Baseball:Meteorologie einer Niederlage

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Die Disciples werden es wieder versuchen - und auch er wird nächste Saison wiederkommen: Co-Trainer Josh Petersen aus Florida (Foto: Claus Schunk)

Für den Baseball-Bundesligisten Haar Disciples endet auch diese Saison im Viertelfinale gegen Solingen - nicht zuletzt in Folge einer Regen-Absage aus der Vorwoche. Spielertrainer Michael Stephan gibt sich trotzig

Von Christoph Leischwitz, München

Gabriel Sandersius hatte eigentlich gar keinen schlechten Tag erwischt, der Pitcher der Haar Disciples erlebte am Samstag im sechsten Inning höchstens ein paar schlechte Minuten, durch die er sich kämpfen musste. In solchen Fällen kann ein Baseballteam den Pitcher dann auch einmal auswechseln und einen Mann mit unverbrauchtem Arm auf den Mound stellen. Eigentlich hat der Bundesligist aus der Münchner Vorstadt dafür auch genug Optionen auf der Bank, spätestens seit diesem Jahr, in dem sich die Defensive der Münchner Vorstädter noch einmal stark verbessert hatte.

Doch ausgerechnet in Spiel vier des Viertelfinales um die deutsche Baseball-Meisterschaft bei den Solingen Alligators war eben kein Wechsel möglich: Lukas Steinlein hatte sich im Training den Zeigefinger seiner Wurfhand gebrochen, Bruno Aurnhammer musste während der Woche studienbedingt in die USA zurückkehren, und Kevin Trisl wurde geschont - im Falle eines Sieges wäre ja noch ein fünftes und entscheidendes Spiel am selben Tag angestanden. Es war also von Beginn an klar gewesen, dass Sandersius dieses Spiel bis zum Ende durchpitchen musste. Als dann einige vermeintlich schwache Solinger Schlagmänner plötzlich den Ball trafen, wurde es eng. Sandersius brauchte eine Weile, ehe er sich wieder, nun ja, fing. Doch da war es zu spät, Solingen erlief im sechsten Durchgang fünf Runs und hatte damit aus einem 1:3-Rückstand eine 6:3-Führung gemacht. Das konnten die Disciples nicht mehr aufholen und beendeten deshalb die Viertelfinal-Serie genauso wie in den vergangenen beiden Jahren: mit einer Niederlage gegen Dauergegner Solingen in vier Spielen.

Es liest sich, als ob sich bei den Haar Disciples nichts getan hätte in den vergangenen Jahren. Doch es hört sich nicht so an: "Ich bin überzeugt, dass wir mit Solingen mittlerweile auf Augenhöhe agieren", sagt Haars Spielertrainer Michael Stephan. In der unglücklich verlaufenen Serie sei man in der Offensive das bessere Team gewesen, findet der 26-Jährige. Einige Statistiken belegen das, demnach hat die Mannschaft insgesamt 40 Hits gegenüber 27 von Solingen errungen, vereinfacht gesagt also den Ball öfter ins Spiel gebracht als der Gegner. Außerdem hatte die Mannschaft diesmal meteorologisch gesehen schlicht Pech gehabt. Vor acht Tagen war die Partie in Solingen wegen Regens abgesagt worden, Haar war mit 20 Spielern angereist, darunter auch vielen Pitchern - diesen Samstag waren sie berufs- und verletzungsbedingt nur noch 13. Deshalb ist sich Stephan zumindest bezüglich des entscheidenden sechsten Innings sicher: "So etwas wäre mit Lukas Steinlein als Auswechselspieler eine Woche vorher nicht passiert." Haar habe sich zudem selbst geschlagen, betonte auch Co-Trainer Josh Petersen. So viele Fehler in der Defensive wie diesmal könne man sich gegen starke Playoff-Gegner nicht leisten.

Der sportliche Stillstand wirkt wie ein Rückschlag. "Es waren alle mit den Herzen dabei", sagt Stephan, jeder sei überzeugt gewesen, diesmal, endlich, das Halbfinale erreichen zu können. Doch er scheint das Team trotz der großen Enttäuschung zusammenhalten zu können. Trainerkollege Petersen wird nächstes Jahr wiederkehren, ebenso der wichtige Schlagmann und Catcher José Palacios. Die meisten deutschen Spieler dürften vor Abwerbungsversuchen gefeit sein, zumal die Disciples schon bald einen neuen Anreiz bieten wollen: Sie wollen so schnell wie möglich Teilnehmer der noch jungen Euroleague werden, mit insgesamt 32 zusätzlichen Spielen, die unter der Woche auszutragen sind. Im Normalfall ist der Kader für solch ein Unterfangen ja auch groß genug.

© SZ vom 24.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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