Handball:Erlösung durch Jänicke

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Warf das Siegtor gegen Nürtingen nur Sekunden vor dem Ende: Gröbenzells Rückraumspielerin Svenja Jänicke. (Foto: Günther Reger)

Die Frauen des HCD Gröbenzell drehen spät das Heimspiel gegen Nürtingen - und feiern anschließend ausgelassen ihren ersten Zweitligasieg.

Von Jonas Kraus, Gröbenzell

Am Ende lagen sie alle irgendwie übereinander. Die Spielerinnen, die vielen Helfer und Betreuer und natürlich Trainer Hendrik Pleines. Ganz unten in diesem jubelnden Haufen lag Svenja Jänicke. Ihr blieb kurzzeitig die Luft zum Atmen weg, sie hörte die Jubelschreie der Zuschauer wohl nur gedämpft. Doch das konnte sie an diesem Samstagabend verkraften. Kurz zuvor hatte Jänicke in der letzten Spielsekunde den 26:25-Siegtreffer ihres HCD Gröbenzell gegen die TG Nürtingen erzielt und sich damit einen Platz in der Historie ihres Vereins gesichert. Nach 16 vergeblichen Anläufen ermöglichte ihr Tor den ersten Sieg seit dem Aufstieg in die zweite Liga. Und dieser war spektakulär, bis 18 Sekunden vor dem Ende lag Gröbenzell zurück. "Unbeschreiblich" sei dieses Gefühl, sagte ein sichtlich gelöster Pleines, "wir haben so lange gewartet."

Als Pleines zur Pressekonferenz erscheint, gibt es lange Applaus

Was dieser Erfolg für den HCD bedeutet, wurde bei der Pressekonferenz deutlich. Normal ist diese für Pleines eine lästige Pflicht, zu oft musste er erklären, warum es wieder nicht geklappt hat mit dem ersten Sieg. Dieses Mal nicht. Viele der mehr als 300 Zuschauer warteten nach Spielschluss im Eingangsbereich der Wildmooshalle auf den HCD-Trainer. Sie wollten hören, was er denn zu sagen hat, zu diesem lange ersehnten Sieg. Als Pleines dann zusammen mit seinen Spielerinnen 30 Minuten nach Ende der Partie erschien, gab es lang anhaltenden Applaus. Es schien, als habe der HCD nicht nur ein Spiel gewonnen, sondern den Abstieg abgewendet, was natürlich nicht der Fall ist. Gröbenzell steht trotz des Sieges weiter auf dem letzten Platz. "Ich bin absolut sprachlos", sagte Pleines und erklärte dann doch: "Wir haben nie den Glauben verloren, dass wir mithalten können."

Im Spiel hatte sich früh abgezeichnet, dass etwas möglich ist. Nach einer Viertelstunde führte Gröbenzell bereits mit 7:3. Die Abwehr stand stabil und vorne sorgten Bea Mazzucco über Linksaußen und Sina Fischer aus dem Rückraum heraus für die Tore. Dieses furiose Anfangstempo konnte Gröbenzell zwar nicht halten, zur Halbzeit stand aber noch immer eine knappe 12:11-Führung auf der Anzeigetafel.

In der zweiten Halbzeit zeigten sich dann aber wieder altbekannte Probleme. Ohne die verletzte Vera Balk fehlte in vielen Situationen eine Anführerin, die Spielerinnen wurden nervös und agierten zunehmend kopflos. Nach acht Minuten im zweiten Durchgang gingen die Gäste zum ersten Mal in Führung, vier Minuten später stand es bereits 15:18. Pleines, der an der Seitenlinie etwas zu aktiv war und deshalb auch die gelbe Karte sah, versuchte, seine Spielerinnen zu beruhigen. "Alles gut, alles gut", rief er ihnen immer wieder zu. Mit Erfolg. Nach und nach legten sie ihre Aufregung ab und verhinderten, dass sich Nürtingen entscheidend absetzen konnte. Es entwickelte sich ein Spiel auf Augenhöhe. Gäste-Trainer Stefan Eidt sah dabei eine "wirklich gute Leistung" seines Teams, "bis auf die letzten zwei Minuten halt".

24:25 stand es in Minute 58, alles deutete auf die nächste Heimpleite hin, weil Nürtingen auch noch in Ballbesitz war. Die Gäste drängten auf die Entscheidung - und scheiterten an der starken Ines Flesch im Tor. 20 Sekunden vor Schluss kam der HCD in Ballbesitz. Verena Oswald zögerte nicht, zog entschlossen in Richtung Kreis und wurde beim Wurfversuch gefoult. Amelie Bayerl ließ sich diese Chance nicht entgehen und glich das Spiel 18 Sekunden vor der Schlusssirene per Siebenmeter aus. Die Zuschauer trauten sich noch nicht zu jubeln, Nürtingen hatte ja noch die Chance auf das letzte Tor. Die Gäste überdrehten, wollten den Siegtreffer erzwingen - und schenkten den Ball her. Bayerl startete den Gegenstoß und passte auf die mitgelaufene und völlig ungedeckte Jänicke.

Sekunden später lag Jänicke am Boden, niedergerungen von ihren jubelnden Mitspielerinnen. Das Motto des Abends stammte, passend zur Faschingszeit, übrigens von den Atzen, deren Hit "Das geht ab (wir feiern die ganze Nacht)" in Dauerschleife lief. Das Feiern, so Pleines, hätten sich nun alle verdient.

© SZ vom 05.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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