Leichtathletik:Atemberaubend

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Die Munich Indoors bringen die Werner-von-Linde-Halle mit mehr als 850 Teilnehmern an ihre Kapazitätsgrenze. Die LG Stadtwerke glänzt nicht nur als Ausrichter, auch die zahlreichen Münchner Leichtathleten bieten Spitzensport

Von Johannes Heil, München

Clemens Bleistein konnte offenbar gar nicht genug bekommen vom Laufen. Zuerst hatte der 24-Jährige von der LG Stadtwerke München souverän seinen 1500-Meter-Lauf beim Munich Indoor in der Werner-von-Linde-Halle im Olympiapark gewonnen und nebenbei die Qualifikationsnorm für die Deutsche Hallenmeisterschaft in Karlsruhe geknackt. Nach einer fünfminütigen Pause zum Durchschnaufen ging es dann für den amtierenden bayerischen Hallenmeister über diese Distanz aber schon wieder auf die Bahn - dieses Mal jedoch in einer für ihn eher ungewohnten Rolle: als Tempomacher.

Da nämlich die Regensburger Olympiateilnehmerin von 2012, Corinna Harrer, in ihrem 1500 Meter Lauf eine deutlich bessere Meldezeit als ihre Konkurrentinnen aufweisen konnte, bot Lokalmatador Bleistein seine Hilfe als laufende Zugmaschine an. Andernfalls hätte der 24-Jährigen ein Rennen allein auf weiter Flur gedroht, eine gute Zeit wäre so für sie nicht zu erreichen gewesen. Und in der Tat zeigte der unverhoffte läuferische Beistand Wirkung. Schon nach zwei Runden hatte das einträchtig an der Spitze rennende Pärchen einen Vorsprung von mehr als einer halben Runde. Bleistein scherte dann einen Umlauf vor Schluss aus, und Harrer konnte die 4:20-Minuten-Zeit, die sie sich vorgenommen hatte, in 4:18:57 Minuten unterbieten. Nach dem Rennen gab es dann einen Handkuss und eine Umarmung für den Tempomacher. "Hut ab vor Clemens, es ist toll, dass er diese Hilfe angeboten hat, vor allem da wir ja nicht im gleichen Verein laufen", freute sich Harrer nach dem Rennen über die Unterstützung und ebenso über die erreichte Zeit: "Ich komme frisch aus dem Trainingslager, die Zeit zeigt, dass ich auf dem richtigen Weg bin", sagte sie nach dem Rennen.

Und auch Clemens Bleistein präsentierte sich äußerst zufrieden mit der eigenen Leistung: "Es war mein erstes Rennen in der Halle in diesem Jahr, dafür ist es wirklich super gelaufen." Die Hilfe für Corinna Harrer sei recht kurzfristig zustande gekommen, wie er erzählte: "Zwei Stunden vor dem Rennen habe ich ihr meine Dienste als Tempomacher angeboten." Auch wenn für ihn die Doppelbelastung aus eigenem Rennen und Tempoarbeit neu war: "In der Form habe ich das auch noch nie gemacht", wie er sagte. "Aber wenn Corinna schon da ist, dann wäre es schade, wenn sie ganz allein durch die Halle läuft." Kräftemäßig sei es zwar am Ende "schon etwas hart" für ihn gewesen, aber letztendlich hätte sich doch alles im Rahmen bewegt: "Das ging schon!", befand Bleistein am Ende eines für ihn äußerst gelungenen Tages.

Einen ebensolchen konnte auch Christian Rasp für sich verbuchen. Der Sprinter von der LG Stadtwerke München wurde hinter dem Österreicher Roland Kwitt von der Union Salzburg zwar nur Zweiter über 60-Meter, schaffte aber in 6,95 Sekunden haargenau die Norm für Karlsruhe. Sein Vereinskollege Tobias Schneider hingegen verfehlte als Dritter dieses Ziel mit einer Zeit von 7,01. Rasp war nach dem Rennen die Erleichterung anzumerken: "Jetzt muss ich nicht mehr der Norm hinterherjagen und kann mich in Ruhe auf die Deutsche Meisterschaft vorbereiten", sagte er. Zumal ihn seit Anfang Dezember eine langwierige Zerrung geplagt hatte, die in der Folge auch Knieprobleme ausgelöst hat. "Wenn man die Vorgeschichte betrachtet, dann habe ich heute die maximale Leistung herausgeholt", so Rasp. Das 60-Meter-Finale der Frauen gewann Amelie-Sophie Lederer vom LAC Quelle Fürth in 7,59 Sekunden vor einer Fünfer-Phalanx der LG Stadtwerke, angeführt von Lisa-Maria Jacoby (7,73) und Martina Riedl (7,75).

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(Foto: Johannes Simon)

Masse und Klasse: LG-Sprinterin Martina Riedl wird Dritte.

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(Foto: Johannes Simon)

Das Gros der Teilnehmer kam von der LG, wie Kugelstoßer Joshua Dahmen (LG Stadtwerke).

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(Foto: Johannes Simon)

Stabhochspringer Simon Holländer (LG Sempt).

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(Foto: Johannes Simon)

Teamkollege Christian Rasp (vor Jonathan Genck) gewinnt über 60 Meter.

Einen Erfolg feiern konnte die LG Stadtwerke auch beim Kugelstoßen der Männer, wo Valentin Döbler mit all seinen fünf gültigen Versuchen mehr als einen Meter weiter stieß als der Zweitplatzierte Dennis Edelmann von der LG Augsburg. Am Ende standen für ihn 16,60 Meter zu buche, Edelmann kam auf eine Weite von 15,13 Meter. Auch beim Weitsprung der Männer kletterte ein Athlet der LG Stadtwerke am Ende aufs oberste Treppchen. Dort konnte sich David Faltenbacher mit 6,86 Meter gegen Marcel Fleischer vom TSV 1860 München (6,62 Meter) und Armin Huber vom TSV Plattling (6,57 Meter) behaupten.

Mehr als 850 Sportler - zum großen Teil aus den zahlreichen Jugendkategorien - trafen sich am Samstag insgesamt in der Werner-von-Linde-Halle. "Mehr als erwartet", gab der Chef des Organisationsteams, Reinhard Meier zu und schob hinterher: "Mann muss fast schon sagen: mehr als erhofft." Eine derart hohe Teilnehmerzahl bringe die Halle absolut an ihre Grenzen. "Die Kapazitäten sind ausgeschöpft. Auch in Sachen Luft", sagt Meier und lacht. In der Tat war es in der Halle so stickig, wie man es auch erwarten würde, wenn mehr als 800 Menschen auf einem solch engen Areal Sport treiben. Dennoch war bei allen Sportlern, Betreuern und Zuschauern in der Halle die Stimmung hervorragend, nicht wenige hatten gar Campingausrüstung dabei.

Kein Wunder, mehr als neun Stunden lang wurde in der Werner-von-Linde-Halle am Samstag Sport getrieben. Dies sei auch eine immense Belastung für die Helfer, wie Meier verriet: "Das Organisationsteam muss wohl genauso viel leisten wie die Athleten", sagte er mit einem Augenzwinkern. Auch im Vorfeld, wo man bereits ein Dreiviertel Jahr vor dem Sportfest mit der Planung beginnen müsse. Am Ende des Tages zog Meier dann aber ein überaus positives Fazit: "Es war ein äußerst gelungenes Sportfest." Trotz der stickigen Luft.

© SZ vom 26.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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