Hockey:Kernkompetenz Kopfrechnen

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Die rivalisierenden Münchner Hockeyklubs gewinnen den traditionsreichen Löwenpokal.

Von Katrin Freiburghaus, München

Man kennt es ja: Wo Erfolg ist, staunt man alsbald über die Menge seiner - nicht selten unglücklichen - Väter. Das ist nicht nur im Jugendsport, aber vor allem dort ein verbreitetes Phänomen. Denn ambitionierte Jugendliche spielen ja oft nicht von Anfang an in dem Verein, für den sie dann Pokale gewinnen. Sie wechseln, wenn die Perspektiven anderswo besser sind. In München profitiert davon im Hockey derzeit der Münchner Sportclub (MSC), der mit Erstliga-Mannschaften bei den Männern und Frauen ein bayernweites Alleinstellungsmerkmal besitzt und somit ein gutes Sprungbrett für Talente ist.

Zwei Teams des MSC - die Knaben A und die weibliche A-Jugend - schafften am vergangenen Wochenende die Qualifikation für die deutschen Meisterschaften. Die im Hintergrund und nicht zitierfähig geäußerte Kritik, die Akteure stammten in großer Zahl ursprünglich von anderen Münchner Klubs, findet Jugend-Chefcoach Christoph Elste nur bedingt nachvollziehbar. "Ein Talent kommt doch zu uns, weil es den nächsten Schritt machen möchte", sagt er, "und wir betonen immer wieder, welchen Anteil am Erfolg die Vereine haben, aus denen die Spieler kommen." Der Mechanismus sei ganz normal. "So wie wir jetzt Katharina Kirschbaum zum Club an der Alster nach Hamburg verloren haben, so haben viele andere Münchner Vereine die Situation, dass Talente zum MSC gehen", sagt er. Zumal dasselbe etwa für den ESV München gelte, der mit seiner weiblichen Jugend B ebenfalls zur deutschen Endrunde fährt und gleichfalls als Magnet für Jugendliche aus kleineren Vereinen in der Nachbarschaft fungiere.

Jeder Spieler muss mindestens 40 Jahre alt sein. Alle zusammen 500

Georg Stolle und seine Mitspieler sind derlei Animositäten seit Jahren, ja Jahrzehnten, entwachsen. Denn Stolle und eine Reihe ehemaliger Bundesligaspieler jenseits der Vierzig bilden die Münchner Senioren-Auswahl, die sich aus Spielern diverser Klubs zusammensetzt und gemeinsam vor anderthalb Wochen den seit 1960 ausgespielten Löwenpokal gewann. Im Regelwerk des vom Präsidium des Bayerischen Hockey-Verbandes ins Leben gerufenen Wettbewerbs finden sich so launige Passagen wie die Bedingung, dass nicht nur alle Spieler mindestens 40 Jahre alt sein, sondern dass die elf auf dem Feld befindlichen Spieler gemeinsam auch 500 Jahre zusammenbekommen müssen. Kopfrechnen beim Auswechseln gehört also zur Kernkompetenz der Trainer.

Wer um den Pokal spielt, wird über eine Liste von Herausforderern geregelt. Der Herausforderer muss gewinnen, um den Pokal zu erringen, dem Verteidiger genügt bereits ein Remis. Zehn Mal hatte die Münchner Stadtauswahl seit 1960 vergeblich versucht, den gleich im ersten Spiel an Hamburg verlorenen Pokal zurückzuholen. Beim 1:0 in Berlin glückte nun der elfte Versuch. Dass die Münchner überhaupt antreten durften, verdankten sie ihrem Verzicht auf die Verteidigung des noch sehr jungen Parallelwettbewerbs Bärenpokal. "Der ist ins Leben gerufen worden, um die Wartezeiten für die Stadtauswahlen zu reduzieren", sagt Stolle. Um diesen Zweck nicht zu unterlaufen, ist es verboten, Titelverteidiger beider Pokale zu sein.

München verteidigte den vor fünf Monaten in Mannheim gewonnenen Bärenpokal deshalb zwar erfolgreich gegen Leverkusen, gab ihn dann aber direkt an die beiden nächsten Herausforderer weiter. "Es ging uns nicht darum, ihn zu haben, wir wollten nur unser Spiel gewinnen", sagt Stolle über die Berliner Trophäe. Die nächste Verteidigung des Löwenpokals steht im kommenden Frühjahr an. Ein Termin am Rande eines Bundesliga-Spieltags beim MSC ist geplant. Dass viele Spieler zu ihrer aktiven Zeit erbitterte Lokalrivalen des MSC waren, ist dabei längst kein Hinderungsgrund mehr.

© SZ vom 19.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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