Handball:Überraschung mit Ansage

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Fürstenfeldbrucker Fuchs-Jagd: Alexander Leindl, 18, rechts, bedrängt den norwegischen Nationalspieler Kent Robin Tönnesen. (Foto: Günther Reger)

Drittligist TuS Fürstenfeldbruck bereitet Bundesligist Berlin Probleme und tankt Zuversicht für die Liga

Von Ralf Tögel, Fürstenfeldbruck

Am meisten schienen Kent Robin Tönnesen und Drago Vukovic überrascht. Beide sind Handball-Profis von außerordentlicher Güte, Tönnesen ist Nationalspieler und momentan nur deshalb nicht mit der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele in Brasilien beschäftigt, weil die Norweger in der Qualifikation an Kroatien und Dänemark gescheitert waren. Vukovic spielt für die kroatische Auswahl, wurde allerdings nach erfolgreicher Rio-Qualifikation aussortiert. Somit mussten die beiden zusammen mit Bjarki Mar Elisson, der ebenfalls vom isländischen Trainer nicht für Rio berücksichtigt wurde, zum Testspiel des Bundesligisten Berliner Füchse beim TuS Fürstenfeldbruck antreten. Insgesamt elf Profis fehlten dem EHF-Pokalsieger von 2015, weil sie mit ihren jeweiligen Nationalteams eben in Brasilien antreten oder Verletzungen auskurieren. Und ganz offenbar hatten die verbliebenen drei Stammkräfte im Team des Bundesliga-Fünften nicht mit so viel Gegenwehr eines Drittligisten gerechnet. Jedenfalls agierten gerade Vukovic und Tönnesen phasenweise recht ruppig und gereizt.

Für die Brucker war es dagegen der Höhepunkt der Vorbereitung sowie eine Belohnung für die vergangene Saison. Die hatte der TuS zwar als Zweiter abgeschlossen, aber auf die Meldung für die zweite Liga und damit auf den möglichen Aufstieg verzichtet. Solche Promi-Gastspiele kosten viel Geld, 10 000 Euro an die Füchse galt es dafür zu berappen. Die Halle war trotz des Sommerwetters voll und bescherte dem TuS die erhoffte schwarze Null, schließlich gibt es nicht jeden Tag einen Weltpokalsieger zu sehen. Der allerdings neben besagten Stammspielern den Kader mit Nachwuchskräften und Jugendspielern auffüllen musste und mit nur neun Akteuren antrat. Schon das pomadige Aufwärmen verdeutlichte, dass die Füchse den Besuch in Bruck an das Ende eines kraftraubenden Vorbereitungswochenendes gelegt hatten mit einem hochklassig besetzten Turnier in Stuttgart, von wo die Mannschaft direkt nach Bruck angereist war. Zusammen mit den hohen Temperaturen und dem hartnäckig und leidenschaftlich kämpfenden Gegner war dies keine Aufgabe, die nebenbei zu erledigen war, der sich die Berliner aber immerhin mit 33:29 (16:12) erfolgreich entledigten. Auch dank der drei Ausnahmekönner, die sich immer, wenn es eng wurde, aufrafften und mit Einzelaktionen erfolgreich waren: Tönnesen, Elisson und Vukovic zeichneten für 25 der 33 Füchse-Tore verantwortlich.

Und es war in der letzten Viertelstunde eigentlich permanent eng, denn die Brucker hatten mehrmals die Chance zum Ausgleich, allein der wollte nicht gelingen. Was auch am Füchse-Keeper Petr Stochl lag: Der tschechische Nationalspieler war einmal mehr ein großer Rückhalt. Spielerische Gusto-Stückchen blieben die Gäste schuldig, den einzigen Kempa-Trick zeigte Brucks Yannick Engelmann. Die Physis gab für Berlin in den letzten Minuten den Ausschlag. "Als wir mitbekamen, dass sie mit der zweiten Garde antreten", so erzählte Martin Wild, "hat das den Charakter der Partie verändert." Der Trainer des TuS hatte einen hoch überlegenen Gegner erwartet. "So aber wollten wir gewinnen." Auch Beleg für das weiter gewachsene Selbstvertrauen der Brucker, die, nachdem sie den anfänglichen Respekt abgelegt hatten, durchaus in der Lage waren mitzuhalten.

War schon in der abgelaufenen Saison die Homogenität das große Plus des Drittligisten, so ist das spielerische Niveau weiter gestiegen. Auch dank der Tatsache, dass es erstmals seit langem weder abwandernde Schlüsselspieler noch verletzte Akteure zu kompensieren gilt. Vielmehr ist in Johannes Stumpf eben einer dieser Weggänge zurückgekehrt, weil er sich beim Bundesligisten Balingen-Weilstetten nicht wie erhofft in den Kader spielen konnte. Wild hat einen so jungen wie talentierten Kader beisammen, Spieler wie Stumpf, 20, Alexander Leindl, 18, und Tizian Maier, 20, stellten phasenweise einen äußerst jugendlichen Rückraum, bereiteten den Gästen große Probleme und ihrem Trainer "viel Freude". Zusammen mit arrivierten Kräften wie Torjäger Sebastian Meinzer, Abwehrchef Korbinian Lex, dem treffsicheren Außen Marcus Hoffmann, Routinier Tobias Prestele und dem Torhüter-Duo Michael Luderschmid und Lucas Kröger hat Wild einen qualitativ so starken und breit besetzten Kader wie nie zuvor. Was ein bislang ungeahntes Luxusproblem mit sich bringt: "Ich werde nicht alle Spieler glücklich machen können." Wild wird Härtefälle moderieren müssen.

Bis dahin ist allerdings noch viel Zeit, demnächst findet die erste Vorbereitungsphase ihr Ende, danach sollen die Spieler zehn Tage regenerieren, ehe vom 10. August an der Feinschliff beginnt. Momentan wird täglich trainiert, am Wochenende mehrmals getestet. Das Training ist also schon fast profihaft, sonst hat sich nichts geändert. Leidenschaft und Spaß sind die großen Triebfedern, die Grundlagen für neue Erfolge sollen laut Wild ebenfalls Bestand haben: "Harte Arbeit, Emotionalität und Bereitschaft." Dann werde der TuS weiter überraschen.

© SZ vom 26.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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