Hockey:Drangeblieben

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"Wir glauben immer an uns." Hier zeigt Anissa Korth (rechts) für den Münchner SC gegen den UHC Hamburg vollen Einsatz. (Foto: Claus Schunk)

Nach einer ängstlichen Vorstellung bis zur Pause erobern Münchens Hockey-Frauen nach zweimaligem Rückstand gegen den aktuellen deutschen Meister UHC Hamburg beim 2:2-Unentschieden immerhin noch einen Punkt.

Von Marcel Bothe, München

Möglicherweise hatten die Hockeyspielerinnen des Münchner Sportclubs nicht so ganz genau hingehört, als die Stadionsprecherin am Sonntag vor dem Spiel eine kurze Durchsage machte. Von Geschenken war da die Rede, das schon. Man habe ein paar Ostereier versteckt für die Kinder, die Finder könnten diese dann gegen Geschenke eintauschen. Ostern ist zwar erst in knapp zwei Wochen, aber wer nimmt es schon so genau, wenn es Geschenke gibt?

Die MSC-Spielerinnen jedenfalls nahmen die Durchsage etwas zu genau und verschenkten zum Rückrundenauftakt der Feldhockey-Bundesliga die erste Halbzeit. Viele einfache Fehlpässe, viel Platz für den Gegner. "Am Anfang waren wir ein bisschen ängstlich", meinte Trainer André Schriever hernach.

"Man merkt, dass man sich einige Wege sparen muss", sagte Hannah Krüger

Der Gegner beim 2:2 war aber auch kein Schlechter: der UHC Hamburg, aktueller Meister, in seinem Kader sechs deutsche Nationalspielerinnen. Neben Eileen Hoffmann fehlte aus diesem Kreis auch Lisa Altenburg. Die Nationalstürmerin laboriert an einem Syndesmoseanriss und verdeutlicht ganz nebenbei, wie klein doch die Hockeywelt sein kann. Ihr Mann ist Valentin Altenburg, der frühere Nationaltrainer der Männer. Sein Nachfolger: Stefan Kermas, ehemals MSC.

Im Spiel machte sich Altenburgs Fehlen zunächst nicht weiter bemerkbar. Gleich die erste große Chance nutzte der UHC, Katharina Otte verwandelte eine Strafecke zum 1:0 (9.). Schriever forderte, den Ball fortan mehr in den eigenen Reihen zu halten, doch kurz darauf hatte der UHC schon wieder viel Platz und Zeit, einen Angriff aufzubauen - allerdings nur, weil er plötzlich Anstoß hatte. Stephanie Frenz hatte eine Strafecke zum Münchner 1:1 verwertet 1:1 (12.). Dennoch habe seine Mannschaft einfach nicht ins Spiel gefunden, resümierte Trainer Schriever später, und in der Tat: Die Gäste drängten auf das 2:1, sie setzten eine Strafecke an den Pfosten (23.), sie scheiterten an Münchens Torhüterin. Die fünfte Strafecke nutzte Hamburg dann aber doch zum 1:2, Charlotte Stapenhorst traf ins Eck (27.).

Nun war der MSC doch eigentlich gut in Form, in der Vorwoche hatte er bei einem Vorbereitungsturnier in Worms gesiegt und dabei auch den UHC hinter sich gelassen. Das zeigte er dann nach der Pause. "In der zweiten Halbzeit haben wir uns dann reingekämpft", lobte Schriever. Sein Team wurde nun druckvoller und erspielte sich Möglichkeiten. Es mangelte aber an den Kleinigkeiten. Maike Cartsburg traf nach scharfer Hereingabe den Ball nicht (47.), Philin Bolle sah, dass ihre Gegenspielerin sie nicht sieht, eroberte den Ball, spielte den Doppelpass mit Cartsburg - aber verfehlte das Tor (68.). Die Wucht wurde größer, auch Hamburgs Trainer Claas Henkel, der ja ebenfalls mal beim MSC arbeitete, merkte das. Seine Kommentare wurden lauter, sie erfolgten öfter. Der UHC kam aber auch zu Kontern. "Wir haben daraus aber nicht so viele Chancen zugelassen. Das ist eine Qualität von uns", meinte Schriever.

Die zweite Qualität: "Wir glauben immer an uns." Ein schöner Satz, den wohl jeder Trainer verwendet, um den Willen seiner Mannschaft zu verdeutlichen. Schriever aber hatte jedes Recht dazu, denn seine Mannschaft erspielte sich noch eine große Chance. Mit der letzten Aktion des Spiels bekam der MSC noch einmal eine Strafecke. Der Jubel auf den Rängen war groß, alle wussten: In unseren Reihen ist Hannah Krüger, Olympiadritte von Rio, im Tor von Hamburg nur die zweite Torhüterin. Krüger setzte an zum Schuss, das dachten alle, doch der Ball kam zu Maike Cartsburg, sie wartete am langen Pfosten. 2:2.

"Wir sind natürlich happy, der Punkt ist verdient", sagte Krüger, die im Sport zuletzt einen Schritt zurückgetreten ist. Das Thema Nationalmannschaft ist vorbei, vor Olympia schloss sie ihr Lehramtsstudium in Biologie und Chemie ab. Da geht ein Spiel unter der prallen Sonne schon auf die Puste. "Man merkt, dass man sich einige Wege sparen muss", sagte sie. Unter der Woche war sie mit der goldenen Ehrenmedaille der Stadt München ausgezeichnet worden. Ein netter Abend sei das gewesen, schön, dass die Leistung honoriert werde. Suchen musste sie dieses Geschenk nicht, es lag nirgendwo versteckt. Sie hatte es sich einfach verdient.

© SZ vom 03.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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