Handball:Gedränge unterm Rettungsschirm

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Auf Reha: Fürstenfeldbrucks Sebastian Meinzer (Mitte) setzt sich kraftvoll gegen zwei Zweibrücker durch. "Wir haben uns gesteigert", sagt Trainer Wild. Es gebe aber weiterhin "keinen Grund, in Euphorie zu verfallen". (Foto: Johannes Simon)

Weil die Konkurrenz patzt, haben Brucks Handballer beim 37:27 gegen Zweibrücken Zeit für ein paar böse Blicke. Punktegleichstand am Saisonende reicht aber nicht.

Von Fabian Swidrak, Fürstenfeldbruck

Marco Müller hielt sein Smartphone nach oben und drehte sich im Kreis, auf der Suche nach besserem Empfang. Fast die gesamte Mannschaft hatte sich inzwischen um ihren Co-Trainer versammelt. Was weniger an Müller lag als vielmehr an seinem Smartphone. Auch Trainer Martin Wild sah gespannt auf den Bildschirm, verfolgte die letzten Sekunden der Partie Hochdorf gegen Pforzheim/Eutingen im Liveticker. "Immer wenn Trainer behaupten, andere Ergebnisse interessieren sie nicht, dann ist das gelogen", sagte Wild anschließend.

Die SG Pforzheim/Eutingen verlor in Hochdorf 27:28. Für die Handballer des TuS Fürstenfeldbruck war das ein äußerst wissenswertes Resultat. Pforzheim liegt in der Tabelle der dritten Liga Süd direkt hinter den Bruckern auf dem ersten von drei Abstiegsplätzen. Weil der TuS seine Partie gegen den SV 64 Zweibrücken bereits zuvor 37:27 (14:12) gewonnen hatte, beträgt der Vorsprung nun vier Punkte. Die Rettung rückt näher. Fünf Spieltage sind es noch bis zum Saisonende. Bei Punktgleichheit würde dann der direkte Vergleich entscheiden. Den hat der TuS verloren.

Der Spielstand gibt Trainer Wild die Gelegenheit für Experimente. Drei Torhüter, zum Beispiel

Mit dem klaren Sieg gegen Schlusslicht Zweibrücken rehabilitierten sich die Brucker auch ein wenig für das schwache Spiel in Nußloch (31:43) vor einer Woche. Trainer Wild sagte: "Das Ergebnis passt und wir haben unsere Leistung im Spiel gesteigert. Trotzdem ist da noch viel Luft nach oben. Es gibt keinen Grund, in Euphorie zu verfallen." Gerade in der Anfangsphase tat sich die Mannschaft schwer, nach knapp zehn Minuten lag sie mit 2:4 Toren zurück. Wild nahm eine erste Auszeit. "Da habe ich die Jungs noch mal wachgerüttelt. Wir waren zu fahrig, auch im Umgang mit unseren Chancen."

Die Brucker entschieden das Spiel in den ersten sechs Minuten der zweiten Halbzeit. Sieben Tore standen lediglich einem Zweibrücker Treffer gegenüber. "Mit dieser Phase war ich zu einhundert Prozent einverstanden", sagte Wild. Neben Sebastian Meinzer, Maximilian Lentner und Marcus Hoffmann, die jeweils zwei der sieben Treffer erzielten, hatte auch Torhüter Michael Luderschmid großen Anteil am plötzlich deutlichen Vorsprung. Mehrmals konnten ihn die Zweibrücker nicht überwinden oder warfen gleich am Tor vorbei, weil Luderschmid sich ihnen in den Weg gestellt hatte.

Die Unzufriedenheit stand ihm ins Gesicht geschrieben, als er wenige Minuten später die Ersatzbank entlangschlurfte, seine Mitspieler abklatschte, sich setzte und ein Langarm-Shirt über das Trikot zog. Luderschmid war ausgewechselt worden. Allerdings nur, weil sich Trainer Wild sicher war, dass seine Mannschaft dieses Spiel nicht mehr verlieren würde. Der Spielstand gab Wild die Möglichkeit, zu experimentieren und Spielern Einsatzzeit zu geben, die sonst selten zum Zug kommen. "Michael hatte seinen Job erledigt. Es gab keinen sportlichen Grund für die Auswechslung", sagte Wild. "Wir kennen uns schon lange, er ist ein sehr ehrgeiziger Typ. Vor ein paar Jahren hätte er mich wahrscheinlich gefressen, heute reicht eben ein böser Blick. Er gönnt den anderen Spielern die Einsatzzeit." Auch Luderschmid sagte nach dem Spiel: "Die Auswechslung war voll okay. Im Handball gibt es eben nicht nur einen Torhüter."

In Fürstenfeldbruck waren es am Samstagabend sogar drei. Nach Lucas Kröger durfte in den letzten zehn Minuten der Partie auch der junge Markus Winkler Spielpraxis sammeln. "Für ihn war es der erste längere Einsatz", sagte Wild. Zuvor habe er in dieser Saison lediglich zwei oder drei Minuten gespielt. Beifall klatschend erhoben sich die Spieler auf der Brucker Bank von ihren Plätzen, als Winkler mit einer starken Parade kurz vor Spielschluss den zweistelligen Vorsprung sicherte.

Am Ende kassierte Fürstenfeldbruck 27 Gegentore - 16 weniger als noch vor einer Woche in Nußloch. "Der Fokus lag ganz klar darauf, die Abwehr wieder hinzubekommen. Das hat soweit ganz gut geklappt", sagte Wild. Erneut habe seine Mannschaft aber zu viele Gegenstoßtore zugelassen. Einige von ihnen resultierten aus groben technischen Fehlern. "Wir wollten die Zahl dieser Gegentore auf fünf reduzieren. Es waren zwölf, glaube ich", sagte Wild. So wichtig war die genaue Zahl kurz nach Spielschluss nicht. Wichtiger war, was auf dem Smartphone von Co-Trainer Müller passierte.

© SZ vom 27.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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