Handball:Mitreißendes Lebenszeichen

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Gröbenzells Handballerinnen gelingt gegen die FSG Waiblingen-Korb der zweite Saisonsieg in der zweiten Bundesliga. Weil die jungen Talente und die routinierten Kräfte eine überzeugende Mischung geben.

Von Ralf Tögel, Gröbenzell

Hendrik Pleines ist ein angenehmer Gesprächspartner. Er redet zumeist reflektiert, in wohl temperierten, druckreifen Sätzen. Am vergangenen Samstagabend aber fehlten sogar ihm für einen kurzen Moment die Worte. Er war geflutet von Emotionen, überlegte kurz, dann sagte er: "Was soll ich dazu sagen?" Kurz vor seiner temporären Sprachlosigkeit war er noch völlig euphorisch durch die Halle gerannt, herzte jede Spielerin, die er zu fassen bekam, reihte sich in den Kreis der jubelnden und hüpfenden Spielerinnen ein. Denn einen weiteren Moment früher hatte Kreisläuferin Lisa Antl einen Tempogegenstoß zum 29:28 vollendet, der Siegtreffer der Gröbenzeller Handballerinnen gegen die FSG Waiblingen-Korb. In einer intensiven und spannenden, ja mitreißenden Partie.

Es war der zweite Sieg in einer Saison, in die der Aufsteiger viel investiert, die ihn dennoch immer wieder an Grenzen führt. In einer Saison, in der die Gröbenzellerinnen zahlreiche Nackenschläge zu verkraften hatten, die ihnen aber auch immer wieder offenbart, dass die teilweise mit international erfahrenen Spielerinnen bestückten Kontrahenten nicht in unerreichbarer Ferne spielen. Auch Samstagsgegner Waiblingen hat erlesenes Personal, etwa die Polin Monika Odrowska oder die ungarische Torhüterin Tünde Nagy. Und andere Ambitionen, schon vor der Niederlage beim Schlusslicht war klar, dass das Trainerteam ausgetauscht wird, ein Platz im hinteren Mittelfeld ist den Verantwortlichen deutlich zu wenig.

Gröbenzell dagegen bleibt trotz dieses Husarenstücks Tabellenletzter, der sportliche Abstieg ist nur noch in der Theorie zu vermeiden. Dennoch denkt man beim HCD perspektivisch, und in dieser Hinsicht sind die Aussichten durchaus motivierend. Denn gegen Waiblingen waren es einmal mehr die Nachwuchskräfte, die auf sich aufmerksam machten. Zuvorderst die 18-jährige Verena Oßwald, die Rückraumspielerin stach nicht nur wegen ihrer acht Treffer heraus. Auch Lisa Antl (3 Tore) wusste nicht nur wegen ihres Siegtores zu überzeugen, die erst 17-jährige, robuste Kreisläuferin verfügt über viel Potenzial. Einen Sahnetag hatte zudem Torhüterin Antonia Thurner erwischt. Die 17-Jährige steht ebenfalls für eine rosige Zukunft, Thurner war mit ihren Paraden erster Garant für den Überraschungssieg. In Beatrice Mazzucco (5), Kirsten Walter oder Amelie Bayerl hat Trainer Pleines weiteres Personal, das man allesamt als Versprechen für die Zukunft sehen darf.

Nach 18 Spielminuten lag der HCD 6:13 zurück. Trainer Pleines sagt: "Wir waren mausetot.

Aber auch ob der Gegenwart muss der sportlichen Leitung des HCD nicht bange sein. Sina Fischer, die vor allem in der nervenaufreibenden Schlussphase kühlen Kopf behielt und mit drei Treffern in Serie den Vorsprung der Gäste stets postwendend ausglich, blüht geradezu auf. Vor allem die routinierten Rückraumspielerinnen Fischer und Svenja Jänicke (3 Tore) fällt die Aufgabe zu, den Ausfall der verletzten Toptorschützin Vera Balk zu kompensieren. Was augenscheinlich bestens gelingt, zudem schuften beide mit viel Einsatz in der Abwehr. Ein weiterer Faktor ist die Moral der Mannschaft: "Wir waren mausetot", beschreibt Pleines die Situation nach 18 gespielten Minuten, seine Mannschaft lag mit 6:13 im Hintertreffen, nichts deutete auf den späteren Triumph hin. Pleines nahm eine Auszeit und richtete die offensive Abwehr deutlich defensiver aus. Die Mannschaft behielt den Glauben, kämpfte leidenschaftlich und drehte den scheinbar aussichtslosen Rückstand in eine 17:16-Pausenführung. Im zweiten Durchgang spielte der HCD gleichwertig, offenbarte also durchaus Zweitliganiveau. "Wenn wir in den Kampf reinkommen, dann sind wir auf Augenhöhe", sagte Gröbenzells Trainer. Es ist also eine sehr gute Mischung an hungrigen Talenten und erfahrenen Spielerinnen am Werk, die nach Lage der Dinge ihre Arbeit auch in der kommenden Saison fortsetzen wird.

Pleines bestätigte nach dem Spiel, dass der Kader weitgehend gleich bleibt, was auch seine Zukunft maßgeblich beeinflusst haben dürfte: Das Erfolgsduo Pleines und Harald Fischer hat eine Saison verlängert, der Trainerstab soll allerdings um einen potenziellen Nachfolger erweitert werden. "Wir werden diesen Übergang auf jeden Fall begleiten", so Pleines, sein Plan sieht vor, danach als Trainer aufzuhören. Noch aber habe er "richtig Bock auf Handball", Tage wie der Samstag werden dieses Gefühl sicher am Leben erhalten. Aufgegeben hat sich die Mannschaft trotz der scheinbar aussichtslosen Situation noch lange nicht, da noch acht Spiele ausstehen. Der Sieg jedenfalls gibt wieder etwas Hoffnung, zudem ist es erfahrungsgemäß keineswegs gesichert, dass die Drittligameister ihr Aufstiegsrecht auch in Anspruch nehmen werden.

Egal wie der HCD in der Endabrechnung abschneidet: Ein Zeichen für die Zukunft war der Sieg allemal.

© SZ vom 13.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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