Hockey:Familienangelegenheiten

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Papa bei der Abwehrarbeit: Der Münchner Hockeyspieler Nikolai Duda (links) im Zweikampf mit dem Nürnberger Joshua Kastner. (Foto: imago/Zink)

Das Ehepaar Duda hat zwei kleine Kinder und eigentlich keine Zeit - außer um gemeinsam Bundesliga-Hockey beim Münchner SC zu spielen.

Von Katrin Freiburghaus, München

Vor sieben Jahren trat Nina Duda, damals noch unter ihrem Mädchennamen Wagner, nach dem Wiederaufstieg in die erste Liga aus dem Hockey-Team des Münchner Sportclubs zurück. Mittlerweile hat sie zwei Kinder im Kindergartenalter, spielt mal in der zweiten, mal in der dritten Mannschaft. Als sich im Herbst aufgrund zahlreicher verletzungs- und berufsbedingter Absagen abzeichnete, dass Frauentrainer André Schriever für die Erstligasaison in der Halle nicht nur wenig Erfahrung, sondern auch relativ wenige Spielerinnen zusammenbekommen würde, fragte er bei der ehemaligen MSC-Kapitänin an, ob sie sich ein Kurzengagement vorstellen könnte. Duda sagte zu und wird an diesem Wochenende in Rüsselsheim und Mannheim wie schon beim Auftakt vor einer Woche die jugendliche Abwehr sortieren.

Das wäre an sich noch nichts Außergewöhnliches, in der Halle kommt es immer wieder vor, dass erfahrene Ehemalige den Schläger noch einmal für drei Monate in die Hand nehmen. Dann kümmert sich am Spieltag eben der Ehemann um die Familie. Die Besonderheit in Dudas Fall ist: Der Ehemann hat keine Zeit. Denn Nikolai Duda muss selbst spielen. Der 37-Jährige bildet mit Felix Greffenius seit 2004 das unzertrennliche Verteidigerduo des Männerteams. Am Samstag steht es in Ludwigsburg in der Halle. Zwar denken die beiden seit Jahren laut über ihren Abschied nach, so richtig ernst wurde es damit aber noch nie. "Niko kommt ja jedes Jahr aufs Neue in der Vorbereitung vorbei und sagt: 'Wenn es noch reicht, spiele ich weiter'", sagt Greffenius. Wenig überraschend hat es für den ehemaligen Hallen-Nationalspieler und zweimaligen deutschen Hallenmeister bisher immer gereicht. "Und so lange er spielt", sagt Greffenius, "kann ich auch nicht einfach aufhören. Da sind wir in einem Teufelskreis."

Für den MSC ist diese Situation ein Glücksfall, für die Dudas anspruchsvolle Normalität. Laut Nina stand es nie zur Debatte, ihren Mann, der seit über drei Jahrzehnten Klubmitglied ist, zum baldigen Karriereende zu drängen. "Solange er das möchte, werde ich es ihm sicher nicht verbieten", sagt sie, "wir haben schon immer gespielt und wissen, was für ein Aufwand dahintersteckt." Sie zog vor 17 Jahren von Düsseldorf nach München und heuerte beim MSC an, weil sie bei früheren Aufeinandertreffen den Eindruck gehabt hatte, "dass man mit denen immer gut auskam". Ihre Intuition trog sie nicht, sie lernte im Klub nicht nur schnell Freunde, sondern auch ihren Mann kennen. "Ich mache das jetzt schon auch für den MSC", betont sie, "woanders würde ich nicht mehr spielen". Sofern der Sport irgendwie mit dem Alltag vereinbar sei, gehöre er zum Familienleben eben "einfach dazu".

Es sei jedoch angesichts von drei Trainingseinheiten pro Woche und Bundesliga-Spielen am Wochenende allerhand zu organisieren, räumt Nikolai ein. "Wenn man will, geht es schon", sagt er, "aber wenn wir nicht beide mit dem Hockey aufgewachsen wären, wäre es wahrscheinlich nicht möglich, dass ich immer noch spiele - und wir jetzt sogar noch mal beide." Nikolai Dudas Eltern, die selbst nie hochklassig spielten, gehören zum festen Kern des Klublebens. Sein Vater sprang im Jugendteam seines Sohnes von Anfang an in diversen Rollen ein, wo immer Not am Mann war - das System hat sich bis heute bewährt. Wenn wie am Wochenende Auswärtsspiele anstehen, betreut er mit seiner Frau nun die Enkel.

Dass sich zu Hause schon immer viel um Hockey drehte, betrachtet Nikolai Duda nicht als Problem. Für eine Beziehung sei es schließlich von Vorteil, "wenn man die Zeit, die man in ein Hobby investiert, das man ein bisschen exzessiver betreibt als andere", zumindest gemeinsam verbringe, findet er. Dass die meisten aktuellen Mitspieler völlig andere Lebenswirklichkeiten haben als er und seine Frau, weil viele von ihnen bis zu 20 Jahre jünger sind, wertet er mittlerweile als Privileg. "Ist doch schön, dass ich noch mitspielen darf", sagt er und lacht. Auch Nina reizte es, "noch einmal auf einem anderen Niveau zu spielen".

Obwohl Klubbindung, sportliche Herausforderung und das Interesse an ihren Teams wichtige Faktoren sind: Das Wort, mit dem beide am häufigsten auf Fragen nach Belastung und Aufwand antworten, ist "Spaß". Sie meinen das offenbar ernst. Am Mittwoch zum Beispiel feierten sie ihren Jahrestag. Sie hatten für den Abend einen Babysitter engagiert. Sie gingen: zum Training.

© SZ vom 09.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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