Handball:Schöne Geschichten

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Auf Vera Balk (re.) war Verlass: Die Rückraumspielerin ackerte in der Abwehr und war mit ihren sechs Toren im richtigen Moment zur Stelle. (Foto: Günther Reger)

Die Handballerinnen des HCD Gröbenzell melden sich im Drittliga-Titelkampf zurück

Von Ralf Tögel, Gröbenzell

Die Fakten: 28:23-Sieg, 10:4 Punkte, Platz vier. Das Spiel der Gröbenzeller Handballerinnen gegen den SV Allensbach lässt sich aber keinesfalls auf ein paar Zahlen reduzieren, dafür erzählt dieser Heimsieg zu viele Geschichten. Etwa die: Wie die Mannschaft nach drei Wochen Spielpause den Druck einer richtungsweisenden Partie wegsteckte und den starken Tabellenführer mit der bisher besten Saisonleistung bezwang. Oder wie sich Aline Fischer, deren Sportkarriere nach zwei Kreuzband-Operationen in kurzer Folge im linken Knie schon zu enden schien, mit enormer Beharrlichkeit zurückgekämpft hat und mit vorbildlichem Kampfgeist und großer Klasse die Mannschaft antrieb.

Oder wie sich etablierte Stammkräfte wie Verena Balk und Sina Fischer in den Dienst der Mannschaft stellen, um die nachrückenden Talente einzubinden. Und nicht zuletzt wie eben diese jungen Spielerinnen das Team mit ihrem Können und ihrer Unbekümmertheit auf ein neues Level befördern. Allen voran Junioren-Nationalspielerin Amelie Bayerl, die gerade volljährig geworden die Fäden im Spiel des Drittligisten zieht. Oder Verena Obermeier (6 Tore) und Beatrice Mazzucco (4), die mit ihren pfeilschnellen Kontern großen Anteil am Sieg hatten. Und natürlich die Geschichte von Torhüterin Theresa Bauer. Es lief bereits die 49. Minute, als Bauer einen Ball passieren ließ, den man als haltbar bezeichnen konnte. Es war einer von zweien im gesamten Spielverlauf, Bauers Leistung war die Basis für den famosen Gröbenzeller Erfolg, immer wieder entnervte sie die Gegnerinnen mit ihren Reflexen oder entschärfte platzierte Würfe aus der zweiten Reihe.

Vor zwei Jahren noch war die 20-Jährige mit dem TSV Schleißheim im Landesliga-Abstiegskampf engagiert, nun ist sie der große Rückhalt einer Drittliga-Spitzenmannschaft. "Theresa hat einen riesen Sprung gemacht", bestätigt Trainer Hendrik Pleines, was in erster Linie der Verdienst von Co- und Torwarttrainer Harald Fischer sei. "Er beschäftigt sich in jedem Training mit ihr", berichtet Pleines, angesichts der Tatsache, dass Fischer jahrelang in der Bundesliga im Tor stand und mit viel Trainererfahrung gesegnet ist, eine gute Idee. Überhaupt agierte die HCD-Abwehr auf überragende Art und Weise, diese Mannschaft mit ihrer Offensivqualität bei 23 Toren zu halten, wird nicht oft gelingen.

Es war eine Klassepartie vor 350 begeisterten Zuschauern, ein Spiel auf hohem Niveau mit nie nachlassendem Tempo und ungeheurer Intensität. Und mit zwei prägenden Torfrauen. Denn Bauers Gegenüber Nathalie Wörner war ihr mindestens ebenbürtig. Nach zwölf Minuten waren daher gerade einmal fünf Tore gefallen, wohl gemerkt trotz Angriffshandball auf sehr hohem Level. Befeuert von den Paraden Wörners legten die Gäste abgeklärt und im Stile eines Tabellenführers vor, der HCD zog aber postwendend gleich. Es waren dann doch die routinierten Kräfte im HCD-Team, die das Spiel in ihre Richtung zwangen: Vera Balk (6) und Top-Torschützin Aline Fischer (8) schafften mit fünf Treffern den letztlich entscheidenden Vier-Tore-Vorsprung zum 14:10-Pausenstand.

Der Tabellenführer wollte sich dem aber keineswegs fügen, vielmehr kämpften sich die Gäste noch einmal auf 15:18 heran. Danach aber brachen die flinken Außenspielerinnen Obermeier und Mazzucco mit drei Gegenstoßtoren in Serie den Widerstand des Primus endgültig.

Allensbachs Trainer Claus Ammann monierte die Chancenverwertung der Seinen, zollte aber dem Gegner Respekt: "Das ist eine sehr starke Mannschaft, man hat keinerlei Kräfteverschleiß gemerkt. Sie waren diese fünf Tore besser, vielleicht hat auch die Motivation gegen den Tabellenführer geholfen." Was Aline Fischer gerne bestätigte: "Ich glaube wir wollten den Sieg mehr." Wofür die Kreisläuferin das beste Beispiel war, letztlich war es aber die Leistung eines äußerst stimmigen Kollektivs, die dem Trainer noch eine schöne Erkenntnis brachte: "Wir haben heute bewiesen, dass wir zwei Abwehrsysteme beherrschen." Im Gegensatz zur offensiven 3:2:1-Variante der Vorwochen begegnete Pleines dem spielstarken Primus mit einer defensiven 6:0-Abwehr.

Dieser Sieg macht die Liga wieder spannend, Primus bleibt Allensbach (12:4 Punkte) vor dem punktgleichen SC Korb und Möglingen (11:5). Gröbenzell (10:4) liegt mit zwei Partien weniger auf dem vierten Rang. "In dieser Liga kann jeder jeden schlagen", sagte Pleines noch, was auch die Zustimmung vom Kollegen Ammann fand. Es bleibt spannend - auch eine schöne Geschichte.

© SZ vom 22.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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