Leichtathletik:Glanz im Regen

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Beim Pfingstmeeting der LG Stadtwerke messen sich Münchens beste Athleten wieder mit internationalen Gästen. Die Rahmenbedingungen allerdings waren schon mal einfacher

Von Andreas Liebmann, München

"Die Zeit rennt und ich renne mit" - mit diesen Worten beginnt der neueste Eintrag auf der Homepage von Fabienne Kohlmann. Die deutsche Meisterin über 800 Meter, die für die LG Karlstadt-Gambach-Lohr startet, aber in München trainiert, bezieht diesen Satz auf den Höhepunkt der Leichtathletik-Freiluftsaison, die gerade erst begonnen hat: die bevorstehenden Olympischen Spiele in Rio. Ihre Achillessehne, die ihr seit dem vergangenen Herbst Probleme bereitet hatte, vertrage die Belastungen gut, berichtet sie ihren Fans erleichtert - allerdings ist der Eintrag auf ihrer Webseite nicht mehr ganz frisch. In der Zwischenzeit hat Kohlmann am Internationalen Läufermeeting in Pliezhausen teilgenommen, wo sie Dritte wurde; am vergangenen Mittwoch hat sie mit mehreren hundert Kindern im Olympiastadion Sport getrieben; und leider zwickt ihre Achillessehne wieder. Weshalb zumindest für dieses Wochenende gilt: Die Zeit rennt - Fabienne Kohlmann nicht.

Es sei "eine Vorsichtsmaßnahme", sagt ihr Münchner Trainer Daniel Stoll, kein unnötiges Risiko auf dem Weg zu den Spielen. Christian Gadenne wiederum sagt: "Das schmerzt!" Er meint nicht etwa Kohlmanns Sehne, sondern ihre Absage, denn Gadenne ist als Geschäftsführer für die LG Stadtwerke München zuständig und damit auch für das vom PSV München an diesem Samstag veranstaltete 31. Ludwig-Jall-Sportfest. Dieses Internationale Pfingstmeeting ist ein erster Höhepunkt jeder Saison für die Münchner Leichtathletik-Gemeinschaft. Der Zeitpunkt ist wie immer früh in der Saison, doch diese ist ja wegen der anstehenden Großereignisse - Anfang Juli finden die Europameisterschaften in Amsterdam statt, ehe es Mitte August nach Brasilien geht - diesmal auch besonders kurz. Bereits Mitte Juni finden die deutschen Meisterschaften statt.

Heimkehr: David Gollnow (re.) ist vor der Saison nach Mannheim gewechselt. Über 200 Meter läuft er am Samstag im Dantestadion. (Foto: Claus Schunk)

Kohlmanns Dauerduell mit ihrer Trainingspartnerin Christina Hering hätte ein Höhepunkt der Veranstaltung sein sollen - diesmal über 400 Meter. Zuletzt in Pliezhausen hatte Hering über 600 Meter gewonnen. Um beide zu fordern, hatte die LG eigens die starke Britin Kelly Massey verpflichtet, auch um Hering womöglich zu einer neuen Bestzeit zu treiben. Doch am Donnerstag entschuldigte sich die Britin per E-Mail, sie nehme Antibiotika und müsse auf Anraten ihres Arztes auf die Reise nach Deutschland verzichten.

"Es kommt für uns viel zusammen", sagt Gadenne seufzend. Anstelle der 400-Meter-Spezialistin Massey ist von den britischen Inseln lediglich ein Tiefausläufer nach Deutschland gereist, die Prognosen für den Wettkampf im Dantestadion sind niederschmetternd. Dass sich Kugelstoß-Altmeister Robert Dippl (Wasserburg) beim Fußballspielen den Zeh gebrochen hat, ist da lediglich ein Randaspekt.

Viel schwerer wiegt es, dass dem Ludwig-Jall-Sportfest kurzfristig eine Konkurrenzveranstaltung erwachsen ist: In Herzogenaurach hat der Sportartikelriese Adidas binnen Monaten ein Top-Meeting aus dem Boden gestampft, zu dem sich allein für den 800-Meter-Lauf der Männer knapp 100 Athleten angemeldet haben. 500 sollen insgesamt kommen, der Veranstalter verlangt kein Startgeld, sondern zahlt Reisekostenzuschüsse. Für München haben sich 350 Starter angemeldet, immerhin, allerdings weniger als zuletzt.

Höhepunkt des Tages dürfte der Speerwurf sein. Der Münchner Jonas Bonewit darf sich in einem Klasse-Feld beweisen, mit dem favorisierten Esten Magnus Kirt, dem WM-Teilnehmer und Vorjahressieger Lars Hamann (Dresden), dem Letten Ansis Bruns, dem Italiener Norbert Bonvecchio. Auch der 400-Meter-Hürdenlauf hat es in sich: Lokalmatador Tobias Giehl kann sich mit dem ehemaligen deutschen Meister Georg Fleischhauer messen, auch ein Däne und ein Ire haben Siegchancen.

Der Einstieg in die Freiluftsaison ist Münchens Top-Athleten vielfach gut gelungen. Giehl etwa hat nach zwei verletzungsreichen Jahren mit 51,89 Sekunden so schnell wie lange nicht in die Saison gefunden. Johannes Trefz hat in den USA zugeschlagen: Über 200 Meter gelang ihm in Clermont eine neue Bestzeit (21,37 sek), in Jacksonville der beste Saisoneinstieg über 400 Meter (46,69 sek). Auch sein 400-Meter-Teamkollege Laurin Walter hat zwei Jahre hinter sich, die von vielen Rückschlägen geprägt waren, er überzeugte zuletzt in Regensburg mit einer 48er-Zeit. Die 18-jährige Mareen Kalis, die erst im vergangenen Winter nach München kam, stellte in Pliezhausen über 1000 Meter einen neuen LG-Rekord auf.

Kalis wird am Samstag mit Hering über 400 Meter starten, wie auch ihre Teamkolleginnen Lisa Marie Petkov und Louisa Rieger - ein Elitefeld, das zu einer Vereinsmeisterschaft geschrumpft ist. Trefz, Walter und der ehemalige Münchner David Gollnow übrigens sollen am Samstag nur 200 Meter laufen. Ein Härtetest: Am Freitag haben die drei nämlich bereits 400 Meter absolviert - in Herzogenaurach.

© SZ vom 14.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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