Handball:Handball hollandaise

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"Irgendwann haben sie beschlossen, nicht zu verlieren": Gröbenzells Sina Fischer (li.) lässt sich von Regensburgs Nina Bestle nicht stoppen. (Foto: Günther Reger)

Das 27:27 in Regensburg reicht Gröbenzell zum überraschenden Erreichen der Aufstiegsrelegation. Am Vater- und am Muttertag geht es nun gegen den starken TuS Lintfort um die zweite Bundesliga

Von Ralf Tögel, Gröbenzell

Hendrik Pleines fand die Situation surreal: "Von 400 Zuschauern haben mindestens 399 auf ihr Smartphone gestarrt." Nach dem Schlusspfiff im Drittliga-Handballspiel zwischen dem ESV Regensburg und Gröbenzell bestand außerordentlicher Informationsbedarf. Denn nach dem 27:27-Unentscheiden wusste keine der beiden Mannschaften, was das Ergebnis letztendlich bedeutete. Für Gröbenzell bestand noch die vage Hoffnung, auf den zweiten Tabellenplatz zu springen und die Aufstiegsrelegation für die zweite Bundesliga zu erreichen. Und die Regensburger waren zu diesem Zeitpunkt abgestiegen, also waren alle Augen auf die Handys gerichtet, um per Liveticker die letzten Minuten der Partien von Allensbach und Sulzbach zu verfolgen. Und dann entlud sich die Anspannung in einem Freudentaumel - für alle Beteiligten.

Allensbach verlor tatsächlich in heimischer Halle das letzte Saisonspiel gegen Freiburg und fiel auf Rang drei zurück, Sulzbach musste in letzter Sekunde den Ausgleich gegen Bietigheim hinnehmen und steigt ab. Der ESV Regensburg hat die Relegation um den Klassenerhalt geschafft, mindestens, nach Lage der Dinge reicht der zehnte Platz sogar zum Verbleib in der dritten Liga, weil mehrere Oberligisten angekündigt haben, auf den Aufstieg verzichten zu wollen.

Auch das Spiel war reichlich kurios, Regensburg sah lange wie der Sieger aus, bis "nach 40 Minuten", so Pleines, die Kunde von der Tribüne zur Bank kam, dass Allensbach hinten liegt. "Dann haben sie beschlossen, das Spiel nicht zu verlieren", sagte Pleines, "und das können sie auch." Also ließen sich beide Mannschaften in schöner Eintracht gleich gemeinsam auf dem Feld feiern, man kennt sich ja schließlich recht gut. Vera Balk und Aline Fischer zum Beispiel sind aus Regensburg zum HCD gekommen. Die Chancen, dass in Franziska Peter eine weitere Regensburgerin den Weg zum HCD findet, sind dagegen gesunken. Die wurfgewaltige Linkshänderin, die erst kürzlich vom Erstligisten HC Leipzig wegen Heimweh zum ESV zurückkehrte und nicht nur wegen ihrer zehn Treffer gegen Gröbenzell großen Anteil am Klassenerhalt hatte, kann nun auch in Regensburg dritte Liga spielen. In einem starken Team: Pleines rechnet den ESV in seiner derzeitigen Verfassung - neben Jugendnationalspielerin Peter wurden die ehemalige Nationalspielerin Sara Walzik sowie Erfolgstrainerin Judith Pimpl reaktiviert - zu den Titelfavoriten in der kommenden Saison.

Ob die zweite Bundesliga ein Argument für Gröbenzell im Werben um Franziska Peter werden kann, wird sich schon bald herausstellen: in den Relegationsspielen gegen den Zweiten der West-Gruppe, den TuS Lintfort. Das Hinspiel ist am Vatertag (5. Mai, 15 Uhr) in der Wildmooshalle, die Entscheidung fällt drei Tage später, am Muttertag, in Nordrhein-Westfalen. "Das ist ein richtig starker Gegner", sagt Pleines. Er hat diesen schon in der Nacht zum Sonntag per Video studiert. Und am Montagmorgen gleich ein zweites Mal, Pleines ist für seine akribische Herangehensweise bekannt. Das Städtchen Kamp-Lintfort liegt 25 Kilometer nordwestlich von Duisburg und nur knapp 30 Kilometer von der niederländischen Grenze entfernt. Diese Nähe hat Spuren im Kader hinterlassen. In Tatjana van den Broek, Harma van Kreij und Eefje Huijsmans stehen drei Akteurinnen im Kader, die im Land des WM-Zweiten ausgebildet wurden und bereits Erfahrung in der Ehrendivision gesammelt haben. Zwar wird Rückraumspielerin van Kreij das Team in Richtung des Erstligisten Dortmund verlassen, sie soll vorher aber noch maßgeblich helfen, den TuS in die zweite Bundesliga zu hieven. Pleines schätzt den Gegner "mindestens so stark wie Ketsch" ein, die TSG hat bekanntlich die Süd-Gruppe dominiert. Doch Gröbenzell hatte den Aufsteiger zweimal am Rande einer Niederlage. Warum also soll das nicht gegen den TuS Lintfort gelingen.

Der Urlaub jedenfalls ist für die Spielerinnen vertagt. Pleines will den Rhythmus beibehalten. "Wir werden die Aufgabe mit viel Ehrgeiz angehen", verspricht der HCD-Coach und sagt: "Wer weiß, wann wir wieder so eine Chance bekommen."

© SZ vom 27.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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