Leichtathletik:Gewitterwolkenkratzer

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Anlauf zu einer neuen Bestleistung: Julian Meuer vom TSV Gräfelfing überzeugt im internationalen Feld mit einer Höhe von 4,80 Meter. (Foto: Claus Schunk)

Endlich mal Dusel: Gräfelfings Stabhochsprung-Meeting erreicht Rekordniveau

Von Andreas Liebmann, Gräfelfing

Höchstwahrscheinlich haben die Initiatoren des Gräfelfinger Stabhochsprung-Festivals das damals gar nicht gewusst, aber sie gaben ihrem Meeting den Namen eines bedeutenden Häuptlings der Sioux: "Touch the Clouds". Reiner Zufall, wie gesagt, es ist ja auch nirgends überliefert, dass sich Touch the Clouds einst mit seiner Lanze im Stabhochsprung versucht hätte. Er bekam seinen Namen (Berühre die Wolken) vielmehr wegen seiner Körpergröße von angeblich 205 Zentimetern. Die jüngere Geschichte dieser Veranstaltung hätte, wenn überhaupt, sowieso die Wahl eines ganz anderen bedeutenden Sioux-Häuptlings als Namenspatron erfordert: Rain in the Face (Regen im Gesicht).

Immer wieder in den zurückliegenden Jahren machten nämlich heftige Niederschläge den Gräfelfingern zu schaffen. Vor drei Jahren trug sich Cheforganisator Matthias Schimmelpfennig deshalb gar mit dem Gedanken, das Festival einzustellen. Doch die Lage hat sich geändert. 2015 stellte Florian Gaul den bisherigen Meeting-Rekord von 5,30 Meter auf, dabei sei es beinahe zu heiß gewesen. Und am vergangenen Sonntag trug sich der Schweizer Dominik Alberto mit 5,55 Meter als neuer Rekordhalter in die Listen ein - während rundherum Unwetter niederbrachen, kam das Topfeld in Gräfelfing mit einer dreiminütigen Regenunterbrechung glimpflich davon. "Das war Dusel, nicht einmal Windprobleme hatten wir", staunte Schimmelpfennig.

Der neue Rekord war nicht nur für das Publikum gut. Alberto, ein ehemaliger Zehnkämpfer, schaffte mit seinem Versuch auf den Zentimeter genau die Schweizer Qualifikationsnorm für die EM in Amsterdam (6. bis 10. Juli). "So etwas spricht sich herum", weiß Gräfelfings Trainer. "Für uns als Veranstalter ist das eine tolle Sache." Springer aus acht Nationen hatten sich angemeldet, fast alle erschienen. Und viele hätten spontan zugesagt, nächstes Jahr wiederzukommen, obwohl ihnen der TSV Gräfelfing kein Antrittsgeld zahlt.

Das Niveau des Wettkampfs steigt seit Jahren. 2007 lag der höchste Versuch noch bei 4,25 Meter. Dieses Mal übertrafen sogar der Zweit- und Drittplatzierte, der als Favorit angetretene Lette Mareks Arents und der Norweger Eirik Dolve, mit je 5,40 Meter die Bestmarke des Vorjahres. Der Neuseeländer Nicholas Southgate als Vierter stellte den alten Meeting-Bestwert zumindest ein. Knapp 130 Athleten aus mehr als 50 Vereinen nahmen teil. Auch das Publikum ging prima mit. Weshalb Schimmelpfennig das Wochenende mit einem Wort zusammenfasste: "Gigantisch!"

Noch ehe die internationale Elite eintraf, fand eine Art emotionaler Höhepunkt statt: Am frühen Samstagabend wurde ein Ländervergleich der Altersklassen U20 und U18 ausgetragen. Vom Korb des Baukrans, der seit einigen Jahren während des Meetings auf der Anlage steht, sprangen die Athleten vor dem Wettkampf ins Stadion und mit ihren Flaggen auf eine Bühne, wo sie den Zuschauern vorgestellt wurden. Es siegte Österreich I. Gräfelfings Talente traten im Team Bayern I an, das Vierter wurde, mit Carolin Bauer, Noemi Rentz, Korbinian Suckfüll und Vincent Struppler.

Suckfüll erreichte 4,60 Meter, Struppler 4,35 Meter. Bauer und Rentz übersprangen in der weiblichen U18 3,65 Meter beziehungsweise 3,40 Meter, was jeweils persönliche Bestleistung war. Noah Kollhuber von der LG Sempt kam wie Gräfelfings Felix Wolter auf 4,50 Meter. Auch im Elitefeld trat ein Gräfelfinger an: Julian Meuer überquerte die Latte auf einer Höhe von 4,80 Meter. Diese persönliche Bestleistung hätte ihm noch vor wenigen Jahren einen Podiumsplatz garantiert, am Sonntag wurde er Elfter. Bei den Frauen gewann Stefanie Dauber vom SSV Ulm mit 4,05 Meter.

Das Glück mit dem Wetter übrigens war unmittelbar nach dem Rekordsprung erschöpft: Pünktlich zum Abbau goss es in Strömen. Eine Erinnerung an alte Rain-in-the-Face-Festivals.

© SZ vom 31.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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