Leichtathletik:Wenige Hundertstel hinter den Erwartungen

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Bei der U18-Europameisterschaft in Györ verpasst der Münchner Sprinter Fabian Olbert eine Medaille.

Von Andreas Liebmann, Györ/Erding

Fabian Olbert war verhindert. Schade eigentlich, das Wetter war prima, die Stimmung auch, und wäre er mitgelaufen, dann wäre der 17-jährige Münchner Leichtathlet am Samstag in Erding bayerischer Meister geworden. Ganz locker sogar, zumindest in seiner Altersklasse U18. Mit seiner 100-Meter-Zeit vom Wochenende hätte er auch in der U20 dominiert, mit neun Hundertstelsekunden Vorsprung vor Nicolai Trageser, seinem Trainingspartner bei der LG Stadtwerke München. Und sogar bei den Erwachsenen hätte er sich in einem Fotofinish gegen den Augsburger Aleksandar Askovic durchgesetzt, mit einer Hundertstelsekunde und einigem Abstand vor seinen deutlich renommierteren Vereinskollegen Johannes Trefz und Benedikt Wiesend, die - fairerweise sollte man das erwähnen - eigentlich 400-Meter-Spezialisten sind. So gewann Wiesend also Bronze bei seinem Heimatbesuch (er kam vor einigen Jahren vom TSV Erding zur LG Stadtwerke), und Olbert gewann nichts.

Sprinter im Pech: Trotz dreier schneller Läufe in Györ ist Fabian Olbert nach dem Finale enttäuscht. (Foto: imago/Beautiful Sports)

Nach langer Verletzungspause wird Münchens Hammerwerfer Simon Lang in Erding Dritter

Er war, wie gesagt, verhindert. Ihm entging sein Titel, weil er sich noch tags zuvor in Györ aufhielt, was man beinahe so ausspricht, wie man es schreibt; einer Stadt im westlichen Pannonien, also (wie sicherlich jeder weiß) in der kleinen ungarischen Tiefebene, die im Deutschen "Raab" genannt wird. Und wo Olbert am späten Freitagabend doch etwas enttäuscht dreinblickte. Nicht wegen Erding und der dort verpassten bayerischen Meisterschaft, der Teenager hatte nicht den geringsten Anlass gehabt, überhaupt daran zu denken. Denn er vertrat den Deutschen Leichtathletik-Verband bei den U18-Europameisterschaften, seinem ersten großen internationalen Einsatz. Und er war als Schnellster der Halbfinals in den Endlauf eingezogen.

Das hatte natürlich die Erwartungen gesteigert. 10,72 Sekunden war Olbert im Vorlauf schnell gewesen, 10,73 im Halbfinale. Nur der Holländer Raphael Bouju war in seinem Vorlauf noch schneller gelaufen als er (10,61), im Halbfinale hatte dafür der Münchner die Nase vorn. Doch im Endlauf setzte sich wieder der Holländer durch. Olbert ließ erneut eine Hundertstelsekunde nach, 10,74 Sekunden waren es diesmal, eine beachtliche Konstanz. Doch andere steigerten sich: Hinter dem Norweger Bouju (10,64) wurde der Ungar Dominik Illovszky Zweiter (10,70), danach kam Pål Haugen Lillefosse (10,72) - eigentlich der Favorit im Stabhochsprung. Olbert belegte hinter einem weiteren Holländer Rang fünf. "Ich habe hinten raus richtig viel verloren", stellte Olbert betrübt fest. "Ich weiß nicht genau, woran es gelegen hat. Wenn man mit der besten Zwischenzeit ins Finale kommt, hat man doch höhere Erwartungen."

Sprung ins Glück: Carolin Hingst krönt ihr Comeback in Erding mit der Norm für die EM in Berlin. (Foto: imago/Beautiful Sports)

Während Olbert heimreiste, fanden vor seiner Haustür also jene Meisterschaften statt, an denen viele der Besten aus seinem Verein gar nicht (oder nur so halb) teilnahmen. Wie Trefz, Hürdenläufer Tobias Giehl oder 800-Meter-Läuferin Christina Hering, die am kommenden Wochenende für den Athletics World Cup in London nominiert sind, einen Acht-Länder-Kampf mit Großbritannien, Frankreich, USA, China, Südafrika, Polen und Jamaika. Ebenfalls zum 44-köpfigen Aufgebot in London gehören der Münchner Hammerwerfer Johannes Bichler und der Hochspringer Tobias Potye - diese beiden aber waren in Erding am Start: Potye gewann locker mit 2,21 Meter, die er wie alle vorherigen Höhen im jeweils ersten Versuch überwand - sein Trainingspartner Lucas Mihota wurde wenige Tage vor seinem Einsatz bei der U20-WM in Tampere Zweiter mit 2,14 Meter. Und Hammerwerfer Bichler wohnte dem Comeback seines Teamkollegen Simon Lang nach dessen langer Verletzungspause aus nächster Nähe bei: Lang wurde Dritter, Bichler (69,80m) gewann. Im Weitsprung gab es durch David Kirch, Yannick Wolf (je 7,27 Meter) und David Faltenbacher (7,23) einen Münchner Dreifachsieg.

Ach ja, und dann war da noch etwas: Als Gaststarterin in Erding gelang der Stabhochspringerin Carolin Hingst von der TG Nieder-Ingelheim ein Satz über 4,45 Meter - das ist die deutsche Norm für die Europameisterschaft in Berlin. Hingst ist 38 Jahre alt, schon bei den süddeutschen Meisterschaften zwei Wochen zuvor hatte sie sich auf der Anlage in Erding sehr wohlgefühlt. 2002 feierte sie in München ihre EM-Premiere, ein Jahr zuvor hatte sie bei ihrer ersten Weltmeisterschaft in Edmonton Rang zehn belegt. Dieses Jahr war übrigens auch für Fabian Olbert ein ganz besonderes - nämlich sein Geburtsjahr. Was ihm zeigen sollte, dass da noch ein paar Chancen kommen können.

© SZ vom 09.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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