Handball:Reise in die eigene Vergangenheit

Lesezeit: 2 min

"Wir haben uns weiterentwickelt": Spieler aus der zweiten Reihe wie Christian Haller, 24, geben dem TuS Tiefe und Stabilität. Ein Gefälle gibt es kaum noch. (Foto: Günther Reger)

Der klare Sieg beim Drittliga-Schlusslicht Zweibrücken verdeutlicht die Entwicklung des TuS Fürstenfeldbruck vom Abstiegskandidaten zum Mitfavoriten

Von Ralf Tögel, Fürstenfeldbruck

Es war ein Déjà-vu der besonderen Art, denn in gewisser Weise sind die Fürstenfeldbrucker Drittliga-Handballer am vergangenen Wochenende ihrer eigenen Vergangenheit begegnet. Gegner Zweibrücken ist derzeit etwa da, wo sich der TuS vor zwei Jahren befand, nämlich tief im Kampf um den Klassenerhalt. Seinerzeit hatte Fürstenfeldbruck einen großen Umbruch zu gestalten, erfahrenen Kräfte durch junge Talente zu ersetzen. Der Ligaverbleib gelang erst über den Umweg durch die Relegation. Längst hat sich gezeigt, dass der TuS den richtigen Weg eingeschlagen hat. Trainer Martin Wild hat seine Mannschaft zu einem ernsthaften Anwärter auf die Meisterschaft geformt.

Aktuell macht Zweibrücken diesen Umwandlungsprozess durch. Das Gros der Spieler ist gerade der A-Jugend entwachsen. "Die waren noch deutlich jünger als wir", stellte Wild angemessen erstaunt fest, was in der dritten Liga zu den seltenen Gegebenheiten zählt. Der 32:28-Sieg des Tabellendritten beim Schlusslicht war nicht überraschend, brachte den TuS nach zwei Niederlagen aber wieder auf Kurs und gab dem Trainer Gelegenheit, einigen Akteuren aus der zweiten Reihe viel Spielzeit zu gönnen. Das war zuletzt weniger der Fall, denn in Horkheim sowie zu Hause gegen Nußloch galt es zu punkten - was bekanntlich nicht gelang.

Vor allem die Heimniederlage gegen Nußloch "wirkte lange nach", wie Wild zugibt. Beim Videostudium hätten Trainer und Spieler erst richtig erkannt, welche Chance sie da hatten liegen lassen. Der Schaden hält sich dennoch in Grenzen. Nußloch hat bei der Bundesliga-Reserve von Balingen-Weilstetten verloren und wurde von den Württembergern an der Tabellenspitze abgelöst, hat nun wie der punktgleiche Dritte aus Bruck zwei Zähler Rückstand auf den neuen Primus. "Die Liga ist viel ausgeglichener, als ich angenommen habe", sagt Wild. Den Tabellensiebten Oftersheim trennen nur vier Punkte von der Spitze.

Nun aber glaubt der Brucker Trainer die beiden Niederlagen aufgearbeitet, der Sieg in Zweibrücken habe diesen Prozess beendet. Der Erfolg geriet zwar bisweilen etwas zäh, war nach seiner Ansicht indes nie in Gefahr: "Wir hatten eine schwächere Phase in der ersten Halbzeit", sagt Wild, in der die Pfälzer einen 11:13-Rückstand in eine 16:13-Führung drehten, doch der TuS hatte stets die Klasse zu kontern. Zur Halbzeit war Bruck wieder dran (15:16), legte im zweiten Abschnitt stets vor und setzte sich beim Stand von 23:23 zehn Minuten vor dem Ende mit sechs Treffern in Serie entscheidend ab. Was zum einen daran lag, dass Wild die Abwehr defensiver ausrichtete, zum anderen griff er zwischenzeitlich doch auf die erste Rückraumgarde zurück. Sebastian Meinzer, Tizian Maier und Johannes Stumpf bekamen ausgedehnte Pausen, Meinzer agierte zuletzt nicht in Bestform, Maier (Grippe) und Stumpf (eingeklemmter Nerv im Arm) waren angeschlagen angereist.

Außerdem drängt die zweite Reihe nach vorne: "Wir haben kein großes Leistungsgefälle im Kader", erinnert Wild, was Yannick Engelmann, Christian Haller und Alexander Leindl erneut unter Beweis stellten. Vor allem diese Tiefe im Kader sowie eine große Kontinuität in den vergangenen zwei Jahren hat aus dem Abstiegskandidaten einen Titelfavoriten gemacht. Das nehmen die Brucker selbst gerne zur Kenntnis. Zweibrücken jedenfalls gewann selbst aus der Niederlage "gegen das Spitzenteam der dritten Liga" positive Erkenntnisse. Dass seine jungen Spieler gegen "körperlich überlegene Bayern" lange mithalten konnten, habe Trainer Tony Hennersdorf "einen Entwicklungsprozess" signalisiert. Dem Kollegen aus Bayern geht es ähnlich: "Wir haben eine neue Entwicklungsstufe erreicht", sagt Wild, was dem TuS mehr Respekt einbringe, ihn aber auch zum Gejagten mache: "Ich sehe das in erster Linie als Kompliment, aber es macht die Sache nicht einfacher." So kommt es, dass mittlerweile die Brucker Trost spenden: Vor drei Jahren, sagte Christian Haller, sei man selbst in einer ähnlichen Situation gewesen wie Zweibrücken. Die junge und unerfahrene Mannschaft habe erst auf den letzten Drücker die Liga gehalten: "Aber wir sind zusammengeblieben und haben uns weiterentwickelt." Den jungen Pfälzern traue er das auch zu, sagte Haller. Er ist selbst gerade mal 24 Jahre alt.

© SZ vom 16.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: