Leichtathletik:Wertlose Bestzeit

Lesezeit: 2 min

Hürdenläufer Giehl verpasst Norm für Rio um acht Hundertstelsekunden

Tobias Giehl hat ein weiteres Mal die Norm für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro verpasst. Drei Tage nach dem Halbfinal-Aus bei der Europameisterschaft in Amsterdam fehlten dem 400-Meter-Hürdenläufer von der LG Stadtwerke München nur acht Hundertstelsekunden. Schon in Amsterdam hatte er mit einem neuen persönlichen Rekord (49,50 sec) die geforderte Zeit um eine Winzigkeit verfehlt, daraufhin startete er außer Konkurrenz bei den westdeutschen Meisterschaften in Mönchengladbach einen allerletzten Versuch - und steigerte sich dort am Sonntagmittag auf 49,48 Sekunden. Immer noch zu wenig. "Mir fehlen die Worte", kommentierte er auf seiner Facebook-Seite. Schon nach der EM hatte Giehl, 24, über seine starke Zeit dort gesagt, sie sei für ihn "momentan vollkommen wertlos".

Giehl, der bei der LG Würm Athletik ausgebildet wurde und inzwischen für die LG Stadtwerke startet, hat eine lange Verletzungsserie hinter sich. Mehr als zwei Jahre lang hatte er sich mit Ödemen am Fuß und Muskelbeschwerden mehr schlecht als recht über die Runden gequält. Die vergangene Saison beendete er vorzeitig, ließ sich noch einmal gründlich untersuchen. Seitdem läuft er endlich wieder schmerzfrei - und übertraf vor diesem Hintergrund zuletzt viele Erwartungen. Umso bitterer sei es nun, die Olympia-Norm gleich zweimal so knapp verpasst zu haben. "Acht Hundertstel sind gar nichts", betonte er.

In Amsterdam hatte Giehl einen windigen Vorlauf gehabt und ein Halbfinale bei guten Bedingungen, das er jedoch auf der ungünstigen Bahn acht bestreiten musste, wo es schwerfällt, sich zu orientieren. "Ich habe brutal schnell angefangen und bin am Ende etwas eingegangen", schilderte er. Nach der ersten Enttäuschung habe er noch am Donnerstag mit Bundestrainer Volker Beck und seinem Heimtrainer Peter Rabenseifner die Option Mönchengladbach durchgesprochen, die Wettervorhersage überprüft, am Freitagmorgen sei dann entschieden worden, dass er gemeinsam mit seinem Konkurrenten Felix Franz von Amsterdam aus mit dem Zug nach Mönchengladbach reisen sollte. "Ich hatte die Zeit drin und hätte es bereut, wenn ich es nicht noch mal probiert hätte", sagte Giehl. Dabei sei die Aufgabe viel schwerer gewesen als in den Niederlanden: die Konkurrenz bei weitem nicht so schnell wie bei der EM, den emotionalen Höhepunkt erst wenige Tage hinter sich und zwei schwere Rennen in den Beinen: "Immerhin konnte ich zeigen, dass Amsterdam kein Ausrutscher war", versuchte sich Giehl zu trösten.

Sein Traum von Olympia ist geplatzt. Die dritte und letzte Nominierungsrunde des Deutschen Olympischen Sportbunds findet an diesem Dienstag in Frankfurt/Main statt. Ohne die Norm könne er höchstens auf einen Platz als Nachrücker hoffen, doch die Chancen darauf schätze der Bundestrainer auf 0,01 Prozent.

© SZ vom 12.07.2016 / lib - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: