Handball:Elbflorenz in Scherben

Lesezeit: 3 min

Mit einer weiteren imposanten Leistung bereitet der TuS Fürstenfeldbruck Dresdens Aufstiegsträumen ein jähes Ende

Von Ralf Tögel, Fürstenfeldbruck

Schadenfreude? Nein, Martin Wild empfindet keine Häme. Der Trainer der Fürstenfeldbrucker Drittliga-Handballer hat mit seiner Mannschaft in Dresden am Wochenende zwar einen scheinbar übermächtigen Gegner düpiert, aber Wild weiß auch, dass er damit den großen Traum des HC Elbflorenz zertrümmert hat. Mit 28:26 gewannen die Brucker das direkte Duell um den zweiten Platz, haben diesen gefestigt und damit die Dresdner aus dem Rennen um die Aufstiegsrelegation befördert. Der TuS bastelt damit weiter an seiner unglaublich erfolgreichen Spielzeit, die Saison des HC Elbflorenz dagegen ist ein Scherbenhaufen.

"Das war eines der besten Spiele überhaupt von uns", fand Wild, der Sieg sei hochverdient gewesen. Seine Spieler hatten einmal mehr mit Leidenschaft und jugendlicher Wucht einen individuell überlegenen Gegner bezwungen, wenngleich man sich langsam fragen muss, ob diese hochdekorierten Spieler überhaupt so viel besser sind. Das sollten sie eigentlich sein, denn beim HC Elbflorenz handelt es sich weitgehend um Profis. Nachdem die Mannschaft schon im vergangenen Jahr in letzter Sekunde am Aufstieg gescheitert war, weil man als Gastgeber in einer Dreier-Relegation um zwei freie Plätze in der zweiten Liga Letzter wurde, hat der Klub den Kader weiter vergoldet. Der Etat beträgt mehr als eine Million Euro, die Mannschaft wurde mit ausschließlich bundesligaerfahrenen Akteuren verstärkt, das Ziel deutlich formuliert: Aufstieg. Auch die Brucker mussten im Vorjahr in eine Dreier-Relegation, allerdings ging es dabei um den Klassenerhalt. Der TuS wurde Erster, blieb überraschend in der dritten Liga und hat nun den Dresdnern zwei Spiele vor Saisonende den ersehnten Sprung nach oben ein weiteres Mal versaut.

Yannick Engelmann spielte vor einem Jahr noch in der A-Jugend, nun ist er einer der Brucker Leistungsträger in der dritten Liga. (Foto: Günther Reger)

Dabei hatten die TuS-Handballer ja selbst erst kürzlich über einen Lizenzantrag für die zweite Liga zu befinden, das Ergebnis kam schnell: Wirtschaftlich sei die Teilnahme an einer Profiliga nicht darstellbar, teilte der TuS mit. Wie sollten Spieler, die an Familie und Broterwerb zu denken haben, Spiele unter der Woche und Hunderte Kilometer entfernt ohne finanziellen Ausgleich bewältigen? Es galt, vernünftig zu bleiben und langsam an den nötigen Strukturen zu arbeiten.

In Dresden musste man über den Lizenzantrag nicht lange nachdenken. Dort ist man einen Schritt weiter, nicht nur was die Strukturen betrifft. Was in erster Linie mit dem Präsidenten des HC Elbflorenz zu tun hat: Uwe Saegeling. Der ist nämlich nicht nur ein großer Freund des Dresdner Handballs, sondern auch ein erfolgreicher Unternehmer im Bereich Medizintechnik. Und der Hauptsponsor des HC. Saegelings Ziel ist es, Bundesliga-Handball in der sächsischen Metropole zu etablieren, möglichst erstklassigen. Dafür lässt der Mäzen mit einer Investorengruppe gerade eine neue Halle für 15 Millionen Euro bauen, 2017 soll das Bauwerk stehen. Mit VIP-Bereich für 300 Gäste, Regieräumen für Fernsehübertragungen, Pressezimmer, zwei Videowänden und einem Glasboden, auf dem die Spielfeldlinien mittels LED-Lampen per Knopfdruck eingeblendet werden. Die Brucker fuhren an der Baustelle vorbei, um kurz darauf den Plan, das neue Schmuckkästchen mit Zweitliga-Handball in Betrieb zu nehmen, auf Eis zu legen.

Dabei ließen sie sich auch vom Dresdner Mäzen nicht irritieren, der in den Schlussminuten hinter der Brucker Bank herumturnte und die Spieler daran erinnerte, dass für sie ein Sieg doch unbedeutend sei. Der TuS zog sein imposantes Spiel durch, basierend auf seiner aggressiven, offensiven Abwehr und dem erneut überragenden Torhüter Michael Luderschmid dahinter. Die Gastgeber benötigten zehn Minuten für ihren ersten Treffer, zur Pause führte Bruck 12:9 und ließ sich auch in Halbzeit zwei nicht irritieren, als Dresden mehrmals auf ein Tor herankam. Entscheidende Akzente setzte Frederik Hartz, der die vergangenen fünf Monate verletzt fehlte und nun bei seinem Comeback mit sechs Treffern bester Torschütze war. "Wir waren auch handballerisch die bessere Mannschaft", stellte Wild stolz fest, vor allem die jungen Spieler wie Yannick Engelmann, Tizian Maier oder Alexander Leindl hätten ihn einmal mehr erfreut.

Schon der 26:25-Sieg im Hinspiel hatte in Dresden Spuren hinterlassen, danach hatte Trainer Peter Pysall seinen Hut nehmen müssen. Nachfolger René Jahn wird der TuS nun ebenfalls in unguter Erinnerung bleiben. Aber auch das, so sagte Martin Wild noch, werde ihm kein schlechtes Gewissen bereiten.

© SZ vom 19.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: