Handball:Gegner des Superlativs

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"Sehr abgebrüht": Seit drei Partien gestaltet Amelie Bayerl den Spielaufbau des HCD - mit Erfolg. (Foto: Günther Reger)

Gröbenzells Drittliga-Handballerinnen setzen Siegesserie fort

Von Alexander Mühlbach, Gröbenzell

So richtig fassen können sie es immer noch nicht. Sechs Mal liefen die Drittliga-Handballerinnen des HCD Gröbenzell in dieser Saison auf. Sechs Mal gingen sie als Sieger vom Feld. Zuletzt am Samstagabend, als sie die HSG Pforzheim mit 33:31 wieder zurück ins Badische schickten. Zwölf Punkte, Platz zwei in der Liga. Der beste Start der noch jungen Vereinsgeschichte. Es sind lauter Superlative, die der HCD momentan aufstellt. Und dann sagt Gröbenzells Co-Trainer Harald Fischer völlig emotionslos: "Es ist schon gut, was wir bislang geleistet haben."

Fischer verfällt nicht in Euphorie, wenn er über die laufende Saison redet. Er verwendet nicht Wörter wie "überragend", "unglaublich" oder "Wahnsinn". Er sagt eher so Sachen wie: "Die Saison, die wir bisher gespielt haben, war schon aller Ehren wert." Oder: "Wir werden versuchen, so lange wie möglich oben dran zu bleiben." Es ist nicht unüblich, dass Trainer versuchen, ihre Mannschaft nicht zu sehr in den Himmel zu loben, damit sie auch weiterhin fokussiert in die kommenden Partien geht. Thomas Tuchel, der Trainer von Borussia Dortmund, ist dafür das beste Beispiel. Der Trainer findet selbst nach einem 5:1-Erfolg immer noch Kritikpunkte. Bei Fischer aber ist das anders. Er glaubt, dass die derzeitige Tabellensituation nur eine Momentaufnahme ist.

"Wir sind der kleinste Drittligaklub in Deutschland, haben gerade mal 180 Mitglieder", sagt Fischer. Wodurch Gröbenzell derzeit schon das Optimum herauskitzeln würde. "An die anderen Vereine können wir nicht heranreichen", sagt Fischer. Mit den anderen Klubs meint Fischer zum Beispiel die zweite Mannschaft der SG Bietigheim, auf die Gröbenzell in zwei Wochen trifft. Sie kann nämlich auf viele Talente der ersten Mannschaft zurückgreifen, die gerade Tabellenführer in der ersten Bundesliga ist. Vor allem meint Fischer aber die TSG Ketsch, den einzigen noch ungeschlagenen Verein in dieser Saison - neben Gröbenzell. "Die haben viel professionellere Strukturen als wir und Spielerinnen, die eine Mannschaft im Alleingang schlagen können", erklärt Fischer, der sich sicher ist, dass Ketsch in diesem Jahr der größte Favorit auf den Aufstieg ist. Daher: so lange dran bleiben wie möglich.

Und doch gibt es einen kurzen Moment, in dem so etwas wie Euphorie in den Worten von Fischer mitschwingt. Dann nämlich, wenn er noch einmal auf die Partie gegen Pforzheim zu sprechen kommt. "Zwischen Minute zehn und Minute 30 hatten wir eine der stärksten Phasen in dieser Saison", erklärt Fischer. Es ist die Phase, in der Gröbenzell nach ausgeglichenem Beginn von7:5 auf 17:12 davonzog. Einzig und allein, weil die HCD-Frauen in einem schnellen Spiel mit vielen Chancen das Tor besser trafen. "Es ging relativ schnell, sich abzusetzen", sagt Fischer. Großen Anteil daran hatte vor allem Rückraumspielerin Amelie Bayerl. Die U-17-Nationalspielerin übernahm des Öfteren Verantwortung und traf in einer kritischen Phase, als Pforzheim gerade wieder dabei war aufzuholen, gleich drei Mal. "Amelie ist mit ihren 17 Jahren sehr abgebrüht", sagt Fischer. "Das ist nicht selbstverständlich." Genauso wenig war es selbstverständlich, am Samstag in Leonie Schweinsteiger eine Spielerin wieder auf dem Feld zu sehen, die zwei Jahre lang verletzt war. Nach ihrem doppelten Kreuzbandriss traf die 20-Jährige zweimal gegen Pforzheim.

Diese Geschichte scheint zu bestätigen, dass in Gröbenzell derzeit lauter Momente passieren, die sie am liebsten für immer festhalten möchten. Weswegen der Verein nach dem Spiel gleich noch ein Bild von der Tabelle auf die eigene Facebookseite stellte, mit endlich mal passendem Titel: "Unfassbar."

© SZ vom 04.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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