Handball:Menschliches aus Pforzheim

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Fürstenfeldbruck kassiert nach sehr erfolgreichen Wochen auswärts einen 24:29-Dämpfer. Die Tabellenspitze bleibt dennoch in Reichweite.

Von Ralf Tögel, Fürstenfeldbruck

Martin Wild suchte kurz nach einem Wort. "Erlaubt", sagte er zunächst, doch "menschlich" gefiel ihm dann doch besser. Menschlich also war die Leistung der Handballer des TuS Fürstenfeldbruck in Pforzheim, denn die Leistungen der vergangenen Wochen erschienen angesichts des schlechten Starts in die Saison geradezu außerirdisch. Acht der vergangenen zehn Spiele gewannen die Brucker, erblühten von einem Mittelmaßteam mit bedenklicher Nähe zur Abstiegszone zu einem ernst zu nehmenden Mitbewerber im Ringen um den Aufstieg. Doch bei den Baden-Württembergern gab es neben der 24:29-Niederlage einen gehörigen Dämpfer, zumal sich Wild "etwas ausgerechnet" habe. Dem stand jedoch die Leistung der Pforzheimer im Weg und deren "überragendes Spiel", wie Wild feststellte.

Beim Gegner führt ein lettischer Nationalspieler Regie - und wie

Was zuvorderst an der individuellen Klasse des Gastgebers lag, der wiederum in Maris Versakovs den überragenden Akteur des Abends in seinen Reihen hatte. Der lettische Nationalspieler erlernte sein sportliches Handwerk beim Topklub Riga, tummelte sich danach in den diversen Bundesligen, unter anderem für Essen in der ersten. Im Herbst seiner Karriere mischt der 32-Jährige nun die dritte Liga auf, bildet zusammen mit den Kreisläufern Michal Wysokinski und Davor Sruk ein extrem starkes Trio. Der Pole Wysokinski hat ebenfalls viele Jahre als Profi gespielt, was auch für Torhüter Sebastian Ullrich gilt, der unter anderem für die MT Melsungen in der ersten Bundesliga oder Basel in der Schweizer Beletage zu Werke ging. Womit zusammen mit dem pfeilschnellen Rechtsaußen Marco Kikillus die entscheidenden Akteure im Pforzheimer Team genant wären, alles indes wohl bekannt, wie Wild erinnerte. "Wir wussten, dass Versakovs schwer zu stoppen ist, dass sie zwei starke Kreisläufer und ein effektives Konterspiel haben", so Wild, allein seine Mannschaft konnte nichts davon wirksam unterbinden. Positiv ist, dass die Fürstenfeldbrucker dennoch mithielten, zur Halbzeit war der Gegner nur um zwei Tore enteilt (14:12), eine Viertelstunde vor Spielende führte der TuS 20:19. Beim 21:21 zwölf Minuten vor dem Abpfiff war alles offen, doch danach spielte nur noch der Gastgeber. In dieser Phase hatte sich Pforzheims Altmeister Andrej Klimovets eingewechselt, der nach wie vor als Spielertrainer firmiert. Der Weltmeister von 2007 ist mit seinen 43 Jahren zwar nicht mehr agil genug für das Angriffsspiel in der dritten Liga, in der Abwehr ist er nach wie vor ein furchteinflößender Fels. Der mächtige Innenblock degradierte Brucks Offensive im Zusammenspiel mit Keeper Ullrich in den folgenden zehn Minuten zur Wirkungslosigkeit, die Heimmannschaft setzte zu einem 7:0-Lauf an, das Spiel war entschieden.

"Ich bin enttäuscht", gab der TuS-Trainer einen Einblick in seine Gefühlswelt, er hatte "den nächsten Schritt erwartet". Womit er einen Auswärtssieg bei einer Spitzenmannschaft meinte, denn zu Hause haben die Brucker alle Topteams geschlagen, zuletzt den neuen Tabellenführer Balingen II. "Auswärts ist uns das noch nicht gelungen", so Wild, dessen Team als Siebter weiterhin nur drei Punkte Rückstand zur vorderen Zone aufweist. Es bleibt eng, dennoch gibt der TuS-Coach dem 24:29 in Pforzheim so viel Gewicht, dass ein ernsthafter Gedanke an den Aufstieg nun vermessen sei. Die nötige Absichtserklärung zur Bewerbung für die zweite Bundesliga ist dennoch erfolgt, bis Ende März müssten die Unterlagen aus Fürstenfeldbruck folgen. Man werde darüber reden, sagte der TuS-Coach noch, da acht Spiele ausstehen. In denen müsste sein Team wieder Unmenschliches abrufen.

© SZ vom 05.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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