Hockey:Die Party ist verschoben

Lesezeit: 3 min

Zwei Matchbälle, zweimal Unentschieden: Die Hockey-Männer des Münchner SC verpassen den vorzeitigen Aufstieg in die erste Bundesliga, was weder Trainer noch Spieler beunruhigt: Am kommenden Wochenende gibt es zwei weitere Chancen.

Von Katrin Freiburghaus, München

Es ist der Albtraum jedes Stürmers: Auf das leere Tor zuzulaufen - und das Spielgerät daran vorbei zu schießen, zu werfen oder zu schlagen. Da sei wohl einer in Gedanken schon beim Torjubel gewesen, meckern Trainer in solchen Fällen gerne. Und nach Meckern wäre wohl auch Konstantin Rentrop am Sonntag zu Mute gewesen, wenn seine Spieler nicht ohnehin schon völlig konsterniert auf ihrem Hockey-Rasen herumgelegen hätten. Dabei hatten die Zweitliga-Männer des Münchner SC mit dem unnötigen 2:2 (1:0) gegen Limburg gar nichts verloren. Sie waren eben nur nicht vorzeitig in die erste Liga aufgestiegen, obwohl das zwei Spieltage vor dem Ende der Saison aus eigener Kraft bereits möglich gewesen wäre.

"Wenn man so komfortabel vorne liegt wie wir vor diesem Wochenende, sind die Gedanken manchmal vielleicht wirklich schon diesen Schritt zu weit", sagte Trainer Rentrop. In den vergangenen Wochen hatte die Mannschaft um Kapitän Felix Greffenius scheinbar mühelos einen Sieg an den nächsten gereiht und war dem letzten Verfolger Blau-Weiss Berlin auf acht Punkte Vorsprung enteilt. "Vielleicht war genau das ein Problem, dass vorher alles geklappt hat", sagte Michael Hummel, Torschütze zur zwischenzeitlichen 1:0-Führung für den MSC (17.) gegen Limburg.

Während Berlin beide Partien des Wochenendes gewann, hatte der MSC bereits im Heimspiel am Samstag gepatzt: Gegen Frankfurt kassierten die Münchner in der 70. Minute den Ausgleich zum 3:3-Endstand. "Gegen Limburg haben wir dann 70 Minuten auf ein Tor gespielt, aber da fehlte auch ein bisschen das Quäntchen Glück, das wir in anderen Spielen hatten", sagte Rentrop. Allerdings gab er zu bedenken: "Es ist ja nichts passiert. Wir sind vier Punkte vorne und haben immer noch zwei Matchbälle." Ein Sieg aus den letzten beiden Spielen genügt. Aufgabe in der kommenden Woche sei es deshalb, das Selbstbewusstsein zu stärken "und den Fokus wieder zu bekommen".

Auch Hummel bezeichnete die noch ausstehenden Auswärtsspiele in Stuttgart und Frankenthal als "reine Kopfsache". Das sollte allerdings nicht bedeuten, dass die Partien im Vorbeigehen zu gewinnen wären, sondern das exakte Gegenteil, wie Rentrop klarstellte: "Wir müssen eine deutliche Leistungssteigerung hinbekommen", sagte er. Obwohl trotz der ausgefallenen Aufstiegsparty weiterhin alle Zeichen klar auf Aufstieg stehen, schwante Greffenius, dass in den kommenden Tagen Arbeit auf ihn und die wenigen Routiniers im Team warten wird. "Der eine oder andere Spieler wird jetzt schon noch mal ins Grübeln kommen", sagte der 33-Jährige. Auch die beiden derzeit erfolgreichsten MSC-Angreifer Hummel und Alexander Inderthal gelte es "noch mal aufzubauen, weil wir die für die letzten Spiele noch mal am Leistungsmaximum brauchen".

Dabei laufen die beiden Angreifer innerhalb der Mannschaft längst unter der Rubrik Mittelsegment. "Als Youngster sehen wir eher unsere 17- und 18-Jährigen", erklärt Rentrop. Hummel steht im aktuellen deutschen U-21-Kader, Inderthal ist ihm kürzlich entwachsen. Weil beim MSC lange Zeit nicht so viele Nachwuchskräfte ins Bundesligateam drängten wie im Moment, fehlen Mittzwanziger. "Das sind beides Leistungsträger, die viel Qualität ins Spiel bringen", sagt Rentrop. Dass sie mit Anfang 20 bereits Verantwortung übernehmen müssen und nicht mitschwimmen, sei aber kein MSC-Phänomen, sondern einem generellen Strukturwandel innerhalb der Sportart geschuldet. "Viele spielen in dem Alter schon Olympia", sagte er.

Die Umstellung auf kürzere Studiengänge, die viel Wert auf Vollzeit-Praktika und Auslandsaufenthalte legen, habe den Altersschnitt im Hockey insgesamt gedrückt. "Es gibt in den Mannschaften kaum noch Spieler über 30", sagte Rentrop. Denn parallel zum früheren Berufseinstieg ist der sportliche Aufwand in den vergangenen zehn Jahren extrem gestiegen. Viele Spieler beenden ihr aktive Karriere deshalb bereits mit Mitte Zwanzig. In der neuen Mitte und damit im Fokus der Verantwortung stehen Spieler wie Hummel.

Wer wie der gebürtige Münchner, der vor zwei Jahren wegen der besseren Perspektive vom Stadtrivalen Rot-Weiß zum MSC wechselte, Ambitionen in Richtung Nationalmannschaft hegt, kommt schnell auf das Pensum einer unbezahlten Halbtagsstelle. "Ich pendle momentan zwischen Hockey und Uni", sagte er. Dreimal Klubtraining, dreimal Stützpunkttraining, Spieltage, Lehrgänge "und dann halt individuelle Einheiten, wenn es passt" - so umreißt Hummel seine derzeitigen Trainingsumfänge. Sie wären eine passable Grundlage für die erste Liga. Jetzt müssen seine Mannschaft und er dort an den verbleibenden beiden Spieltagen nur noch ankommen.

© SZ vom 22.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: