, damit die Abstiegszone kein Thema sei. Was schwer genug werden dürfte in diesem erlesenen Feld der 18 Klubs, die sich gegenseitig zu einer weiteren Steigerung der sportlichen Qualität getrieben haben, worin sich im Übrigen die drei Vereinsverantwortlichen einig sind.

21 Welt- und Europameister, 13 Olympia-Teilnehmer und unzählige deutsche Meister haben gemeldet, mittendrin Schümann, der auch zweimal am berühmten America's Cup teilgenommen hat: "Das Niveau ist hoch, noch höher als in der vergangenen Saison", betont Schümann, der mit dem Yachtclub Berlin-Grünau antritt. Auch Schümann ist gewappnet, er hat die Relegation gewonnen und so den Klassenerhalt geschafft. Das Ziel? Mal sehen: "Ich erwarte einen harten Kampf um den Titel."

© SZ vom 29.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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