Judo:Schwedische Bank

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"Er gehört nach wie vor zu den besten Kämpfern in Europa": Das zeigt Großhaderns Olympia-Fünfter Marcus Nyman (re.) auch gegen Eduard Trippel. (Foto: Robert Haas)

Olympia-Teilnehmer Marcus Nyman führt den TSV Großhadern im Bundesliga-Auftaktkampf mit zwei Einzelsiegen gegen Rüsselsheim zum ersten Saisonerfolg.

Von Julian Ignatowitsch, München

So ein Judo-Wochenende in München unterscheidet sich für den Schweden Marcus Nyman gar nicht so sehr von einem normalen Arbeitstag in Stockholm. "Ich muss anpacken, bin physisch gefordert", sagt Nyman. Gerade hat er den deutschen Nachwuchsstar Eduard Trippel zweimal auf die Matte gelegt. Der TSV Großhadern, sein Verein, hat den Saisonauftakt gegen Rüsselsheim souverän mit 11:3 Punkten gewonnen, auch dank zwei Siegen von Nyman. "Das war eine sehr starke Leistung", sagt Trainer Gerhard Dempf - und zum skandinavischen Gast: "Marcus hat nichts verlernt und im Topkampf überzeugt. Er ist eine sichere Bank."

Der 26-Jährige hat seine Karriere 2016 beendet. Für Großhadern macht er aber eine Ausnahme

Auch nach dem Kampf. Der Schwede hält jetzt in der Vereinsgaststätte gleich neben der Siegi-Sterr-Halle ein Weizen in der Hand. Normalerweise installiert und repariert er an Werktagen Aufzüge. "Ein sehr harter Job", sagt er. "Aber momentan genau die richtige Ergänzung zu meinem Training." Nyman hat seine Judokarriere eigentlich 2016 mit Platz fünf bei den Spielen in Rio beendet. Er war Europameister, mittlerweile trainiert er nur noch sporadisch. Für Großhadern macht er in der Bundesliga aber eine Ausnahme, reist eigens aus Stockholm an, für eine überschaubare Aufwandsentschädigung. "Mannschaft und Trainer hier sind einfach einzigartig", sagt Nyman und nimmt einen Schluck Bier. "Die bayerische Kultur ist auch nicht schlecht." Trainer Dempf lacht.

Er komme, wenn man ihn brauche, versichert Nyman. Trainer Dempf plant so oft es geht mit dem Mann, der nun schon einige Jahre für den Verein aufläuft. "Für uns ist er in diesem Jahr Gold wert", meint Dempf. "Da er keine Turniere mehr kämpft, steht er immer zur Verfügung. Und er gehört nach wie vor zu den besten Kämpfern in Europa." Gegner Trippel, der zuletzt für Deutschland bei der EM am Start war, bekam das zu spüren. Nyman hat von seinen letzten zwölf Kämpfen für Großhadern nur einen verloren.

Inmitten der vielen jungen Akteure ist der 26-Jährige so etwas wie der gelassene, starke Anführer. Nach dem Rücktritt des erfahrenen Tobias Englmaier, der ins Trainerteam wechselte, ist Nyman noch wichtiger - und mit dem WM-Zweiten Karl-Richard Frey der Punktegarant. Auch Frey (+100 kg) siegte gegen Rüsselsheim, zweimal schnell mit Ippon, sein jüngerer Brüder Johannes Valentin (-100 kg) feierte dazu einen gelungenen Einstand. Und der 20-jährige Maximilian Heyder, Englmaiers Nachfolger im Superleichtgewicht, holte ebenfalls zwei Punkte. Dempf hob auch Janno Brodnig hervor, der zwar knapp verlor, aber "einen durchweg engagierten Kampf" zeigte.

Neuerdings gibt es in der Liga keine Remis mehr - ein Duell endete erst nach zehn Minuten

Seit dieser Saison gibt es in der Bundesliga keine Remis mehr, sondern es wird gekämpft, bis ein Sieger feststeht. So dauerte Brodnigs Duell länger als zehn Minuten, statt vier. "Immerhin hält er jetzt einen neuen Vereinsrekord", scherzte Dempf. Zum Vergleich: Freys zweiter Kampf war in acht Sekunden vorbei.

Für Großhadern ist das nächste Duell am Samstag (18 Uhr) in Esslingen schon richtungsweisend. Da die Vorrunde nur aus fünf Kämpfen besteht und sich vier von sechs Teams in der Gruppe Süd für die Endrunde qualifizieren, wäre ein zweiter Sieg sehr wichtig. Die Playoffs sind nach der WM Ende August. Ein straffer Terminplan. Marcus Nyman sieht das entspannt, er hat den nächsten Flug nach München schon gebucht.

© SZ vom 02.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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