Motorsport:Auf dem Moped senkrecht nach oben

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Franz Kadlec fährt seit 11 Jahren mit seinem Motorrad über Hindernisse. Mit 17 strebt der wohl beste deutsche Trial-Pilot in die Weltspitze.

Von Daniel Siebenweiber, Reichersbeuern

Die Anspannung ist seinem jugendlichen Gesicht deutlich anzusehen. Gerade hat Franz Kadlec sein Motorrad eine steile Schräge entlang nach unten manövriert. Er hält kurz inne, steht, fokussiert sich und gibt Gas. Sein Körper schwingt aus der Hocke mit einem kurzen Impuls nach vorne, gleichzeitig reißt er das Vorderrad nach oben. Halb fahrend, halb springend erklimmt er die zwei Meter hohe, fast senkrechte Betonwand und balanciert sein Gefährt auf der Oberkante. Sektion geschafft, das Publikum jubelt.

Franz Kadlec, 17, aus Reichersbeuern bei Bad Tölz fährt Trial. Er ist Europameister in einem Sport, in dem er mit einem Motorrad auf Hindernisse springt, darauf balanciert und im Idealfall ohne abzusteigen einen Parcours absolviert. "Wir machen Sachen", sagt er, "worüber andere nicht mal nachdenken." Als Trialfahrer sei er nicht eingeschränkt, "nicht so wie die Motorsportler auf der Straße", es geht nicht um Geschwindigkeit, sondern um Geschicklichkeit. Und Freiheit, das fasziniert ihn.

In der Ingolstädter Halle waren 2500 Zuschauer begeistert von Kadlec und seinen Konkurrenten, wie sie Baumstämme überquerten, über Betonklötze sprangen, ein ständiges Auf und Ab. Wer in den Sonderprüfungen, genannt Sektionen, die wenigsten Fehler macht, gewinnt. In Ingolstadt reichte es für den Favoriten und Lokalmatador Kadlec nur zum zweiten Platz. "Es war nicht mein Tag", sagt er. In der Halle sei es "definitiv nicht leichter" als im freien Gelände, wo er meist trainiert und Wettkämpfe fährt. Vor allem aber ist es: anders. Viele Hindernisse auf wenig Raum, die Zuschauer. "Es ist cool, dass so viele Leute kommen, aber ich bin auch aufgeregter deswegen", sagt Kadlec. In Bielefeld findet am 22. Februar die Generalprobe für die Weltmeisterschaft im März in Wien statt, dann will er wieder ganz vorne sein. Schließlich ist er deutscher Meister, Europameister und Zweiter im World Cup, quasi der zweiten Liga des Trialsports.

Seit elf Jahren über Stock und Stein: Franz Kadlec möchte künftig als Profi Geld mit seinem Sport verdienen. (Foto: oh)

Seit seinem Realschulabschluss im vergangenen Jahr ist Kadlec "angehender Profi", wie er sagt. Er macht also im Moment nichts anderes als seinen "sehr kostspieligen Sport". Kurzes Rechenexempel: Eine ordentliche Maschine koste um die 6000 Euro, dazu kommen der Transportanhänger, spezielle Ersatzteile. Vor allem aber die Fahrtkosten summieren sich, es gibt nur wenige geeignete Trainingsgelände. 400 Kilometer fährt Kadlec, näher gebe es "nichts Gutes", erklärt er. Dem Training ordnet er alles unter, pro Monat ist er nur etwa eine Woche zu Hause bei seinen Eltern. Sein Vater, gleichzeitig sein Trainer, versucht, ihn so oft wie möglich zu begleiten. Doch weil er in Reichersbeuern einen Anlagen-Meisterbetrieb leitet, kümmert sich auf Trainingsreisen in ganz Europa neuerdings ein Betreuer um den Sohn.

"Man muss extrem gut sein, um davon leben zu können", sagt Kadlec, der bereits ein paar Sponsoren hat. Noch ist er aber von der finanziellen Unterstützung der Eltern abhängig. Leben vom Sport? Das können wohl nur die besten acht Fahrer der Welt, schätzt Kadlec, dort will er hin - binnen zwei Jahren, so ist sein Plan. Im ersten Jahr will er "schauen wie es läuft", am Ende der Saison hofft er auf eine Platzierung in den Top Ten. Im zweiten Jahr soll mit neuen Sponsoren der Durchbruch gelingen.

"Um richtig gut zu sein, muss man früh anfangen", sagt Kadlec, "denn Grundtechniken, Gefühl, Gleichgewicht und die Koordination des Ganzen sind nicht direkt erlernbar". Das sei wie bei einem Baby, das die Sprache unterbewusst lerne. Mit sechs Jahren saß er zum ersten Mal auf einer Maschine, sein Vater ist Hobby-Biker und nahm ihn früh zu Rennen mit. Der kleine Franz schaute erst gespannt zu, stieg aber bald vom Fahrrad auf das Moped um. Dank der Unterstützung seiner Eltern durchlief Kadlec unterschiedliche Rennserien, von der Bambini-Klasse bis zur World Pro, der höchsten Serie. Dort startet Kadlec von April an zum ersten Mal - es wird seine erste Saison mit Führerschein. Ende Januar bestand er die Prüfung auf ungewohntem Terrain: der Straße. Kadlec, der seit elf Jahren mit dem Motorrad über Stock und Stein fährt, sagt: "Das war etwas ganz Neues."

© SZ vom 13.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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