Hockey:München schlägt Madrid

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"Wir haben Werbung für den Hockeysport gemacht": Münchens Frauen überwinden in den Gruppenspielen Minsks Torfrau, die insgesamt fünfmal gegen den MSC hinter sich greifen muss. Im Finale gegen Madrid erzielt Nationalspielerin Hannah Krüger den einzigen Treffer. (Foto: Claus Schunk)

Die MSC-Hockeyfrauen gewinnen durch einen 1:0-Erfolg gegen die Spanier erstmals die Euro Club Trophy. Von allen Seiten erhalten sie Lob, auch für die hervorragende Ausrichtung.

Von Katrin Freiburghaus, München

André Schriever saß weinend auf der Trainerbank, seine Spielerinnen lagen abwechselnd auf dem Kunstrasen oder einander in den Armen. "Mit diesem Turnier setzen wir eine Marke", hatte Michael Nahr vor dem Finale der Hockey-Frauen des Münchner Sportclubs (MSC) bei der Euro Club Trophy gegen Club Campo de Madrid nicht ohne Stolz, aber sachlich gesagt. Nach dem 1:0-Zittersieg des Teams im zweithöchsten europäischen Klubwettbewerb wischte auch er sich Tränen aus den Augenwinkeln. Der Erste Vorsitzende des MSC stand im VIP-Bereich der Klubanlage, den der MSC ebenso eigens für die erste internationale Turnierteilnahme im Feld aufgebaut hatte wie Tribünen, Gastronomie und allerlei anderes.

Die MSC-Frauen hatten sich vor Jahresfrist als Ligameister, das heißt punktbestes Team der Bundesliga-Hauptrunde, für den Wettbewerb qualifiziert und sich anschließend als Ausrichter beworben. Das Turnier war in der Breite der acht Teilnehmer sportlich etwa auf deutschem Zweitliganiveau anzusiedeln gewesen, das Finale allerdings hatte gehobenes Erstliga-Niveau. Auf dem Weg dorthin hatte sich das Team um Kapitänin Hannah Krüger mit Siegen gegen Amsicora (3:0), Sumchanka aus der Ukraine (3:0) und Minsk (5:0) souverän den Gruppensieg gesichert.

Im Endspiel brachte Krüger den MSC in der 7. Minute per Siebenmeter in Führung. Anschließend war es vor allem der Defensivabteilung um die wertvollste Spielerin des Turniers, Nina Hasselmann, und die zur besten Torhütern gekürten Kim Platten zu verdanken, dass der knappe Vorsprung Bestand hatte. "Das war eine Abwehrschlacht", sagte Hasselmann, "das haben wir schön dreckig nach Hause verteidigt. Aber danach fragt ja später kein Mensch mehr." Coach Schriever bestätigte ihre Sicht auf die Dinge und stellte einen langen Abend in Aussicht. "Mein Chef hat das Spiel gesehen - dem muss ich glaub ich nicht extra sagen, dass ich morgen nicht kommen werde."

Schriever und das Team hatten die Priorität mit Beginn der abgelaufenen Bundesliga-Rückrunde komplett auf die Club Trophy verlegt und belohnten sich mit einer starken Leistung zum entscheidenden Zeitpunkt. "Dieser Titel freut mich für alle im Kader, aber besonders für die Spielerinnen, die aufhören werden", sagte er, "die haben jahrelang saustarkes Hockey gespielt und sind so oft im Finale oder Halbfinale gescheitert. Es wäre ganz bitter gewesen, wenn die eine Generation ohne Titel geblieben wären." Hasselmann und Platten beenden ihre Karrieren beim MSC aus beruflichen Gründen, in den kommenden Tagen werden weitere Rücktritte erwartet. Ob Schriever, der im Herbst als Interimslösung für den erkrankten Chris Faust eingesprungen war, Trainer bleibt, ist dagegen wieder offen. Lange hatte er diese Variante aufgrund der zeitlichen Belastung kategorisch ausgeschlossen, nun ist er eine von mehreren Optionen, die Klubführung und sportliche Leitung in den kommenden zwei Wochen diskutieren wollen.

Abgesehen von der sportlichen Relevanz, die das Ergebnis auch für die internationale Rangliste hat, nach der die Europapokalplätze an die Ligen vergeben werden, hatte der Erfolg eine politische Komponente. "Es ging für den Hockey-Standort München darum, ob wir so etwas Großes ausrichten können", sagte Nahr, "und wir können es." Zuschauer, Teilnehmer und offizielle Turnierleitung waren voll des Lobes. "Wir haben Werbung für den Hockeysport gemacht", sagte Nahr.

Die Sportart hat es nach wie vor nötig, leidet sie doch an vielen Standorten unter einem Problem, das eigentlich ein Glücksfall sein sollte: der starken Durchmischung von Breiten- und Spitzensport. Für die Förderung des Breitensports sind jedoch die Städte, für die des Leistungssports Bund und Länder zuständig. Das führte in München in der Vergangenheit dazu, dass sich nicht alle, sondern eher niemand so recht zuständig fühlte. "Wir werden zwischen Breiten- und Spitzensportförderung ein bisschen zerrieben", sagte Nahr. Und meinte damit: gerne mal vergessen. Mit dem Wiederaufstieg der MSC-Männer in die erste Feld-Liga und dem Europapokalsieg der Frauen dürfte das künftig nicht mehr ganz so leicht fallen.

© SZ vom 06.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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