Judo:Acht, neun, zehn - aus!

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Hoffnungslos überlegen: Exakt zwei Minuten brauchte Klara Apotekar, um sich durchzusetzen - ihre beiden Kämpfe zusammengerechnet. (Foto: Johannes Simon)

Im ungleichen Duell zwischen Gröbenzell und Großhadern setzen sich die Profis aus München klar durch. Ein Argument für die Reform der Frauen-Bundesliga

Von Julian Ignatowitsch, Gröbenzell/München

Mancher Kampf, 1, 2, 3, ist vorbei, 4, 5, 6, ehe der Satz, 7, 8, 9, zu Ende geschrieben ist ... 10! Nur zehn Sekunden brauchte Theresa Stoll am Samstagabend, um ihre Gegnerin Sophie Kappler in der Judo-Bundesliga zu Boden zu bringen. Der Kampf war quasi beim ersten Körperkontakt entschieden. Stoll und Kappler hatten sich gerade noch zur Begrüßung verbeugt, jetzt senkten sie ihr Haupt zur Verabschiedung gleich noch mal. "Was, schon der nächste Kampf?" Ja, genau.

Das Lokalderby in der Judo-Bundesliga der Frauen war erwartungsgemäß eine einseitige Angelegenheit: Der TSV Großhadern, Meister von 2014, siegte beim SC Gröbenzell mit 11:2 Kämpfen und einer Wertung von 110:17. Die 14 Einzelkämpfe dauerten zusammengenommen gerade einmal 22 Minuten, bei ausgeglichenen Partien ist die Nettokampfzeit doppelt so lange. Ihr zweites Duell, diesmal gegen Maike Frye, gewann Stoll übrigens noch schneller, nämlich in fünf Sekunden.

"Das war eine klare Geschichte", fasste TSV-Trainer Lorenz Trautmann zusammen - und der Gegner gab ihm widerspruchslos recht. "Man hat schon gemerkt, dass das mindestens ein Klassenunterschied war." Der angesprochene Klassenunterschied steht in Zukunft auch wieder auf dem Meldebogen. Gröbenzell ist mit der Niederlage abgestiegen, Großhadern steht dagegen in der Finalrunde. Aber beides war an diesem Tag kein großes Thema, denn eigentlich war das ja schon vorher klar. Als Amateurteam unter Profis ist Gröbenzell in der Bundesliga schlichtweg chancenlos und ging überhaupt nur in die Saison, um eine Geldstrafe durch den Verband zu vermeiden. Insgesamt konnte Gröbenzell in dieser Saison nur fünf von 53 Kämpfen gewinnen, alle Beteiligten rechneten von Beginn an fest mit dem Abstieg. Sie behielten recht. "So macht das nur wenig Spaß", sagte Teamchefin Christa Frey. Jetzt gilt es den letzten Kampftag im September halbwegs respektabel hinter sich zu bringen. Danach kann sich das Team wieder auf unterhaltsamere Zeiten freuen, in der zweiten Liga.

Die Judo-Vorstadtklubs Großhadern und Gröbenzell, sie befinden sich in zwei unterschiedlichen Sphären: Hier der bayerische Landesstützpunkt mit festangestellten Trainern und geförderten Profi-Kämpfern, die unter idealen Trainingsbedingungen zu Olympia-Teilnehmern ausgebildet werden; dort der kleine Verein mit ehrenamtlichem Personal und ambitionierten Amateuren, die in einer kleinen Schulsporthalle sporadisch trainieren und von Beruf Lehrerinnen, Polizistinnen oder Studentinnen sind. Wer eine Judo-Karriere anstrebt, geht schon in der Jugend nach Großhadern; wer Judo als Freizeitsport betreiben will, landet in Gröbenzell.

Dass es in diesem Jahr überhaupt zu einem Duell der beiden ungleichen Mannschaften in der Bundesliga gekommen ist, ist auf einen veralteten Modus, die Trennung in Nord- und Süd-Staffel, zurückzuführen. Und darauf dass zu viele Mannschaften in der ersten Liga kämpfen müssen. Trautmann plädiert deshalb für eine eingleisige Bundesliga mit höchstens zehn Teams: "Dann wäre das Niveau ausgeglichener und der Wettbewerb größer." Auch die Hauptrunde wäre dann spannender, eine Finalrunde im K.-o.-System könnte man sich vielleicht sogar sparen.

Ein sportliches Duell wie am Samstag ergibt indes weder für Großhadern noch Gröbenzell irgendeinen Sinn. Die beiden Teams profitieren auf andere Weise voneinander. "Wir können gegenseitig Trainingspartner austauschen und die Judo-Begeisterung in der Region an mehreren Orten ansprechen", sagt Trautmann. "Jeder Athlet findet für seinen Anspruch den richtigen Klub in der Nähe." Passend dazu holte die zwei Punkte für den Außenseiter in Zita Notter ausgerechnet eine ehemalige Großhadernerin. Nachdem Notter ihre internationale Karriere beendet und ihre Judoaktivitäten insgesamt eingeschränkt hatte, wechselte sie zu Gröbenzell. Großhadern war an diesem Tag unterdessen ohne echte Schwergewichtlerin angetreten und hatten im zweiten Durchgang seine Stammkämpferinnen geschont und den jungen Athletinnen eine Chance gegeben: Jana Ziegler (bis 63 kg), Philine Falk und Alexandra Gantner (bis 70 kg), alle unter 20 Jahre, machten ihre Sache gut und punkteten. "Ein Lob an die Jungen", sagte Trautmann. Für ihn und seine Kämpferinnen beginnt jetzt die Vorbereitung auf die Sommerspiele. Für die Gröbenzellerinnen dagegen heißt es: drei Monate (sportliche) Sommerpause.

© SZ vom 20.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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