Handball:Jetzt oder nie

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"Wenn wir es dieses Jahr nicht schaffen, dann wird es so schnell keinen Zweitliga-Handball in Gröbenzell geben": Trainer Hendrik Pleines schwört sein Team auf die nächsten Aufgaben ein. (Foto: Günther Reger)

Eine erfolgreiche Mannschaft, ein ambitionierter Trainer, und die Konkurrenz nimmt sich selbst aus dem Spiel: Dieses Jahr will der HCD Gröbenzell die Chance auf die zweite Liga nutzen. Es könnte für lange Zeit die letzte sein

Von Ralf Tögel, Gröbenzell

Es ist eine einmalige Chance. Die Mannschaft, die günstige Situation, die guten Leistungen, die Einstellung, der Wille - wahrscheinlich passt auch die Sternenkonstellation. "Wenn wir es dieses Jahr nicht schaffen, dann wird es so schnell keinen Zweitliga-Handball in Gröbenzell geben", sagt Hendrik Pleines. Und der Trainer des Handballclubs Damen Gröbenzell e.V. - kurz: HCD - ist einer, der seine Worte mit Bedacht wählt.

Am vergangenen Spieltag hat seine Mannschaft eine Pflichtaufgabe erfüllt. Der HCD schlug den Tabellenletzten der dritten Bundesliga, Gruppe Süd, die HSG TB/TG 88 Pforzheim, mit 37:18 Toren. Aufstiegsaspirant gegen stark abstiegsgefährdetes Schlusslicht: Klare Sache, da darf man einen Sieg erwarten. Das war auch gar nicht die Nachricht des Wochenendes, sondern vielmehr die Niederlage des Tabellenführers SV Allensbach beim VfL Waiblingen. Denn damit rückte Gröbenzell auf den zweiten Tabellenplatz hinter dem punktgleichen SC Korb vor.

Und nun wird es richtig interessant. Denn der SC Korb wird nach der Saison die Mannschaft vom Spielbetrieb abmelden. Gegen den Willen des Abteilungsleiters, der deshalb bereits zurückgetreten ist. Der Verein hat sich gegen das finanzielle Risiko eines Aufstiegs entschieden, weshalb auch Trainer Jürgen Krause den Dienst quittieren wird. Er wird zum Nachbarklub VfL Waiblingen wechseln - und die besten Spielerinnen dorthin mitnehmen.

Krause hat einen großen Namen in der baden-württembergischen Handballlandschaft. Der Vater der ehemaligen Welthandballerin Nadine Krause hat die A-Lizenz, trainierte in der zweiten Bundesliga, hat zuletzt Korb von der Oberliga in die dritte Liga geführt. Vor dem nächsten Schritt hat die Vereinsführung nun aber die Reißleine gezogen. Korb wird nächste Saison in der Bezirksklasse antreten.

Das wiederum hat zur Folge, dass der so verstärkte VfL Waiblingen im kommenden Spieljahr ein übermächtiger Konkurrent in der Süd-Gruppe sein dürfte. Allein deshalb wäre es nicht die schlechteste Idee, den Aufstieg möglichst in der aktuellen Spielzeit zu realisieren, findet Hendrik Pleines. Wann, wenn nicht jetzt, da alles zu passen scheint.

Die Aussichten sind in der Tat sehr gut. Gröbenzell ist mit zwei Niederlagen aus der Winterpause gekommen, die Konkurrenten konnten den Fehlstart ins neue Jahr aber nicht nutzen. Mittlerweile hat sich der HCD stabilisiert, gegen Pforzheim den dritten Sieg in Folge geschafft. Gröbenzell hat nun zwei Punkte Vorsprung auf Verfolger Möglingen (der ein Spiel weniger ausgetragen hat) und schon drei auf Allensbach. Das Restprogramm des HCD ist im Vergleich mit diesen beiden Teams zudem das vermeintlich leichteste. Natürlich haben sich die Sportliche Leitung und die Verantwortlichen beim HCD längst kurzgeschlossen. Der Etat, der dem Vernehmen nach im mittleren fünfstelligen Bereich liegt, muss verdoppelt werden. Das ist ohnehin zurückhaltend kalkuliert, Korb etwa hatte mit 180 000 Euro geplant. Pleines erzählt, dass die Sponsoren bereits informiert seien. Der Verein denkt auch darüber nach, sich in bestimmten Bereichen professioneller aufzustellen. Das hat nicht nur mit Geldbeschaffung zu tun; Pleines denkt an einen stärkeren Eventcharakter bei den Heimspielen oder eine vierte Trainingseinheit.

Denn es gibt auch aus sportlicher Sicht gute Gründe, den Gang nach oben anzustreben. Amelie Bayerl, Spielmacherin im Team der deutschen Juniorinnen, ist vom Deutschen Handballbund angehalten, für eine Fortsetzung ihrer internationalen Karriere mindestens in der zweiten Bundesliga zu spielen. Es ist zudem zu erwarten, dass verdiente Kräfte wie Sina Fischer, Svenja Jänicke oder Katharina Wohlrab ihren immensen Aufwand bei einem neuerlichen Scheitern überdenken würden - im Vorjahr hatte der HCD den Aufstieg in der Relegation gegen Lintfort verpasst. Pleines befürchtet für diesen Fall einen umfangreichen Aderlass. Denn neben den routinierten Spielerinnen würden wohl auch ambitionierte Talente wie Bayerl eine neue Herausforderung suchen.

"Wir haben diese eine Chance, die wollen wir jetzt auch beim Schopf packen", sagt der Trainer, "sonst wird es das auf mehrere Jahre hinaus gewesen sein." Wie vehement Waiblingen in die zweite Liga strebt, ist jetzt schon zu spüren. In dieser Saison ist der Aufstieg nur noch rechnerisch möglich, die Württembergerinnen liegen bei sechs auszutragenden Partien zehn Minuspunkte hinter Gröbenzell. Dennoch hat der VfL in den Rumäninnen Elena-Bianca Grigore vom Zweitligisten BSV Sachsen Zwickau und Gabriella Szabo, die aus der ersten polnischen Liga wechselte und in ihrer Vita eine Meisterschaft und einen Pokalsieg in Rumänien stehen hat, zwei hochkarätige Zugänge verpflichtet. Was beim jüngsten 31:24-Kantersieg gegen den bisherigen Tabellenführer Allensbach gut zu beobachten war.

Waiblingen gastiert im Übrigen am letzten Spieltag in Gröbenzell. Passender könnte die Konstellation nicht sein.

© SZ vom 23.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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