Leichtathletik:Eine Bühne als Sprungfeder

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"Viel mehr vorgenommen": Der ehemalige Gräfelfinger Lucas Schwaiblmair war am Sonntag unzufrieden. (Foto: Schunk)

Beim "Touch the Clouds" enttäuscht nur Heimkehrer Lucas Schwaiblmair

Von Maria Kurth

Gräfelfing - Als letzter verbliebener Athlet nahm Florian Gaul Anlauf, die Zuschauer klatschten rhythmisch, eine Sekunde Stille, Raunen, dann großer Jubel: Mit 5,30 Meter hatte Gaul beim Stabhochsprungfestival in Gräfelfing, dem "Touch the Clouds", gerade einen neuen Stadionrekord aufgestellt. Lucas Schwaiblmair (SWC Regensburg) saß fünf Meter entfernt auf einer kleinen Holzbank und klatschte artig in die Hände. Glücklich sah er dabei nicht aus.

Eigentlich sollte die Sprunganlage zu seiner Bühne werden. Dort, wo er als ehemaliger Gräfelfinger viele Trainingsstunden absolviert hatte, sollten ihm die magischen 5,35 Meter gelingen. Doch von der Qualifikationshöhe für die deutsche Meisterschaft war er mit 4,80 Meter weit entfernt. "Ich hatte mir viel mehr vorgenommen", sagte Schwaiblmair. Das galt auch für die treue Fangemeinde Schwaiblmairs. Vor jedem seiner Versuche sprang sie auf, wollte ihn förmlich über die Stange schreien - vergebens. Das eigens angefertigte Plakat ( "Wir sind bereit für die deutsche Meisterschaft") wurde früh wieder zur Seite gelegt. "Das war schon sehr enttäuschend für alle, vor allem weil er im Training zuletzt bombastisch drauf war", sagte sein ehemaliger Trainer Matthias Schimmelpfennig: "Vielleicht war die Luft auch einfach etwas raus, weil er Mitte Mai noch an einem Zehnkampf teilgenommen hat."

Schwaiblmair, der 2011 zum SWC Regensburg gewechselt ist, hatte vor zwei Wochen noch einmal in Gräfelfing trainiert. "Er hat im Training einige Sprünge abgeliefert, die so bei 5,40 Meter lagen", sagte Schimmelpfennig. Die Generalprobe weckte Hoffnungen, die am Ende unerfüllt blieben. Immerhin bot Gaul vom VfL Sindelfingen dem Publikum noch einen Höhepunkt, doch auch seine Gesten wirkten nicht so, als sei er, dessen persönliche Bestleistung bei 5,50 Meter liegt, zufrieden. Immer brach er seine Sprünge ab, der Anlauf passte nicht. "Ich habe mit seinem Trainer gesprochen. Bei Florian läuft es aktuell nicht so rund, er hadert mit sich selbst und will vielleicht zu viel", sagte Schimmelpfennig. Manchmal sei ein Schritt zurück nötig, um wieder zwei nach vorn zu gehen. Das dürfte nach dem Wochenende auch für Schwaiblmair gelten.

Das Topfeld der Männer am Sonntag also schwächelte, dafür hatte der Nachwuchs tags zuvor ein Festival der persönlichen Bestleistungen gefeiert. Vor allem Gräfelfings männliche Jugend nutzte die heimische Bühne, nutzte sie sinnbildlich als Sprungfeder. Sieger Julian Meuer (4,80 Meter), Sebastian Weichselgartner (4,60) und Vincent Struppler (4,50) stellten neue Bestmarken auf. Neben dem ohnehin schon qualifizierten Meuer lösten Weichselgartner und Korbinian Suckfüll ihr Ticket für die deutsche U20-Meisterschaft in Jena. "Was die Jungs da abgeliefert haben, ist einfach nur à la bonne heure", sagte Schimmelpfennig. Nach jedem neuen Rekordsprung sprintete er auf die Matte und drückte die Springer an sich.

Allein in den Leistungsklassen "Durchstarter" und "Senkrechtstarter" gab es elf neue persönliche Bestmarken. Philipp Rostan (TSV Plattling) gewann bei den Senkrechtstartern und verbesserte sich um fünf Zentimeter (4,20) - und das, nachdem kurz zuvor sein Stab gebrochen war. "Das ist mir auch vor Kurzem im Training passiert. Das ist eine Schrecksekunde und es tut kurz weh, aber dann muss man sich zusammenreißen und es noch mal versuchen", sagte Rostan. Der 17-Jährige startete erstmals in Gräfelfing und sprach von einer "unglaublich guten Organisation".

In der Tat mangelte es den Springern an wenig, auch weil das Festival mit ungewöhnlichen Einlagen seiner Bezeichnung gerecht wurde. Die Vorstellung der Athleten erinnerte ein wenig an den Einzug von Gladiatoren. Mit einem Kran schwebten die Springer drei Meter über der Landematte und sprangen bei ihrer Vorstellung aus dem Korb. Mal mit extra Anlauf, mal per Salto und immer spektakulär.

Kletterwand, Essen, eigens gebrautes Bier und Live-Musik - Schimmelpfennig und seine Helfer hatten einigen Aufwand in das Rahmenprogramm investiert. Die Zuschauerresonanz ließ dennoch vor allem am Samstag Wünsche offen. "Die Topspringer am Sonntag locken immer mehr Zuschauer an. Insgesamt hat die Veranstaltung mehr Zuspruch verdient", sagte Schimmelpfennig. "Daran werden wir in den nächsten Jahren arbeiten."

Auch Schwaiblmair wird nächstes Jahr wiederkommen. Bis dahin gilt es, seine Bestleistung nach oben zu schrauben, am besten schon in den nächsten Wochen. Die deutsche Meisterschaft findet Ende Juli in Nürnberg statt. Ein perfekter Wettkampf sei für die Qualifikationshöhe nötig, weiß er. Ein Wettkampf, bei dem ihm die Bühne gehört.

© SZ vom 09.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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